Zahlreiche Impfpässe liegen auf einem Tisch.
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In München stehen immer öfter Impfpässe unter Fälschungsverdacht. (Symbolbild)

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München: Immer mehr verdächtige Impfpässe im Umlauf

Wer sich nicht gegen Corona impfen lassen möchte, hat zur Zeit in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens das Nachsehen. Einige versuchen deshalb, mit gefälschten Impfnachweisen durchzukommen - eine Herausforderung für Apotheker und Polizei.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Die Münchner Polizei und auch die Apotheken sehen sich immer häufiger mit möglicherweise gefälschten Impfnachweisen konfrontiert. Das zeigt eine BR-Recherche.

Polizei: "Zahlen sind rapide angestiegen"

Die Zahlen seien rapide angestiegen, heißt es von der Münchner Polizei, was Verdachtsnachfragen rund um Impfpassfälschungen betrifft. Etwa fünf bis zehn Anrufe würden derzeit pro Tag beim zuständigen Kommissariat 67 eingehen – dieses befasst sich mit Fälschungsdelikten aller Art. Rund zehn Beamte sind dort beschäftigt – unter anderem mit der Überprüfung der Impfnachweise. Die Polizisten haben zahlreiche Anhaltspunkte, auf die sie bei der Untersuchung achten. Argwohn erregt zum Beispiel, wenn der Impfpass-Besitzer in München wohnt, sich aber angeblich in Berlin hat impfen lassen.

Münchner Apotheker: Fünf Prozent der Ausweise sind gefälscht

Dr. Peter Sandmann ist Sprecher des Bayerischen Apothekerverbandes für die Stadt München. Auch er bemerkt, dass vermehrt gefälschte bzw. im Fälschungsverdacht stehende Impfpässe in den Apotheken auftauchen. Da vom Verband keine Listen geführt werden, könne er nur Zahlen von seinen eigenen drei Apotheken nennen. Hier habe sich die Anzahl gefälschter Impfpässe merklich, nämlich auf rund fünf Prozent, erhöht, so Sandmann.

Apotheker: So laufen die Nachforschungen

In Verdachtsfällen versucht Sandmann, das Impfzentrum oder den betroffenen Arzt zu erreichen, um die Vermutung zu bestätigen. Bis dahin behalte er den Impfpass ein. Nachgewiesene Fälschungen übergebe er dann an die Polizei.

Sprecher: Jeden Verdacht gerne gleich der Polizei melden

So mutig müsse aber nicht jeder Apotheker sein, meint ein Sprecher der Münchner Polizei im BR-Interview. Denn unter den falschen Impfpassbesitzern seien auch weniger freundliche – da müsse sich niemand selbst gefährden. Wenn ein Apotheker Zweifel an der Echtheit habe, solle er gleich die Polizei kontaktieren – die könne eine Polizeistreife vorbeischicken, welche sich die nötigen Dokumente zeigen lasse und im Zweifel auch gleich aus dem Verkehr ziehen könne.

Infektionsschutzgesetz regelt Überprüfung durch Apotheker

Dass Apotheker überhaupt Dokumente überprüfen und ausstellen, liegt am Infektionsschutzgesetz. In §22, Absatz 5, heißt es u.a., dass Ärzte und Apotheker nachträglich digitale Zertifikate ausstellen können.

Der Arzt oder Apotheker müsse unter Vorlage einer Impfdokumentation Maßnahmen ergreifen "zur Vermeidung der Ausstellung eines unrichtigen COVID-19-Impfzertifikats, insbesondere, um die Identität der geimpften Person und die Authentizität der Impfdokumentation nachzuprüfen."

Landesapothekerkammer: Beratung oft hilfreich

Auf BR-Anfrage teilt die Bayerische Landesapothekenkammer mit, für den Apotheker bestehe "keine Pflicht, die Vorlage eines gefälschten Impfnachweises zur Anzeige zu bringen". In dem Zusammenhang sei auch die apothekerliche Schweigepflicht zu beachten.

In der Mail an den BR heißt es, "eine Offenbarung kundenbezogener Daten ist insbesondere nur dann erlaubt, wenn dies im Rahmen einer dokumentierten Güterabwägung zum Schutz eines höherrangigen Rechtsgutes geschieht". Da diese Abwägung oft schwer einzuordnen ist, empfiehlt die Landesapothekerkammer: "Lassen Sie sich hierzu vorab beraten, schon um eine mögliche eigene Strafbarkeit zu vermeiden."

Auch Gebrauch von falschem Impfnachweis ist strafbar

In der Vergangenheit war immer wieder die Rede von einer Gesetzeslücke. Die Erstellung eines falschen Impfausweises galt als Urkundenfälschung. Der Besitz jedoch nicht. Dies ist seit 24.11.2021 anders. Die Neuregelung im Strafgesetzbuch legt fest: Nicht nur die Herstellung von "unrichtigen Impfausweisen" sondern auch deren Gebrauch ist strafbar.

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