Die beiden Ausstellungsmacher Andreas Remshard (links) und Stefan Andritschke (Mitte) und die Textilrestauratorin Sibylle Ruß mit der Weste.
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Die beiden Ausstellungsmacher Andreas Remshard (links) und Stefan Andritschke (Mitte) und die Textilrestauratorin Sibylle Ruß mit der Weste.

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"Luxus in Ebern" – Eine Ausstellung rund um eine Weste

Im Heimatmuseum im unterfränkischen Ebern läuft gerade eine Sonderausstellung unter dem Titel "Luxus in Ebern". Im Zentrum steht ein einziges Ausstellungsstück: eine Seidenweste aus dem 18. Jahrhundert. Die wurde durch Zufall im Museum neu entdeckt.

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Die barocke Seidenweste ist ein echter Hingucker. Taschen, Knopfleisten und der Kragen der Vorderseite sind üppig mit Blumenmotiven bestickt. Der Stoff schimmert golden. Ein vornehmes Gewand, das aus der Zeit zwischen 1750 und 1780 stammt und schon einige Zeit als Leihgabe im Heimatmuseum Ebern schlummerte. Bis sie neu entdeckt wurde, sagt Andreas Remshard vom Bürgerverein. "Von ihren Leihgebern aus hatten wir die Weste im 19. Jahrhundert verortet. Im Zuge der Aktion "Kunst geht fremd" hatten wir eine Volkskundlerin im Haus, die die Weste im Vorbeigehen gesehen hat und gleich gesagt hat, das ist nicht 19. Jahrhundert. Das ist älter."

Akribische Recherche zu Alter und Herkunft

Es begann eine ausführliche Recherche zu dem auffälligen Kleidungsstück. Die Spur führte zurück bis ins 18. Jahrhundert zum Apotheker-Ahnen Bernhard Gros, der damals zur Stadtprominenz von Ebern gehörte. Gros konnte sich durch seinen Beruf auch ein so wertvolles Kleidungsstück leisten, um sich dem Adel anzupassen. "Der war ein sogenannter Rentamtsmann, eine Art Finanzbeamter", sagt Remshard. "Der legte hohen Wert auf gute Kleidung. Den Schnittbogen für die Weste hat er vermutlich in Würzburg gekauft und sich dann bei einem Schneider in Ebern diese Weste anfertigen lassen."

Textilrestauratorin im benachbarten Bamberg

Weil die Weste über die Jahrhunderte natürlich ein bisschen gelitten hat, wurde die Textilrestauratorin Sibylle Ruß aus Bamberg beauftragt, sich um das gute Stück zu kümmern. Die säuberte die Weste zuerst vorsichtig mit einem Pinsel und kümmerte sich dann um die Löcher und schadhaften Stellen in dem kostbaren Gewebe. "Am Rücken waren einige Fehlstellen, die habe ich unterlegt und gesichert. Auf der Vorderseite gab es einige Schäden, das war ziemlich schwierig, um den optischen Gesamteindruck wiederherzustellen."

Sonderausstellung mit einem Exponat

Inzwischen ist die Weste wieder zurück in Ebern und im Hauptraum des Heimatmuseums zu sehen. Entsprechend prominent platziert. Quasi als zentrales Ausstellungsstück. Auf großen Schautafeln ist die Geschichte der Weste und die Herkunft der Schnittform ausführlich dokumentiert. Außerdem haben sich die Ausstellungsmacher einen interaktiven Teil ausgedacht, in dem die Besucher selbst Hand anlegen können, erklärt Stefan Andritschke vom Bürgerverein. Die Besucher können Selfies mit einer Westen-Attrappe und einer barocken Perücke vor der Kulisse von Versailles machen oder in einem Ausschneidebogen ihre eigene Weste gestalten.

Noch bis Mitte Juli zu sehen

Ein Hauch von Versailles im Landkreis Haßberge. Noch bis zum 16. Juli können Besucher die barocke Weste im Heimatmuseum in Ebern bewundern und sich über die Ergebnisse der umfangreichen Recherche informieren. Dort, wo sonst eher handwerkliche Gegenstände oder Überbleibsel bäuerlichen Lebens gezeigt werden, ist sie ein echtes Juwel, sagt Ausstellungsmacher Andreas Remshard. "Das ist eben das Ungewöhnliche. Auf dem flachen Land ist so ein Stück sonst nie zu sehen. Die findet man sonst nur in großen Museen in Paris oder New York. Und jetzt eben auch in Ebern."

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