Nach der Ernte bleiben sie im Hopfengarten zurück, oben an der Dachkonstruktion aus Stacheldraht – teilweise aber auch unten, eingetreten im Boden: Plastikschnüre. Mit denen knoten mittlerweile fast die Hälfte der deutschen Hopfenpflanzer die Eisendrähte fest, an denen die Hopfenreben bis zu sieben Meter nach oben wachsen.
Plastikschnüre werden zu Mikroplastik
Durch die Plastikschnur oben können sich die Reben mit dem Wind mit bewegen, sie rostet nicht durch und man kann den Draht dünner machen – viele Vorteile. Doch die zurückbleibenden Schnüre zersetzen sich nach und nach zu Mikroplastik und gelangen so in die Umwelt. Um das zu vermeiden, suchen Hopfenpflanzer, Hersteller und die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) seit Jahren nach biologisch abbaubaren Alternativen.
Anforderungen: reißfest, steif und abbaubar
Doch die Anforderungen an den Bio-Schnurdraht sind hoch: Er muss reißfest sein und das Gewicht des Hopfens auch bei Wind und Wetter aushalten. Er muss möglichst steif sein, damit die Hopfenpflanzer ihn im Frühjahr gut an die Dachkonstruktion der Hopfengärten knoten können und er sich im großen Packen nicht verheddert. Und er soll sich komplett abbauen und keine Überreste in der Umwelt zurücklassen. "Bisher haben wir noch kein Material gefunden, das allen Anforderungen entspricht", erklärt Johann Portner von der LfL. Unter seiner Anleitung haben dieses Jahr zwei Hopfenanbaubetriebe verschiedene Materialien getestet – darunter war auch ein sehr vielversprechender Kandidat.
Schnüre aus Sisal, Zellulose und Bio-Kunststoff im Test
Landwirt Johannes Lechner aus Ilmendorf zeigt in seinem Hopfengarten, wie sich die verschiedenen Bio-Schnurdrähte oben an die Dachkonstruktion aus Stacheldraht knoten lassen. Drei verschiedene Materialien testet er: Eine Schnur aus Sisal, also Fasern von Agavenblättern, eine Schnur aus Zellulose - Grundstoff Holz - und eine Schnur aus Polylactid (PLA), ein Bio-Kunststoff aus Maisstärke.
Vom Sisal-Schnurdraht ist er enttäuscht: Er lässt sich zwar gut knoten, rund drei Wochen vor der Ernte der besonders schweren Hopfensorte Herkules sind aber bereits 30 Prozent der Reben heruntergefallen. Sie alle muss er händisch wieder hochziehen, das kostet zu viel Zeit. Die Sisal-Schnur ist – Regen und UV-Strahlung ausgesetzt – nicht stabil genug. Anders sieht es da bei den Schnurdrähten aus PLA und Zellulose aus, bei ihnen ist noch keine einzige Rebe heruntergefallen. Dafür gibt es bei ihnen andere Probleme.
Verbesserungsideen für nächstes Jahr
Die Schnur aus Zellulose, von einem österreichischen Hersteller, ist zu weich und "labbrig". Dadurch lässt sie sich nicht so gut knoten und verheddert sich leicht im angelieferten Packen, berichtet Landwirt Lechner. Das kostet im Frühjahr bei der Vorbereitung des Hopfengartens Zeit. Doch Versuchsleiter Portner von der LfL hat da vielleicht schon eine Lösung – inspiriert von der Wäscherei: "Wir haben die Zellulose-Schnur in eine Lösung mit fünf Prozent Maisstärke getaucht und trocknen lassen, so haben wir ein steiferes Material bekommen, das sich nicht mehr verheddert."
Vorteil: Die Maisstärke ist biologisch abbaubar und wäscht sich bei Regen einfach aus der Schnur heraus. Für nächstes Jahr will Portner mit dem Hersteller besprechen, ob dieser die verstärkten Schnurdrähte produzieren kann. Die Zellulose-Schnur ist der aktuelle Favorit. Wie viel sie im Vergleich zur herkömmlichen Plastikschnur kosten würde, kann Portner derzeit noch nicht sagen. Landwirt Lechner wäre bei einem erneuten Test im nächsten Jahr dabei – immerhin sei das eine einfache Möglichkeit, um auf dem Betrieb etwas zu verbessern.
PLA-Schnurdraht ist schon marktreif
Die dritte Schnur im Praxistest ist aus dem Bio-Kunststoff PLA. Sie hält gut und mit ihr kann man problemlos arbeiten. Aber PLA zersetzt sich erst bei Temperaturen über 50 Grad vollständig, das ist im Hopfengarten unrealistisch. Hersteller Peter Heinzlmair aus Ehrenberg im Landkreis Pfaffenhofen will mit dieser Schnur trotzdem eine erste Umstellung schaffen und "die Innovation in den Markt bringen". Nächstes Jahr will er 500.000 Schnurdrähte aus PLA an 30 Betriebe in zwölf Ländern liefern. Weil die Nachfrage höher war, musste er eigenen Angaben nach die Liefermenge pro Betrieb begrenzen.
Für andere Materialvorschläge aus der Forschung sei er offen, meint Heinzlmair, bisher sei ihm kein besseres Material untergekommen – trotz intensiver eigener Recherchen. Im Vergleich zum herkömmlichen Plastik ist PLA etwa dreimal so teuer. Die LfL plant nächstes Jahr weitere Tests, insbesondere mit der verstärkten Zellulose-Schnur. Hersteller Heinzlmair optimiert seine PLA-Schnur weiter. Die Suche nach dem optimalen, biologisch abbaubaren Schnurdraht für den Hopfen ist also noch nicht abgeschlossen.
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