Bemalte Kacheln und ein Blumenkasten am Gedenkort für das NSU-Opfer Ismail Yasar.
Bildrechte: Daniel Karmann/dpa-Bildfunk

Schüler der Scharrerschule haben den Gedenkort für Ismail Yasar gestaltet. Er wurde 2005 in seinem Imbiss-Stand gegenüber der Schule erschossen.

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Staatsregierung unterstützt NSU-Dokuzentrum in Nürnberg

Jahrelang verübte die rechtsradikale Terrorzelle NSU unerkannt Morde in ganz Deutschland - drei davon in Nürnberg. Nicht nur die Stadt sieht sich darum als geeigneten Ort für ein Doku-Zentrum. Auch die Staatsregierung will das Vorhaben unterstützen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) war eine rechtsradikale Terrorzelle, bestehend aus Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Vom Jahr 2000 an verübte der NSU jahrelang unerkannt zehn Morde in ganz Deutschland - drei davon in Nürnberg.

Das Bundesinnenministerium will zum Gedenken an die Opfer und als Erinnerung an die Gräueltaten des NSU ein Dokumentationszentrum errichten. Neben Berlin und Köln ist auch Nürnberg als Standort im Gespräch.

Staatsregierung will Nürnberg bei Bewerbung unterstützen

Die bayerische Staatsregierung will die Stadt Nürnberg nun im Vergabeverfahren für das Dokumentationszentrum unterstützen. "Bekanntlich steht die Standortentscheidung am Ende eines komplexen Prozesses, bei der insbesondere die Opferangehörigen und auch die infrage kommenden Städte eingebunden werden sollen", sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der Deutschen Presse-Agentur. Dem könne die Staatsregierung nicht vorgreifen, begrüße aber nachdrücklich, dass sich auch Nürnberg an diesem Prozess beteilige.

"Wir werden die Stadt gerne bei der Bewerbung unterstützen." Joachim Herrmann, CSU-Innenminister in Bayern

Die Bundeszentrale für politische Bildung hatte kürzlich eine Machbarkeitsstudie für ein NSU-Dokumentationszentrum vorgelegt. In den bisherigen Prozess war die Staatsregierung nach Aussage Herrmanns aber nicht eingebunden. Da ihm die Ende Februar veröffentlichte Studie bisher aber nicht vorliege, könne er das Konzept nicht beurteilen. "Jedenfalls begrüßen wir das Engagement, die weitere Aufarbeitung der schrecklichen NSU-Morde in Form eines Erinnerungsprojekts anzugehen." Zugleich betonte Herrmann, dass der Bund auch eine Dokumentations- und Erinnerungsstätte zum Terror der RAF angehen müsse.

NSU-Aufarbeitung steht im Koalitionsvertrag der Bundesregierung

In ihrem Koalitionsvertrag hatte die Bundesregierung vereinbart, die Aufarbeitung des NSU-Komplexes voranzutreiben und "die Errichtung eines Erinnerungsortes sowie eines Dokumentationszentrums für die Opfer des NSU" zu unterstützen. Die Machbarkeitsstudie hat sowohl die Betroffenenperspektive als auch Empfehlungen von Sachverständigen aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft berücksichtigt.

Mahnmal zur Erinnerung an NSU-Morde bereits in Nürnberg

Nürnberg habe schon viel getan für ein würdiges Gedenken an die Opfer der Mordserie, sagt Martina Mittenhuber, Leiterin des Menschenrechtsbüros der Stadt Nürnberg. In der Stadt gibt es bereits ein Mahnmal: eine zentrale Gedenkstehle zur Erinnerung an die Opfer. Auch an den drei Orten, an denen die Morde stattgefunden haben, gibt es Mahnmale. Außerdem wurden Plätze und Straßen nach den Opfern benannt.

Martina Mittenhuber hat auch an der 47 Seiten umfassenden Machbarkeitsstudie der Bundeszentrale für politische Bildung mitgewirkt. Nürnberg sei zusätzlich auch an einer Fallstudie beteiligt gewesen. Dabei ging es laut Mittenhuber unter anderem darum, was seit der Aufdeckung der NSU-Morde passiert sei und welche Arten von Erinnerungskultur die Städte, in denen die Morde stattfanden, schon umgesetzt haben.

NSU-Mordserie von 2000 bis 2006

In den Jahren 2000 bis 2006 hatte der NSU zehn Morde in ganz Deutschland verübt, fünf davon in Bayern. Ihre Opfer waren neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine deutsche Polizistin. Drei Morde wurden in Nürnberg verübt. Mundlos und Böhnhardt verübten zudem zwei Bombenanschläge in Köln mit Dutzenden Verletzten.

Die beiden töteten sich 2011, um ihrer Festnahme zu entgehen – erst damit war der NSU aufgeflogen. Zschäpe, die einzige Überlebende des Trios, wurde 2018 nach mehr als fünf Jahren Prozessdauer zu lebenslanger Haft verurteilt – als Mittäterin, auch wenn es keinen Beweis gibt, dass sie selbst an einem der Tatorte war.

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