Korb für Kollekte in Kirche
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Korb für Kollekte in Kirche (Symbolfoto)

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Pfarrer mit Schwarzkasse? - "Kollekten-Affäre" vor Gericht

Das kleine Spendenkörbchen ist bei Gottesdiensten selbstverständlich. Die gesammelte Kollekte kommt in der Regel der Ortskirche zugute. Doch in Waldkirchen soll ein ehemaliger Pfarrer eine Schwarzkasse geführt haben. Das hat juristische Folgen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

In vielen Kirchen werden Bastkörbchen durch die Bänke gereicht, in anderen bringen Mesner einen Beutel aus rotem Samt über einen langen Stab zu den Gläubigen. Egal, wie die sogenannte Kollekte eingesammelt wird, für Kirchengemeinden ist sie wichtig. Denn das Geld darf für "ortskirchliche Bedürfnisse" benutzt werden. Das heißt: Es ist eine Finanzspritze, beispielsweise für Renovierungsarbeiten oder für alles, was es braucht, um Gottesdienst zu feiern.

In Waldkirchen im Landkreis Freyung-Grafenau aber sollen die gesammelten Gelder von Hochzeiten und Beerdigungen jahrelang in die Schwarzkasse des ehemaligen Pfarrers geflossen sein. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, rund 37.000 Euro veruntreut zu haben. Am Freitag wird am Amtsgericht Freyung voraussichtlich das Urteil gesprochen. Auf den Geistlichen könnte eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren zukommen.

Genaue Regeln für Umgang mit Kollekte

Wie Pfarrer mit der Kollekte umzugehen haben, ist klar in der Kirchenstiftungsordnung geregelt. Darin steht, dass über jeden Cent buchgeführt werden muss. Außerdem gilt das Vieraugen-Prinzip. Ein Pfarrer darf nie allein verantwortlich für die Kasse sein. Was er macht, muss vom Kirchenpfleger oder von Mitgliedern der Kirchenverwaltung überprüft werden. Doch in Waldkirchen soll es anders gelaufen sein. Und das fiel im Jahr 2019 auf.

Buchhalter entdecken Lücken

Damals war das Bistum Passau mitten in einer großen Reform. 18 Verwaltungszentren wurden gegründet. Die Idee dahinter: Verwaltung und Buchhaltung bündeln und professionalisieren, damit Pfarrer wieder mehr Zeit für die Seelsorge haben.

Wie das Bistum mitteilt, stellten jene Fachkräfte im Mai 2019 fest, dass in Waldkirchen keine Beerdigungs- und Trauungskollekten in der Buchhaltung erfasst wurden. Das stimmte Finanzexperten skeptisch. Denn die Kollekte ist für die Kirchenstiftung durchaus wichtig. Das zeigt ein Rechenbeispiel von Josef Sonnleitner, Finanzdirektor des Bistums: In Städten, die von der Anzahl der Katholiken (rund 8.600) mit der Größe von Waldkirchen vergleichbar sind, kommen bei Hochzeiten und Beerdigungen pro Jahr zwischen 13.000 und 15.000 Euro zusammen. Unwahrscheinlich, dass eine Kirchengemeinde auf diese Summe verzichtet. Die Kirchenstiftung Waldkirchen zeigte den damaligen Pfarrer an.

Wo kam das Geld hin?

Laut Anklage soll der Geistliche mindestens ab dem Jahr 2007 Mitarbeiter angewiesen haben, die Kollekte in eine Schwarzkasse zu legen. Von dem Geld soll er für das Pfarrbüro eingekauft und Jubilare beschenkt haben. Die Anklage wirft ihm kleinere Einkäufe vor, es geht aber auch um größere Geschenke – beispielsweise für Chorleiter und Organisten, die in den Ruhestand gegangen sind.

Außerdem soll er laut Anklage 1.600 Euro verwendet haben, um sich eine sogenannte Albe (eine weiße Tunika) zu kaufen. Dieses Geld soll bei Weihjubiläen von Pfarrern, eines Pfarrvikars und eines Diakons gesammelt worden sein.

Es geht um 120.000 Euro Schadensersatz

Verhandelt werden vor dem Amtsgericht Freyung insgesamt 215 Fälle. Parallel zum strafrechtlichen Verfahren kommt auf den ehemaligen Priester noch eine Schadensersatzklage des Bistums zu. Weil in diesem zivilrechtlichen Verfahren die Verjährungsfristen deutlich länger sind, geht es hier um eine Schadensersatzforderung von 120.000 Euro.

Solange kein Urteil gefällt wurde, gilt für den Angeklagten die Unschuldsvermutung. Dennoch hat das Bistum bereits reagiert. Der Pfarrer wurde wegen "finanzieller Unklarheiten, die im Raum stehen" andernorts in Niederbayern als Pfarrvikar ohne finanzielle Verantwortung eingesetzt.

Pfarrgemeinde hofft auf saubere Aufarbeitung

Die Pfarrgemeinde in Waldkirchen hofft, dass mit dem Prozess ein Schlussstrich unter die sogenannte Kollekten-Affäre gezogen werden kann. Die Stimmung in der Pfarrei sei bedrückend und traurig, sagt Michael Nirschl, der seit 2019 Pfarrer in Waldkirchen ist. "Weil die Ermittlungen so lange gedauert haben, gab es in der Bevölkerung schon Vermutungen, die Kirche wolle die Vorfälle unter den Tisch kehren. Aber das Gegenteil ist der Fall. Es ist uns ein großes Anliegen, dass diese Sache sauber aufgeklärt wird und wir danach wieder nach vorne schauen können."

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