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Nach Zugunfall in Reichertshausen: Experte für besseren Schutz

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Nach Zugunfall in Reichertshausen: Experte für besseren Schutz

Ein Zugunfall im oberbayerischen Reichertshausen ist relativ glimpflich ausgegangen. Doch gäbe es technische Möglichkeiten, Kollisionen von Zügen von vornherein zu verhindern? Ein Bahn-Experte sagt ja und fordert die Einführung einer neuen Weiche.

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Nach dem ICE-Unfall in Oberbayern plädiert der Bahn-Experte Markus Hecht für besseren Schutz vor Zugkollisionen in Deutschland. Der Leiter des Fachgebiets Schienenfahrzeuge an der Technischen Universität Berlin fordert die Einführung eines bislang in Deutschland nicht zugelassenen Typs von "Entgleisungsweiche". Dieser Typ von Weiche bringt Züge, die unvorhergesehen auf ein Hauptgleis fahren, vor einer Kollision zum Entgleisen. Zudem soll die Konstruktion dafür Sorge tragen, dass die derart entgleisten Züge sich zu der vom Hauptgleis abgewandten Seite neigen.

Schutzweichen brauchen viel Platz und sind teuer

Schwerere Zugunfälle bei schnelleren Fahrten würden in Deutschland durch Schutzweichen vermieden, schrieb Hecht am Sonntag in seiner Antwort auf eine dpa-Anfrage. "Da dies sehr teuer ist und viel Platz braucht, wird das bei einfachen Situationen mit geringem möglichen Schadensausmaß wie am Unfallort nicht vorgeschrieben." Am Freitag war am Bahnhof Reichertshausen zwischen München und Ingolstadt ein Regionalzug mit einem ICE zusammengestoßen.

Die im Ausland üblichen Entgleisungsweichen oder "Einzungenschutzweichen" seien in Deutschland nicht erlaubt. "Sie wären aber sehr viel besser, da viel billiger, brauchen weniger Platz und brauchen weniger Instandhaltung. "Ich habe schon öfter angeregt, dass die kostengünstigeren und zudem effektiveren, also besseren Lösungen wie Entgleisungsweiche oder Einzungenschutzweiche auch in Deutschland eingeführt werden sollten", schrieb Hecht. "Aber da ist das Eisenbahnbundesamt nicht zu bewegen."

Unfallursache von Reichertshausen weiterhin unbekannt

Die Unfallursache ist bislang unbekannt, die Bundespolizei ermittelt. Insbesondere ist unklar, ob es sich in Reichertshausen um einen technischen Defekt oder menschliches Versagen handelte. Die Bundespolizei will die zwei Lokführer und den Fahrdienstleiter als Zeugen vernehmen. "Das passiert, wenn Signalbegriffe nicht beachtet werden und die Zugsicherung aus welchen Gründen auch immer nicht funktioniert", erklärte Hecht. Die Zugsicherung löse Zwangsbremsungen bei zu hohen Geschwindigkeiten aus und beim Überfahren "Halt" zeigender Signale. Die Zugsicherung könne defekt gewesen oder überbrückt worden sein, so der Experte.

Nach Angaben der Bahn hatten die Züge einander am Freitag gegen 14.15 Uhr an einer Weiche gestreift. Laut Polizei war die Regionalbahn gerade aus dem Bahnhof herausgefahren, als es zu dem Zusammenstoß mit dem durchfahrenden ICE kam. Mehrere Menschen wurden leicht verletzt.

Bahnstrecke weitgehend wieder frei

Inzwischen hat die Bahn die Strecke wieder weitgehend frei gegeben. Drei der vier Gleise sind wieder befahrbar, wie ein Sprecher der Deutschen Bahn in Berlin am Sonntag sagte. Es gibt demnach keine Zugausfälle und Umleitungen mehr, aber es kann weiterhin zu Verspätungen im Regionalverkehr kommen.

Beide Züge wurden in eine Werkstatt gebracht. Eine Weiche und Schienen waren beschädigt. Der Bahnhof Reichertshausen hat zwei Bahnsteiggleise für Regionalzüge und zwei Fernverkehrsgleise. Noch gesperrt ist eines der beiden Bahnsteiggleise, der Fernverkehr lief laut Bahnsprecher am Sonntag wieder ohne Einschränkungen. Wann auch die Sperrung des zweiten Bahnsteiggleises wieder aufgehoben werden kann, stand am Wochenende noch nicht fest.

Mit Informationen von dpa

Im Video vom 17.11.: So kam es zu dem Unfall

ARCHIV (17.11.2023) Bayern, Reichertshausen: Ein Regionalzug (l) ist am Nachmittag mit einem ICE zusammengestoßen. Bei dem Zugunfall auf der Strecke zwischen München und Ingolstadt sind am Freitag nach ersten Angaben der Polizei mehrere Menschen leicht verletzt worden. Ein ICE und ein Regionalzug hätten einander an einer Weiche am Bahnhof "gestreift", sagte eine Polizeisprecherin.
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Nach Kollision mit ICE: Bahn-Experte fordert besseren Schutz

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