Nicht verwandt: Passions-Veteranen Monika Lang und Walter Lang
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Oberammergauer Passionsspiele: "Meine vielleicht letzte Passion"

Passions-Veteranen sind in Oberammergau nicht selten. Manche von ihnen haben sogar schon 1950 bei der Passion mitgespielt. Monika Lang und Walter Lang zum Beispiel. Die beiden hat damals der "Bazillus Passionicus" erwischt und nie wieder losgelassen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

"Gestorben wird erst nach der Passion", heißt es in Oberammergau. Das bedeutet: Rückt ein Passionsspieljahr näher, mobilisieren auch die Alten ihre Kräfte, um unbedingt noch einmal dabei zu sein. Kein Wunder, haben sie doch ihr ganzes Leben immer schon nach dem Spiel ausgerichtet. Als "dekadisches Denken" bezeichnet das Passionsspieler Walter Lang. In Oberammergau frage man: "Ist das Kind vor der Passion auf die Welt gekommen oder nachher? Oder: Wann hast jetzt Du geheiratet – war das vor der Passion oder danach?" Und Monika Lang ergänzt: "Früher, als verheiratete Frauen noch nicht mitspielen durften, haben die Frauen erst nach der Passion geheiratet. Auch Kinder hat man für danach geplant."

Der Bazillus Passionicus

Monika Lang und Walter Lang sind – trotz des gleichen Nachnamens – nicht miteinander verwandt. Dennoch haben sie einiges gemeinsam. Beide sind sozusagen "Passions-Veteranen". Und beide haben 1950 das erste Mal bei der Passion mitgespielt: Monika Lang "auf den Armen einer Freundin meiner Mutter. Weil die eigenen Mütter damals ja nicht mit ihren Kindern mitgehen durften, weil sie verheiratet waren".

Und auch Walter Lang hat der "Bazillus Passionicus", wie er ihn nennt, bereits im Kindesalter erwischt: "Und ich war begeistert!" Elf Jahre alt war er damals, heute ist er über 80, aber seine Begeisterung ist geblieben. Wenn man ins Passionstheater geht, erzählt er, "dann wuselt alles durcheinander, von 90-Jährigen bis hinunter zum Baby-Alter."

"Eine total schöne Gemeinschaft"

Natürlich gab es auch immer wieder Streit zwischen den Generationen. Früher vor allem zwischen Modernisierern und Traditionalisten. Zwischen Jung und Alt. Monika Lang gehört zu denjenigen, die das Spielrecht für verheiratete Frauen im wahrsten Sinn des Wortes erstritten haben. Heute steht für sie das Miteinander im Vordergrund: "Jetzt sehe ich: Ich bin Teil einer total schönen Gemeinschaft."

Großartig, das erleben zu dürfen! Und keine Selbstverständlichkeit. Denn, erklärt Walter Lang nachdenklich, "wie viele kennen wir, die gern dabei gewesen wären!" Aber leider nicht mehr dabei sein können. Die corona-bedingte Verschiebung von 2020 auf 2022 war gerade für viele der Alten ein besonders schwerer Schlag. Monika Lang berichtet von zwei alten Damen, die schon vor zwei Jahren über 90 waren und noch mitgespielt hätten. "Aber jetzt haben beide gesagt, sie können nicht mehr so lang stehen und sind gesundheitlich weniger fit als vor zwei Jahren."

Vielleicht das letzte Mal?

Monika Lang selbst ist jetzt Mitte 70. 2030, bei der nächsten Passion, könnte sie leicht noch dabei sein. Aber, sagt sie, wer weiß das schon, "es kann einen jeden Tag treffen!". Walter Lang kann diese Bedenken gut verstehen. Seine Frau ist erst vor einigen Wochen gestorben. 2020 hätte sie noch mitgespielt. Die Passion jetzt wird für den Witwer traurig – aber auch tröstlich. "Meine Frau hatte sich unheimlich gefreut 2020. Das bewegt mich jetzt natürlich innerlich. Aber das hindert mich nicht daran, dass ich voller Begeisterung dabei bin."

  • Zum Artikel: "Verhülltes Museum - Oberammergau stimmt sich auf Passion ein"

Auf der Bahre auf die Bühne

Der Gedanke, dass es seine letzte Passion sein könnte, hat Walter Lang übrigens schon vor zehn Jahren beschäftigt. Damals hat er ein Mundart-Gedicht darüber geschrieben. "S’letzt Halleluja ist verflogen, vom Föhn im Tal verwaht", hieß es darin, und die Verse endeten mit der bangen Frage: "Für wen is‘ dann wohl z‘spat?" Also für wen wird die nächste Passion zu spät kommen? "Da war dieser Gedanke in mir: Ich weiß ja nicht, ob ich nochmal dabei bin?", sagt Walter Lang, der nun aber tatsächlich im Volk mit dabei sein wird.

Beim nächsten Passionsspiel 2030 wäre er dann über 90. Sollte er dann noch leben, aber gebrechlich sein, er wüsste schon, wie er es anstellten würde, um auf die Bühne zu kommen. Nämlich so wie ein greiser Passionsspieler das Mal bei einer früheren Passion bewerkstellig hat: "Der war auch um die 90 und hat sich auf einer Tragbahre raustragen lassen. Er wollte unbedingt dabei sein!"

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