Schlachthof Aschaffenburg
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Im Schlachthof Aschaffenburg wurden bereits seit 2018 Tierschutzverstöße dokumentiert, im Schlachthof Hobbach seit 2019.

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Schlachthof-Skandal am Untermain: Tierschutzverstöße seit Jahren

Es war offenbar nur die Spitze des Eisbergs, was im Sommer 2023 bei den Schlachthof-Skandalen am Untermain an die Öffentlichkeit kam. Eine Anfrage der Landtags-Grünen hat ergeben, dass es schon viel länger Tierschutzverstöße gab.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Es waren schlimme Vorwürfe von Tierquälerei, die im Sommer 2023 bekannt wurden – zuerst am Schlachthof in Aschaffenburg, dann in Hobbach im Landkreis Miltenberg. Offenbar sind sie nur die Spitze des Eisbergs. Das geht aus den Antworten des bayerischen Verbraucherschutzministeriums auf eine Anfrage der Landtags-Grünen hervor. Demnach wurden insbesondere im Schlachthof Aschaffenburg bereits seit 2018 Tierschutzverstöße dokumentiert, im Schlachthof Hobbach seit 2019.

Keine ausreichende Betäubung, Tiere teilweise 24 Stunden ohne Wasser und Futter

So geht aus der Antwort des Ministeriums unter anderem hervor, dass in Aschaffenburg Schlachttiere zum Teil 24 Stunden und länger ohne Wasser und Futter auskommen mussten, kranke und verletzte Tiere wurden demnach nicht sofort getötet und auch nicht abgesondert.

Zudem wurden Mängel beziehungsweise falsche Ausrüstung der Beschäftigten festgestellt. Rinder und Bullen wurden mit Geräten betäubt, die nicht ihrem Gewicht entsprachen, was dazu führen kann, dass die Betäubung nicht ausreicht. Zudem wurden ausgebrochene Einschusslöcher an Rinderköpfen dokumentiert, was auf stumpfe Schussbolzen hinweist. Ebenso gab es laut Bericht Hinweise darauf, dass die Zeit zwischen Betäubung und Tötung des Tieres wiederholt überschritten wurde. Im Schlachtbetrieb Hobbach wurden ebenfalls bereits 2019 ähnliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz dokumentiert. Laut dem Bericht kam es, nachdem die entsprechenden Verstöße festgestellt waren, jeweils zu Anordnungen und die Mängel wurden daraufhin behoben.

Vorwurf der Grünen: Tierleid als Kollateralschaden eingepreist

Paul Knoblach, Landtagsabgeordneter aus dem unterfränkischen Garstadt (Lkr. Schweinfurt) und Sprecher für Tierschutz der Landtags-Grünen, erklärt in der Pressemitteilung zu den Antworten des Verbraucherschutzministeriums: "Wir haben es hier nicht mit einem einfachen Schlachthof-Skandal zu tun, sondern mit einem kriminellen System, bei dem Regelverstöße zum Arbeitsalltag gehören."

Tierleid sei als Kollateralschaden bereits eingepreist. Das alles geschehe unter den Augen von Kontrollinstanzen, die die Lage zwar erkennen, aber nicht die Kraft haben, sich dem entgegenzustemmen. Dafür verantwortlich macht Knoblach die Politik der Söder-Regierung, die nichts dagegen tue und Stellen personell ausbluten lasse. Der Grünen-Politiker fordert deswegen konkret: Ein Ende des Zuständigkeitswirrwarrs zwischen Kontrollinstanzen, eine Unterstützung der Behörden, wenn es Personalengpässe gibt. Kontrollmethoden sollten zudem nachgeschärft werden.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Hintergrund: Die Tierschutzorganisation "Soko Tierschutz" hatte im Sommer 2023 bestürzende Videoaufnahmen veröffentlicht. Diese zeigten, wie Beschäftigte im Schlachthof Aschaffenburg Schweine und Rinder mit Elektroschockern traktieren und offensichtlich noch lebende Tiere auseinandernehmen. Eine Amtsveterinärin soll den Schlachthof vor Kontrollen gewarnt haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen mehr als zehn Verdächtige, darunter Betreiber und Mitarbeiter. Im November hatte die Stadt Aschaffenburg als Eigentümerin des Schlachthofs und des Geländes eine Räumungsklage gegen den Betreiber eingereicht. Die Verwaltung geht von einem langwierigen Verfahren aus.

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