Moorgebiet Sieben Quellen, im Hintergrund die Zugspitzgruppe (Archivbild)
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Ein noch intaktes Moorgebiet im Loisachtal (Archivbild)

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"Lange nicht am Ziel": Was Klimaschutz im Moor schwierig macht

Klimaschutz im Moor ist theoretisch einfach: Man muss nur die Entwässerung stoppen - was flott geht. Dann speichert der Moorboden CO₂ und Wasser. Der Moorschutz ist dennoch eine langwierige Angelegenheit, denn Planung und Genehmigung ziehen sich hin.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Damit Bayern seine Klimaschutzziele erreicht, muss unter anderem bis 2040 ein Viertel aller Moorflächen, also 55.000 Hektar, wiedervernässt sein. Das entspricht einer Fläche, die ungefähr so groß ist wie der Bodensee. Es gibt inzwischen etliche Förderprogramme, doch kaum wiedervernässte Moorflächen. Immer noch sind weit mehr als 90 Prozent der bayerischen Moorflächen trockengelegt, also entwässert.

Etappe geschafft - mehr nicht

Auf einer Moorwiese bei Stötten im Ostallgäu hat ein Bagger vor Kurzem Tonrohre aus dem Boden geholt. Die sogenannten Drainagerohre haben jahrzehntelang das Wasser aus dem Torfkörper geleitet und ihn ausgetrocknet. Nun, ohne die Rohre, wird der Moorboden wieder nass und bleibt es auch. Das Wasser schützt ihn vor weiterer Zersetzung.

In Stötten geht es vor allem um den Artenschutz, denn im Moor leben viele seltene Tier- und Pflanzenarten. Doch die Wiedervernässung der fast fußballfeldgroßen Fläche ist ein großer Fortschritt im Klimaschutz. Für Simone Reylaender von der Allgäuer Moorallianz ist damit eine Etappe geschafft – mehr nicht. Die Moorschützerin hat diese Wiedervernässung in den vergangenen Jahren mit organisiert und meint: "Wenn man sich das große Ganze anschaut, sind wir noch lange nicht am Ziel."

Damit Bayern seine Klimaschutz-Ziele erreicht, braucht es Moore. Denn die nassen Böden speichern große Mengen CO2 und Wasser.
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Damit Bayern seine Klimaschutz-Ziele erreicht, braucht es Moore. Denn die nassen Böden speichern große Mengen CO2 und Wasser.

Landwirtschaft auf wiedervernässten Böden

Dass der Bagger alle Entwässerungsrohre entfernt, ist ein Sonderfall. So macht man es in der Regel nur auf Naturschutzflächen. Auf landwirtschaftlich genutzten Moorflächen wird die Wiedervernässung einfacher umgesetzt: Die Bauern müssen ja auch auf dem wiedervernässten Boden Landwirtschaft betreiben können - der Fachbegriff für Landwirtschaft auf nassen Böden heißt: Paludikultur.

Damit die Wiesen und nassen Äcker weiterhin zu bewirtschaften sind, wird der Wasserstand hier mit einem Stauwehr angehoben. So kann man den Wasserstand regeln - im Winter kann man ihn zum Beispiel besonders hochhalten und für die Ernte kurzfristig absenken.

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Ein Tonrohr entwässert das Moor

In Landwirtschaft kommt Moorschutz nicht voran

Um die bayerischen Moorschutzziele zu erreichen, müssen auch rund 20.000 Hektar landwirtschaftlich genutzte Moorflächen wiedervernässt werden. Das stellt die Landwirte mit Moorflächen vor enorme Herausforderungen, die Paludikultur ist absolutes Neuland.

Das neue bayerische Moorbauernprogramm bietet dafür hohe Förderbeträge, doch bislang hat nach Auskunft des bayerischen Landwirtschaftsministeriums noch kein Landwirt die Förderung für die Wiedervernässung beantragt.

Moorschutz mit zu vielen Behörden?

Anja Schumann von der "Arbeitsgemeinschaft Schwäbisches Donaumoos" wundert das nicht. Sie sagt, der Moorschutz sei zu kompliziert organisiert: "Ich würde als Landwirt jetzt gerade vielleicht auch ganz schön konfus sein." Die Bauern, die Klimaschutz im Moor betreiben wollen, müssen sich nämlich mit mehreren verschiedenen Behörden abstimmen.

Damit der Moorschutz für die Landwirtschaft möglichst reibungslos ablaufe, sei es stattdessen nötig, dass der Landwirt nur einen Ansprechpartner für die Wiedervernässung habe. Und der die Kontakte zu den anderen Behörden für ihn übernehme. Am besten solle das der Moorbeauftragte am Amt für Landwirtschaft sein, so Schumanns Vorschlag.

Gibt es ein Informationsdefizit?

Eine weitere große Hürde: Die Bevölkerung und die Landwirte wissen noch zu wenig über den Moorschutz. Warum es für das Klima und den Wasserhaushalt wichtig ist, dass das Wasser im Moorboden bis eine Handbreit unter der Oberfläche steht. Ist das Wasser weg, gelangt Luft an den Boden. Dann haben die Mikroorganismen Sauerstoff, um den Torf - also den Moorkörper - zu zersetzen. Übrig bleibt ein dürftiger Rest, der oft aussieht wie aufgegossenes Kaffeepulver.

Der andere Teil ist als Kohlendioxid in die Atmosphäre entwichen und heizt den Klimawandel an. Vielen ist auch nicht bewusst, dass ein Liter Milch den gleichen CO₂-Fußabdruck hat wie zwei Liter Benzin – wenn das Futter der Kühe von einer entwässerten Moorwiese stammt.

Mehr Werbung für den Moorschutz

Deswegen müsse mehr Aufklärungsarbeit und mehr Werbung gemacht werden, fordern Moorschutz-Experten. Anja Schumann von der "Arge Schwäbisches Donaumoos" regt an, "einen Teil der Millionen, die der bayerische Staat zum Beispiel für den Moorschutz zur Verfügung stellt" in die Öffentlichkeitsarbeit zu investieren. Auf allen Kanälen sollte für den Moorschutz geworben werden, "so wie wir heutzutage Müll trennen, so muss jedem bewusst sein, ein hoher Wasserstand im Moor ist Klimaschutz".

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Ein Bagger entfernt eine Entwässerungsleitung aus einer Moorwiese in Stötten im Ostallgäu

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