Häuser einer Münchner Baugenossenschaft
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Mitglieder von Baugenossenschaften bekommen von der Förderbank KfW keine Darlehen mehr. Grund ist die Haushaltssperre des Bundes. (Symbolbild)

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KfW streicht Darlehen: Zukunft der Baugenossenschaften ungewiss

Mitglieder von Baugenossenschaften bekommen von der Förderbank KfW keine Darlehen mehr. Grund ist die Haushaltssperre des Bundes. Die Folgen für die Mitglieder und die Genossenschaften selbst sind auch in Oberbayern enorm.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Für Susanne Darabas ist diese Woche eine Welt zusammengebrochen. Sie, ihr Mann und die zwei Kinder hatten die Aussicht auf eine Wohnung bei einer Münchner Genossenschaft. Um die dafür notwendigen Genossenschaftsanteile erwerben zu können, hatte das Paar einen Förderantrag für ein sehr günstiges Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gestellt. Doch obwohl sie alle Kriterien erfüllt, wird die junge Münchner Familie das Darlehen wohl nicht bekommen - und damit auch keine Genossenschaftswohnung.

Baukostensteigerung machen Darlehen notwendig

Das Darlehen, das Susanne Darabas und ihr Mann beantragt haben, läuft bei der KfW unter der Nummer 134. Seit 2022 gibt es diese spezielle KfW-Förderung. Sie wurde genau für den Kauf von Genossenschaftsanteilen konzipiert. Da die Baukosten in den vergangenen Jahren gestiegen sind, sind auch die Preise für Genossenschaftsanteile gestiegen. Für eine 90 Quadratmeter große Genossenschaftswohnung muss man in München derzeit bis zu 100.000 Euro an Einlagen zahlen.

Allerdings bekommt man bei Hausbanken für den Kauf von Genossenschaftsanteilen keine Baudarlehen, sondern nur sehr teure, reguläre Kredite. Die junge Familie kann es sich nicht leisten, gleichzeitig einen solchen Kredit und die Miete zu zahlen. Deswegen der KfW-Antrag.

Ohne Darlehen keine Wohnung

Das Paar war sehr froh, als es bei der noch jungen Münchner Genossenschaft Stadtimpuls den Zuschlag für eine Vier-Zimmer-Wohnung im neuen Stadtteil Neufreimann erhielt. 100 Wohnungen für bis zu 300 Menschen will Stadtimpuls dort bauen. Kosten für die Genossenschaft: rund 45 Millionen Euro. Ein Großteil des Geldes kommt von den Mitgliedern und deren Einlagen.

Am Montag hat Susanne Darabas den KfW-Antrag 134 und die dazu erforderlichen Unterlagen bei der bearbeitenden Bank abgegeben. Für die benötigten rund 100.000 Euro hätten die Lektorin und ihr Mann mit dem KfW-Förderdarlehen einen Zinssatz zwischen zwei und vier Prozent zahlen müssen.

KfW stoppt Bearbeitung von Anträgen über Nacht

Aus dem Traum der Eltern, ihren beiden Kindern in München jeweils ein eigenes Zimmer zur Verfügung zu stellen, wird wohl nichts werden. Die Bank, die das KfW-Darlehen bearbeitet, teilte der Familie mit, dass die KfW das Programm 134 von heute auf morgen gestoppt habe. Auf der entsprechenden KfW-Webseite steht, dass aufgrund der Haushaltssperre des Bundes keine Anträge mehr bearbeitet werden können. Damit ist erst mal der Traum vom genossenschaftlichen Wohnen in München für die Familie geplatzt.

Als Susanne Darabas bei Stadtimpuls Bescheid gibt, dass die Finanzierung nicht steht, erfährt sie, dass es anderen Mitgliedern von Stadtimpuls genauso ergangen ist. Nicht nur für die Mitglieder ist die plötzliche Streichung des KfW-Programms fatal, sondern auch für Stadtimpuls selbst. Die junge Genossenschaft hatte mit dem Geld fest gerechnet.

Es ist kein Einzelfall: So ziemlich alle Münchner Baugenossenschaften haben laut Thomas Schimmel mit der komplett unvorhergesehen Streichung des KfW-Darlehensprogramms 134 zu kämpfen. Schimmel ist Vorstand der Genossenschaftlichen Immobilien Agentur (GIMA) in München. Die GIMA ist ein Zusammenschluss von 36 meist genossenschaftlich organisierten Münchner Wohnungsunternehmen.

Wegfall der KfW-Förderung macht Genossenschaften Probleme

Besonders für junge Genossenschaften sei das KfW-Darlehen 134 eine lebensnotwendige Kalkulationsgrundlage, erklärt Schimmel, denn sie verfügten noch nicht über große Rücklagen. Aber auch große und etablierte Münchner Baugenossenschaften hätten an dem Stopp zu knabbern. Bei allen genossenschaftlichen Bauvorhaben in München sind laut Schimmel die KfW-Darlehen der Genossenschaftsmitglieder fest eingeplant. Wegen der gedeckelten Mieten sind Genossenschaften in München auf Fördermittel dringend angewiesen, um kostendeckend bauen zu können.

Zukunft des genossenschaftlichen Bauens ungewiss

Von dem sehr ungewöhnlichen plötzlichen Wegfall der KfW-Förderung 134 sind laut Schimmel akut Hunderte genossenschaftliche Wohnungen betroffen, die derzeit in der Planung stecken oder sogar schon bezugsfertig sind. Wie die Finanzierung gesichert werden kann, ist noch unklar. Darüber hinaus stünden in München bald Grundstücke für mehr als 500 Genossenschaftswohnungen vor der Ausschreibung, so Schimmel. Bleibe es dabei, dass das KfW-Darlehen 134 dauerhaft wegfällt, könnte es sein, dass sich für diese Ausschreibung viel weniger Genossenschaften bewerben und damit viel weniger Wohnraum entstehe als gedacht.

Rund 15 Millionen Euro waren im Bundeshaushaltsentwurf 2024 für das Darlehensprogramm 134 eingeplant. Derzeit ist ungewiss, ob diese Förderung im nächsten Jahr fortgeführt wird. Susanne Darabas und ihre Familie wollen jetzt erst einmal abwarten, ob das KfW-Darlehen nicht doch wieder eingeführt wird. Wenn das nicht geschieht, müssten sie und ihre Familie aus München wegziehen, da das Leben hier für sie zu teuer wird.

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