Blick in einen Trakt des Gerichtsgebäudes für das Amtsgericht, das Landgericht I und II, das Oberlandesgericht und die Staatsanwaltschaft in München.
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Der Blick in einen Trakt des Gerichtsgebäudes für das Landgericht I in München, in dem der Prozess um den "Badewannen-Mord" neu verhandelt wird

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Neuauflage im Prozess um "Badewannen-Mord" am Tegernsee

Der Prozess um den "Badewannen-Mord" von Rottach-Egern wird jetzt am Landgericht München neu aufgerollt. Denn es gibt erhebliche Zweifel an der Schuld des Mannes, der wegen der Tat schon mehr als 13 Jahre im Gefängnis war. Ein Justizskandal?

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Der Prozess um den "Badewannen-Mord" hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt: Eine 87-jährige Seniorin war 2008 tot in ihrer Wohnung in Rottach-Egern aufgefunden worden. Nach Überzeugung der Richter hatte der Hausmeister der Anlage sie umgebracht. Der Mann wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.

Inzwischen gibt es aber so große Zweifel an seiner Schuld, dass er auf freien Fuß kam und ein Wiederaufnahmeverfahren eingeleitet wurde. Ab dem heutigen Mittwoch wird deshalb am Landgericht München neu verhandelt.

  • Zum Artikel: Zweifel an Schuld: "Badewannen-Mord" wird neu aufgerollt

Bundesgerichtshof verwirft zunächst Revision

Manfred Genditzki hat ein Auf und Ab der Gefühle hinter sich: 2010 wird er wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt, aber 2011 hebt der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil auf. Genditzki schöpft Hoffnung, doch auch die nächste Verhandlung 2012 endet mit einem Schuldspruch. Die Revision verwirft der BGH.

Prozess um "Badewannen-Mord" belastet Familie

Mehr als 13 Jahre bleibt der Familienvater im Gefängnis. Auch für seine Frau Maria ist es eine fast unerträgliche Situation. Es sei "verdammt schwer, emotional und psychisch sehr schwierig". So hat sie es in einem früheren Interview einmal beschrieben. Nicht nur sie war immer von der Unschuld ihres Mannes überzeugt.

Auch der frühere Bürgermeister von Tegernsee Peter Janssen konnte sich nicht vorstellen, dass Manfred Genditzki eine alte Frau, um die er sich jahrelang gekümmert hatte, umgebracht hat. "Alle durch die Bank finden es unglaublich und unerträglich, dass man diesen Mann dieser Tat bezichtigt hat", berichtete er vor einigen Jahren in einem BR-Gespräch. "Er wird übereinstimmend als überaus hilfsbereit, freundlich und einer solchen Tat in keiner Weise fähig dargestellt."

Jahrelanger Kampf um Wiederaufnahmeverfahren

Und doch soll er die Frau niedergeschlagen und in der Badewanne ertränkt haben? Um die Unterschlagung von Geld zu verschleiern, wie es zunächst hieß. Oder wegen eines angeblichen Streits, von dem dann im Urteil die Rede war? Jahrelang kämpft Anwältin Regina Rick um ein Wiederaufnahmeverfahren – schließlich mit Erfolg.

Fall mit Computer simuliert

Ausschlaggebend war zum einen ein Gutachten, wonach die Seniorin später als bis dahin angenommen gestorben ist – zu einer Zeit, in der Genditzki schon "lange, lange ein Alibi“ hatte, so die Anwältin. Zum anderen legte sie eine Computersimulation vor, die zeigte, dass die 87-Jährige auch durch einen Unfall in die Badewanne gestürzt und dort ertrunken sein könnte.

40 Zeugen und ein Dutzend Sachverständige

Am 12. August 2022 stellt das Landgericht München fest, dass kein dringender Tatverdacht mehr bestehe. Manfred Genditzki kommt nach 4.912 Tagen im Gefängnis frei.

Jetzt wird der Fall komplett neu aufgerollt – mit fast 40 Zeugen und einem Dutzend Sachverständigen. Für den neuen Prozess sind Termine bis in den Juli angesetzt.

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