Razzia gegen mutmaßliche IS-Unterstützer auch in Bayern
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Razzia gegen mutmaßliche IS-Unterstützer auch in Bayern

Die Terrormiliz IS kämpft nach wie vor unter anderem in Syrien - und sammelt auch in Deutschland Geld dafür. Der Justiz ist nun ein Schlag gegen Unterstützer gelungen. Es gab sieben Festnahmen und zahlreiche Razzien, auch in Bayern.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Vormittag am .

Die Bundesanwaltschaft hat sieben mutmaßliche Unterstützer der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) festnehmen lassen. Zudem habe es am Mittwochmorgen 19 Durchsuchungen in Berlin, Bremen, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie in den Niederlanden gegeben, teilte die Karlsruher Behörde mit. Es sei dabei um ein Finanzierungsnetzwerk des IS gegangen. Darüber hatten zuerst die Zeitungen "B.Z." und "Bild" berichtet.

Weiterer Verfahrenskomplex: Durchsuchungen auch in Bayern

Darüber hinaus gehen die Behörden in einem weiteren Verfahrenskomplex gegen Beschuldigte vor, die selbst Geld an den IS gespendet haben sollen. Hierzu werden seit heute früh in mehreren Bundesländern, darunter auch Bayern, mehr als 90 Objekte durchsucht.

Nach Angaben des Sprechers der Generalstaatsanwaltschaft München, Klaus Ruhland, sind in Bayern 13 Frauen und Männer verdächtigt: Sechs in Mittelfranken, vier in Oberbayern, davon zwei in München, und eine Person in Unterfranken. Dazu kommen zwei Verdächtige aus Bayern, die sich aber inzwischen in Essen und in Luxemburg aufhalten. Es sei aber nicht zu Festnahmen gekommen, erfuhr die dpa auf Nachfrage bei der Generalstaatsanwaltschaft München.

Insgesamt waren mehr als 1.000 Kräfte des Bundeskriminalamts, der Landeskriminalämter der betroffenen Länder sowie der Polizei im Einsatz.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) nannte die Razzia ein entschlossenes Vorgehen. "Wir gehen entschlossen gegen islamistischen Terror vor", schrieb er auf Twitter.

Vorwurf: Unterstützung einer terroristischen Vereinigung

Vier der Festnahmen erfolgten nach Angaben der Bundesanwaltschaft in Nordrhein-Westfalen, je eine weitere in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Bremen. Den Männern und Frauen - überwiegend deutscher Staatsangehörigkeit - wirft die oberste Anklagebehörde des Landes Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland und teilweise den Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz vor. Sie sollen als Finanzmittler in das Netzwerk eingebunden gewesen sein. "Durch ihr Sammeln von Spenden und deren Weiterleitung an den IS nahmen sie eine zentrale Rolle innerhalb des Finanzierungsnetzwerkes ein", hieß es.

Die Verdächtigen, deutsche Staatsangehörige, aber auch Menschen aus dem Kosovo, der Türkei und Marokko, sollten im Laufe des Mittwochs und am Donnerstag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden. Der entscheidet, ob sie in Untersuchungshaft müssen.

Spendensammlungen: "Deine Schwester im Camp"

Hintergrund der Razzia sind laut dpa-Informationen Spendensammlungen zugunsten von mutmaßlichen Anhängerinnen der Terrormiliz IS. Die Kampagnen in sozialen Medien mit Titeln wie "Deine Schwester im Camp" laufen schon seit einigen Jahren. Sie dienen dem Zweck, IS-Frauen finanziell zu unterstützen, die mit ihren Kindern seit der militärischen Niederlage der Terrormiliz in Syrien leben, vor allem in dem von kurdischen Gruppen kontrollierten Lager Al-Hol.

Mindestens 65.000 Euro an IS-Mitglieder transferiert

Seit 2020 hätten zwei Anhängerinnen des IS von Syrien aus über den Online-Dienst Telegram für Geldzahlungen geworben, teilte die oberste Anklagebehörde mit. "In das Netzwerk eingebunden waren Finanzmittler, die Gelder sammelten und Konten oder digitale Spendenkassen zur Verfügung stellten." Das gesammelte Geld sei an IS-Mitglieder in Syrien oder an von dort benannte Mittelsleute transferiert worden - insgesamt mindestens 65.000 Euro.

Die Zahlungen dienten den Angaben zufolge dazu, den IS zu stärken. "Die Gelder wurden insbesondere zur Verbesserung der Versorgungslage von in den nordsyrischen Lagern Al-Hol und Roj inhaftierten Angehörigen der Vereinigung genutzt", erläuterte die Bundesanwaltschaft. "Teilweise wurde den Inhaftierten mit den Geldern die Flucht oder Schleusung aus den Lagern ermöglicht."

Immer wieder gab es Berichte, wonach Frauen, Kinder und Jugendliche, die sich dem IS bis heute zugehörig fühlen, gegen Zahlung hoher Geldbeträge aus dem Lager geschmuggelt wurden. Von den mehreren Dutzend IS-Frauen, die in den vergangenen Jahren nach Deutschland zurückgekehrt sind, wurden etliche nach ihrer Ankunft inhaftiert und vor Gericht gestellt. Ein Teil von ihnen kam über Rückholaktionen mit ihren Kindern aus Syrien nach Deutschland, andere wurden abgeschoben oder kamen auf eigene Faust zurück.

IS-Zellen in Syrien und im Irak weiter aktiv

Der IS kontrollierte über Jahre große Gebiete im Bürgerkriegsland Syrien und im benachbarten Irak. Im Juni 2014 rief er ein sogenanntes Kalifat aus und reklamierte seinen Führungsanspruch im globalen Dschihad. Die Hochphase endete laut dem Verfassungsschutz 2016. Mittlerweile haben die Extremisten ihr Herrschaftsgebiet wieder verloren. IS-Zellen sind aber in beiden Ländern weiter aktiv.

Seit Anfang Januar 2014 können gemäß Strafgesetzbuch Taten von Mitgliedern oder Unterstützern des IS, die deutsche Staatsbürger sind, sich in Deutschland aufhalten oder hier tätig werden, strafrechtlich verfolgt werden. Das Innenministerium erließ ferner am 12. September 2014 ein Betätigungsverbot für den IS in Deutschland. Dieses umfasst unter anderem jegliche Beteiligung in sozialen Medien und Demonstrationen zugunsten des IS und jede Art von Unterstützungshandlung wie das Einwerben von Geld und Material sowie das Anwerben von Kämpfern. Diese Handlungen sind seither strafbar.

  • Zum Artikel: Kinder von IS-Rückkehrern: Herausforderung Integration

Mit Informationen von dpa

Im Video: Razzia bei mutmaßlichen IS-Unterstützern mit Statement vom bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU)

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