Geigenbaumeister Anton Sprenger
Bildrechte: BR / Sandra Demmelhuber

Geigenbaumeister Anton Sprenger in seiner Werkstatt in Mittenwald.

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Mit Instrumenten und Instagram von Mittenwald in die Welt

Seine Vorfahren wurden einst die ersten Geigenbauer in New York City. Heute liefert Geigenbaumeister Anton Sprenger von Mittenwald aus seine Instrumente in fast alle Teile der Welt - und begeistert junge Menschen über Instagram für sein Handwerk.

Über dieses Thema berichtet: BR-Heimatspiegel am .

Als Goethe auf seiner Reise nach Italien auch in Mittenwald vorbeikam, hat er den malerischen Ort im Karwendelgebirge als "lebendiges Bilderbuch" bezeichnet. Nicht nur die bunten Häuser mit der typischen "Lüftlmalerei" sind fast überall bekannt - aus Mittenwald kommen auch einige der besten Geigen der Welt.

Einer der Geigenbaumeister ist Anton Sprenger. Seine Werkstatt liegt direkt im Dorfzentrum in einem kleinen alten Haus. Gerade sitzt er an seiner Werkbank im ersten Stock und prüft mit einem Messgerät, wie dick das Holzbrett ist, das er gerade mit einem feinen Hobel bearbeitet hat.

"Also ich habe jetzt eine Bratsche in Arbeit und die hobele ich jetzt gerade auf Stärke, das heißt: Ich muss die Plattenstärke festlegen. Und da ist es so, wenn ich hartes Material habe, eine harte Fichte, dann kann ich es dünner ausarbeiten. Wenn es weicher ist, dann muss ich es stärker lassen", erklärt der Geigenbaumeister, während er mit verschiedenen Klopftönen die Ton-Resonanz der Holzplatte misst.

Kulisse für Joseph Vilsmaiers "Brandner Kaspar"

Anton Sprengers Geigenbauwerkstatt sieht genau so aus, wie man sich die Werkstatt eines Geigenbauers vorstellt: Rings um die Werkbank liegen und hängen feine Werkzeuge. Neben dem Fenster steht ein Glas mit hochwertigen Pinseln. An der Wand Einmachgläser mit verschiedenen Farben und Lacken.

Besonders stolz ist der Geigenbaumeister aber auf einen unscheinbaren Holzstuhl. Auf diesem saß nämlich Joseph Vilsmaier in seinem letzten Lebensjahr ein paar Mal. "Ich habe den Film mit ausstatten dürfen: 'Der Brandner Kasper und die ewige Liebe'", erzählt Sprenger. Dafür wurde die Werkstatt fast komplett abgebaut und dann am Drehort des Films, in Niederbayern, originalgetreu wieder aufgebaut.

Eine Geige für Mozart und zwei Mittenwalder in New York

Anton Sprenger ist der Nachkomme des legendären Geigenbauers Matthias Klotz. Der Schneiders-Sohn wurde vor rund 350 Jahren als Jugendlicher nach Italien geschickt, um dort das Geigenbau-Handwerk zu erlernen. 16 Jahre später kehrte er nach Mittenwald zurück und begründete dort die weltbekannte Geigenbau-Tradition. Eine der Klotz-Werkstätten war direkt im Haus nebenan und dort wurde laut Sprenger auch eine Geige für Mozart gebaut.

Wenn Anton Sprenger nicht in der Werkstatt arbeitet oder selbst Geige spielt, beschäftigt er sich viel mit Kunstgeschichte und Dialektforschung. Ganz besonders wichtig ist ihm aber die Kulturgeschichte seines Heimatortes Mittenwald.

So hat der Geigenbaumeister vor etwa zehn Jahren zufällig in einem Buch gelesen, dass es in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwei weitere Vorfahren von ihm weit gebracht haben, und zwar in Amerika: Die Brüder Johann und Matthias Sprenger verließen Mittenwald und wurden die ersten Geigenbauer in New York City.

