Hopfendolden auf einem Förderband
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Studie: Was der Klimawandel mit Hopfenernte und Bieraroma macht

Nach einer aktuellen Studie aus Tschechien bedroht der Klimawandel Europas Hopfenernten. Dem stimmen auch die Branche und Forscher in Deutschland zu. Doch sie üben auch Kritik an der Studie – und arbeiten an Gegenmaßnahmen.

Der Klimawandel wird den Hopfenbauern in den wichtigen europäischen Anbaugebieten einer Studie zufolge in den kommenden Jahren zunehmend zu schaffen machen. Sowohl die Menge des geernteten Hopfens als auch dessen Gehalt an der für die bittere Note des Biers entscheidenden Alphasäure werden im Mittel deutlich niedriger als früher ausfallen.

Als Ausgangspunkt der Prognose hatte das Team um Martin Mozny von der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Brünn (Brno) die Ernten des Zeitraums 1971 bis 1994 mit denen der Jahre 1995 bis 2018 verglichen und bereits deutliche Rückgänge festgestellt. Im Mittel (Median) der Jahre 2021 bis 2050 erwarten die Forscher ein Drittel weniger Alphasäure pro Hektar Anbaufläche als im Zeitraum 1989 bis 2018. In der Hallertau – dem wichtigsten europäischen Anbaugebiet – seien es sogar fast 40 Prozent.

Die Hallertau – fast ohne "Hallertauer"

Anton Lutz vom Hopfenforschungszentrum im bayerischen Hüll bei Wolnzach sieht die Lage weniger dramatisch – zumindest für seine Anbauregion. Zwar zählte auch die Hallertau zu den fünf Anbaugebieten, die die Langzeitstudie untersuchte – neben Spalt in Bayern, dem baden-württembergischen Tettnang und zwei Regionen in Tschechien und Slowenien.

Doch Lutz bemängelt, dass die Studie ausschließlich Hopfengärten berücksichtigt hat, auf denen noch die alten Hopfenlandsorten angebaut werden, also Hopfensorten der ersten Generation. In der Hallertau wäre das die Sorte "Hallertauer". Doch die wird nur noch auf 2,5 Prozent der insgesamt 17.000 Hektar in der Hallertau angepflanzt, versichert Anton Lutz. Die Studie ist also für die Hallertau kaum aussagefähig.

Tschechien ist stärker betroffen

Auch in Tettnang liegt der Anteil der traditionellen Landsorten nur noch bei rund 40 Prozent, so Experte Lutz. In Slowenien seien es nur noch zehn Prozent. Ausschließlich in Tschechien, dem Land, aus dem die Studie stammt, würden noch 90 Prozent der Hopfenanbauflächen mit traditionellen Landsorten bepflanzt. An der Studie, so der Forscher aus Hüll, seien vorwiegend Klimaforscher beteiligt gewesen. Experten für Hopfen hätten nicht daran mitgewirkt.

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Anton Lutz im Hopfenforschungszentrum Hüll

Neue Hopfensorten: Bei Hitze lieber "Tango" pflanzen

Wie Erich Lehmair, Geschäftsführer beim Verband Deutscher Hopfenpflanzer, erklärt, arbeiten die Hopfenbauern in der Hallertau derzeit mit Hopfensorten der zweiten Generation. Auf rund einem Drittel der deutschen Anbaufläche von 20.600 Hektar wächst die schwere Rebe Herkules (7.500 Hektar), die schon wesentlich klimarobuster ist als die alten Landsorten. Ein weiteres Drittel ihrer Anbauflächen bepflanzen die deutschen Hopfenbauern mit den Sorten "Hallertauer Tradition" (2.700) und "Perle" (3.200 Hektar).

Weltweit besonders auf dem Markt beliebt ist die "Perle". Sie bezeichnet auch Forscher Anton Lutz als die Allzwecksorte der Brauer, obwohl sie den Nachteil hat, dass auch sie sehr anfällig für Hitze und längere Trockenperioden ist. Vor einigen Jahren haben die Forscher in Hüll eine gute Alternativsorte entwickelt. Sie heißt "Tango", gehört zur dritten Generation der Hopfensorten und kann Hitze und Trockenheit wesentlich besser ab als die Perle. Doch weil die Brauer weltweit nur sehr ungern ihre Rezepturen ändern, verläuft der Umstieg von Perle auf Tango nur zögerlich.

Der Dreiklang der guten Hopfenernte

Unterdessen forschen die Experten in Hopfenforschungszentrum im bayerischen Hüll an weiteren, noch klimaverträglicheren Hopfensorten. Für Erich Lehmair vom Verband Deutscher Hopfenpflanzer braucht es beim Umgang mit dem Klimawandel einen Dreiklang: "neue Sorten nutzen, weitere Sorten züchten und die Hopfengärten bewässern!"

Tatsächlich zeigte sich die uralte Tradition des Hopfenanbaus in Bayern zuletzt ausgesprochen innovativ: Hopfenpflanzer experimentieren mit neuen Sorten, die Solarenergie hält großflächig Einzug, und auch für die bisher verwendeten Plastik-Hopfendrähte könnte es bald biologisch abbaubaren Ersatz geben.

Bewässerung: ein Gesamtkonzept fehlt

Ohne Bewässerung freilich werde es künftig nicht gehen, so Experte Lehmair: Nur sie könnte stabile Ernteergebnisse gewährleisten. So sieht es auch Adi Schapfl, Präsident des Verbandes Deutscher Hopfenpflanzer. Nach seinen Angaben werden aktuell weniger als 20 Prozent der Hopfenanbaufläche in der Hallertau bewässert. Um den trockenen Phasen besser begegnen zu können, würde Schapfl gerne möglichst viel der gesamten Anbaufläche bewässern.

Allerdings weist er darauf hin, dass es "noch sehr, sehr viele Fragezeichen zu dem Thema" gibt. Der Verband Deutscher Hopfenpflanzer stehe zwar im ständigen Austausch mit den zuständigen Wasserwirtschaftsämtern und dem Landwirtschaftsministerium, allerdings werde es nach seiner Schätzung "noch ein paar Jahre dauern bis zu einem tragfähigen Gesamtkonzept für die Bewässerung in der Hallertau".

Was die Politik verspricht

Immerhin: Die Politik verspricht, sich des Themas anzunehmen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte eine "große Bewässerungsidee" an, die gerade entwickelt werde. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) bewilligte am Mittwoch die Auszahlung von Prämien für Hopfenbauern in Höhe von 375 Euro je Hektar aus einem auf EU-Ebene beschlossenen Hilfsprogramm – "unbürokratisch, ohne Papierkram oder Antragsverfahren".

Zuletzt nämlich war die Branchenlage bestenfalls durchwachsen. Corona hat viele Lieferketten gestört, der Ukraine-Krieg die Energiekosten steigen lassen. Auch die beiden jüngsten Ernten fielen in Deutschland nicht zuletzt mit Blick auf die Inhaltsstoffe schlecht aus. Die endgültigen Zahlen zur deutschen Ernte gibt es am 15. November.

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