Der Ton in Tapfheim wird schärfer: "Der Behördenwahnsinn tobt wieder! Da will man mich auch als Unternehmer bloßstellen", sagt Getreidehändler und Landwirt Michael Sailer. Er steht vor seinem 20 Meter langen und sechs Meter hohen Wandbild an einer seiner Lagerhallen. Darauf zu sehen: Ein Pferdefuhrwerk mit Pflug und die moderne Variante mit Traktor. Darüber der Spruch: "Das schönste Wappen auf der Welt, das ist der Pflug im Ackerfeld".
Landratsamt sieht in dem Schriftzug Propaganda
Es ist Teil zwei im Streit zwischen dem Getreidehändler aus dem Tapfheimer Ortsteil Erlingshofen und dem Landratsamt Donau-Ries. Das hat einen mittlerweile zweiten Bescheid erlassen. Darin wird Michael Sailer aufgefordert, den Schriftzug über dem Bild innerhalb von zwei Wochen zu entfernen oder abzudecken. Begründung: Der Spruch sei Propaganda. Und die ist laut Paragraph 33 der Straßenverkehrsordnung außerhalb geschlossener Ortschaften verboten, wenn dadurch Autofahrer abgelenkt werden.
Immer wieder Unfälle auf der B16
Neben der Lagerhalle verläuft die B16. In dem Bescheid, der dem BR vorliegt, heißt es, der Schriftzug müsse erst gelesen, erfasst und die Bedeutung verstanden werden. Dadurch entstehe eine verkehrsgefährdende Wirkung. Laut Polizei gab es in dem Abschnitt an der B16 seit Jahresbeginn sechs Unfälle, die auf Ablenkung hindeuten. Ob aber das Bild daran schuld sei, lasse sich nicht sagen. Meist schwiegen die Autofahrer, weil sie sich nicht selbst belasten wollten, so ein Polizeisprecher. Möglich wäre auch eine Ablenkung zum Beispiel durch das eigene Handy. Klar ist, am Ortseingang von Erlingshofen hat es immer wieder Unfälle gegeben, schon bevor es das Wandbild gab – wohl auch weil sich wegen einer Ampel in der Nähe oft ein Rückstau bildet.
Sailer: "Wir lassen unser Kunstwerk nicht kastrieren!"
Den Spruch überzumalen oder abzudecken, das kommt für Getreidehändler Michael Sailer aber nicht infrage: "Nein, ich werde nichts tun an unserem Kunstwerk. Wir werden notfalls durch alle Instanzen gehen. Wir lassen unser Kunstwerk nicht kastrieren!", sagte er dem BR. Nach Sailers Auffassung ist das Wandbild samt Spruch keine Propaganda, sondern Kunst. Vor einem Jahr hatte er eine Künstlerin damit beauftragt und nach eigenen Angaben 15.000 Euro investiert. Das Bild und der Schriftzug gehen auf eine Schnitzerei zurück, die heute im Bürogebäude seines Unternehmens hängt und seit Jahrzehnten im Familienbesitz sei.
Hecke als Kompromisslösung gescheitert
Zwischenzeitlich sah es in dem Streit nach einer Lösung aus. Der Landwirt erklärte sich bereit, eine Hecke anzupflanzen, damit der Schriftzug von der B16 nicht mehr zu sehen ist. Bis die Hecke hoch genug sei – vermutlich in zwei Jahren – müsse Sailer den Schriftzug über dem Wandbild aber abdecken, verfügte das Landratsamt. Die Hecke solle außerdem dreireihig gepflanzt werden, damit sie dicht genug sei und Sailer müsse sicherstellen, dass auch Lkw-Fahrer, die höher in ihren Fahrzeugen sitzen, den Spruch nicht mehr lesen können. Das war dem Getreidehändler schließlich zu viel und die Fronten verhärteten sich wieder.
Acht Seiten langer Bescheid des Landratsamtes
Der Streit zwischen Michael Sailer und dem Landratsamt Donau-Ries war Ende August öffentlich geworden. Damals hatte die Behörde noch gefordert, das gesamte Bild zu entfernen. Jetzt geht es nur noch um den Satz: "Das schönste Wappen auf der Welt, das ist der Pflug im Ackerfeld". In dem acht Seiten langen Bescheid erklärt das Landratsamt, dass sich das Wort Propaganda vom lateinischen "propagare" ableite. Es bezeichne unter anderem die zielgerichteten Versuche, öffentliche Sichtweisen zu formen.
Landratsamt: Es soll positive Haltung gegenüber Landwirtschaft vermittelt werden
Das Landratsamt ist der Meinung, dass mit dem Schriftzug der Wandel der Landwirtschaft aufgezeigt und eine positive Haltung gegenüber der Landwirtschaft vermittelt werde. Was Propaganda ist, liegt dabei offenbar zunächst im Ermessensspielraum der Beamten. Schriftlich teilt das Landratsamt Donau-Ries dem BR mit: "Festgeschriebene Kriterien zur Prüfung, ob Propaganda vorliegt, gibt es nicht."
Landwirt will vor Verwaltungsgericht ziehen
Ob es sich bei dem Wandbild in Tapfheim um Kunst oder Propaganda handelt, darüber wird am Ende wohl das Bayerische Verwaltungsgericht in Augsburg entscheiden müssen. Dessen Urteil dürfte auch davon abhängen, ob es sich beim Begriff Propaganda an einer Definition orientiert, die der des Landratsamt ähnelt. Landwirt Michael Sailer kündigte an, gegen den Bescheid des Landratsamtes Klage zu erheben: "Wir sind gewillt, die Geschichte durchzuziehen, bis wir irgendwo Recht bekommen."
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