"Das finde ich eine ganz interessante Geschichte, dass zwei Buben aus unserem Bergdorf in New York die ersten Geigenmacher waren." Anton Sprenger, Geigenbaumeister

(Bitte ein Bild der Bildergalerie anklicken, damit die Bildbeschreibung angezeigt wird.)

Kontakte über Instagram: Ein Bild aus Kanada und spontaner Besuch in der Werkstatt

Auch Anton Sprenger hat Kontakte in fast alle Teile der Welt - aber nicht nur wegen seiner Musikinstrumente, die er weltweit verschickt. Vor ein paar Jahren hat der 52-Jährige die Foto-Plattform Instagram für sich entdeckt. "Es ist so weltumspannend, also ich habe ganz viel Freunde in Venedig, in Amsterdam oder in New York... die vielleicht in der Früh nur ihren Kaffee fotografieren. Doch genau das finde ich spannend, dadurch sehe ich sofort, wenn es beispielsweise in New York geschneit hat."

Instagram, so der Geigenbauer, sei deshalb für ihn alles andere als oberflächlich. Er habe dadurch schon viele interessante Leute kennengelernt, nicht nur virtuell. "Mir ist es beispielsweise passiert, dass unten an der Tür Leute klingelten, die mich von Instagram kennen." Die Menschen kommen von überall her, so Sprenger, und: "Da sind Leute dabei, die richtig was auf dem Kasten haben".

Der Geigenbaumeister freut sich, dass er in den letzten Jahren und gerade jetzt in der Pandemie so viele Leute kennengelernt hat, die sich für seine Arbeit und die Geschichte seines Heimatortes Mittenwald interessieren. Vor Kurzem hat ihm sogar eine Künstlerin aus Kanada ein handgemaltes Bild geschickt. Es hat nun einen Ehrenplatz in der Werkstatt bekommen.

Wie kam es zu der Geigenbau-Tradition im Karwendelgebirge?

Oft wird Anton Sprenger gefragt, warum er Geigenbauer geworden ist. Für ihn hat es viel mit der Geschichte seiner Vorfahren zu tun. "Mein Lebensthema ist Kulturgeschichte und die Kulturgeschichte von Mittenwald ist wahnsinnig wichtig für mich. Und ich bin stolz darauf, ein Teil dieser Kulturgeschichte zu sein, in dem ich Geigenbauer bin."

Doch wie kam es überhaupt zu der Geigenbau-Tradition im Karwendelgebirge? Tatsächlich gibt es mehrere Gründe dafür, warum die Geigen aus Mittenwald weltbekannt wurden. Neben der ausgezeichneten Qualität der Instrumente spielte auch die Lage des Ortes eine zentrale Rolle, denn Mittenwald liegt direkt an der ehemaligen transalpinen Handelsstraße von Venedig über Augsburg nach Nürnberg.

Außerdem wurden rund um Mittenwald im 17. und 18. Jahrhundert viele Klöster und Kirchen gebaut. Da brauchte man natürlich auch gute Musikinstrumente. So erlernten immer mehr Menschen das lukrative Geigenbau-Handwerk und zogen von einer kirchlichen Pforte zur anderen, um ihre Ware zu verkaufen.

Geigenlieferungen nach Sibirien, Taiwan und Colorado

Anton Sprenger muss heute nicht mehr von Kloster zu Kloster ziehen, um seine Instrumente zu verkaufen. In den letzten Jahren hat er sogar Geigen nach Portland, Oregon, Taiwan, Südafrika oder Sibirien verschickt. Er lieferte sogar die erste Geige für ein Indianer-Reservat in Colorado, berichtet er stolz. "Wenn ich weiß, dass meine Geigen in einem irischen Pub gespielt werden - das taugt mir!"

Nach der Pandemie will der Geigenbauer auch selbst wieder mehr auf Reisen gehen und sich einen langen Traum erfüllen: Mit seiner Frau mit den Schiff in die USA fahren, wie einst seine Vorfahren.

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