Jana Jänisch steht mit Mundschutz in dem leeren Cafe Monsalvy in Aschheim.
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Jana Jänisch arbeitet normalerweise in einem Café in Aschheim.

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Bedienung in Kurzarbeit: "Man nimmt mir mein Lächeln"

Die Gastronomen in Bayern sind ratlos, wütend und verzweifelt. Bis Ende November ist wieder alles dicht. Jana Jänisch arbeitet normalerweise als Servicekraft in einem Café in Aschheim. Als allein erziehende Mutter ist das Geld in Kurzarbeit knapp.

"Mein Gehalt reicht gerade mal für die Miete, Strom, Telefon, vielleicht noch für die Versicherung und dann hört es auch schon auf. Ich lebe vom Trinkgeld. Da fehlen mir bestimmt 500 Euro im Monat." So wie Jana Jänisch aus Daglfing geht es vielen Servicekräften in Bayern. Seit Anfang November haben die Hotels und Gaststätten aufgrund der aktuellen Corona-Maßnahmen wieder geschlossen. Bis mindestens Ende des Monats.

Die 42-Jährige arbeitet seit eineinhalb Jahren im Café Monsalvy in Aschheim und liebt ihren Job. Aber die erneute Schließung macht ihr zu schaffen. Die Kurzarbeit bedeutet für sie: kein Trinkgeld. Geld, das sie als alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen dringend braucht. Da ist schon jetzt klar, dass die Geschenke für Geburtstag und Weihnachten eher mau ausfallen werden. "Meine Kinder sind da sehr verständnisvoll und sagen, dass ich ihnen gar kein Geschenk machen muss. Das ist total süß, aber tut mir natürlich auch in der Seele weh", sagt Jana Jänisch mit zittriger Stimme.

Wer muss in Kurzarbeit? Wer darf bleiben?

Seit 13 Jahren ist das Café mit einem Feinkostladen im Besitz von Andreas Aigner. Im ersten Lockdown im Frühjahr war der Puffer noch größer, aber auch Aigner musste jetzt entscheiden: Wen von seinen 15 Mitarbeitern im Verkauf, in der Küche, im Service muss er in Kurzarbeit schicken? Nachvollziehbar, dass die Servicekräfte jetzt gerade nicht gebraucht werden. Er hat keine Wahl. "Es blutet einem doppelt das Herz, weil man selbst als Inhaber betroffen ist und dann eben auch die Mitarbeiter, die alle ihre persönliche Geschichte haben", sagt Andreas Aigner.

"Ein Zweitjob bedeutet weniger Zeit für meine Kinder"

Schon im Frühjahr musste Jana Jänisch sich mit einem Zweitjob über Wasser halten. Sie hätte sogar ein Angebot für einen neuen Job bekommen. Ein verlockendes Angebot in der Corona-Zeit. Sicherheit auf der einen Seite, aber Leidenschaft auf der anderen. Sie hat sich für die Leidenschaft entschieden: "Wir müssen da ja alle durch. Es ist nicht leicht, da jetzt wieder alle Kräfte zusammen zu raufen. Das gelingt mir ganz gut, weil ich ein positiver Mensch bin. Gerade konnten wir wieder etwas durchschnaufen, aber jetzt muss ich mich wohl wieder um einen Zweitjob kümmern. Dann habe ich weniger Zeit für meine Kinder."

Mehr als 70 Prozent der Betriebe fürchten um Existenz

Das Gefühl der Unsicherheit herrscht auf beiden Seiten, bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern: Wie lange wird das noch so gehen? Können wir uns das leisten? Über 70 Prozent der Betriebe fürchten derzeit um ihre Existenz - das ist das Ergebnis einer neuen Umfrage des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Bayern. Sie sind ratlos, wütend und verzweifelt. An eine Wiedereröffnung im Dezember glauben nur 24 Prozent der Betriebe, über drei Viertel gehen davon aus, dass der Lockdown länger anhalten wird.

Café-Besitzer Andreas Aigner könnte es verstehen, wenn sich gerade jetzt die Mitarbeiter nach einem neuen, sichereren Job umschauen würden: "Es wäre schade, wenn sie gehen müssen. Andererseits kann ich es auch nicht sagen, was in den nächsten Wochen passiert. Wenn wir merken, dass es finanziell nicht mehr tragbar ist, dann werden auch wir die Reißleine ziehen müssen. Dann müssen wir vielleicht noch mehr Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken und ggf. auch kündigen."

Eine Kämpferin für die Familie, für ihren Traumjob

So schnell wird Jana Jänisch wohl ihren Traumjob nicht an den Nagel hängen. Sie ist eine Kämpferin. Motivation gibt's von ihren Kindern, Verständnis vom Chef und im Notfall auch finanzielle Unterstützung von Freunden. Darauf kann sie sich zum Glück verlassen. Das ist - in dieser unsicheren Zeit - zumindest sicher. Mit Tränen in den Augen sagt sie: "Man nimmt mir mein Geschenk an meine Kunden: mein Lächeln. Das ist das größte Gut, was ich habe und was ich gerne weitergebe. Es ist eine Herausforderung, aber jeder von uns hat sein Päckchen zu tragen. So ist das Leben."

Nicht nur die Gastrobetreiber trifft der Teil-Lockdown hart, die Servicekräfte und das Küchenpersonal sind mindestens so stark betroffen.
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Nicht nur die Gastrobetreiber trifft der Teil-Lockdown hart, die Servicekräfte und das Küchenpersonal sind mindestens so stark betroffen.

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