Landwirt und Metzger Stephan Körner produziert tonnenweise Bratwürste für die örtlichen Christkindlmärkte.
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Landwirt und Metzger Stephan Körner produziert tonnenweise Bratwürste für die örtlichen Christkindlmärkte.

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Landwirte im Weihnachtsstress: "Stade Zeit kommt später"

Im Sommer die Arbeit auf dem Acker, im Winter liegt der Bauer auf dem Sofa? Die Wirklichkeit sieht anders aus. Neben der Stall- und Hofarbeit haben sich viele Landwirte ein zweites Standbein aufgebaut. Und das Weihnachtsgeschäft brummt.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Vier Tonnen Bratwürste für den Christkindlmarkt oder Busladungen voller Gäste im Kuhstallcafé. Die stade Zeit muss auch bei einigen Landwirten noch ein wenig warten. Landwirtin Manuela Thalhammer in Niederbayern backt momentan jede Woche an die 22 Torten für ihr Café im Kuhstall. Landwirt Stephan Körner in Schwaben produziert jede Woche frische Bratwürste für die Weihnachtsmärkte in der Region. Ruhiger wird es bei ihm erst nach Weihnachten. "Momentan ist eigentlich die arbeitsintensivste Zeit vom ganzen Jahr", so der Landwirt.

In seinem Hofladen und der dazugehörigen Metzgerei in Friedberg herrscht gerade Hochbetrieb. Stephans Tag besteht gerade vor allem aus: Würstl machen. Gerade holt er einen neuen Schwung aus der Räucherkammer. Beim Wursten herrscht gerade Hochzeit: "Vor Weihnachten geht es richtig rund."

Im Video: Unser Land - Landwirte im Weihnachtsstress

2.000 Knacker in der Woche

Etwa 2.000 Knacker produziert er in der Woche für die Christkindlmärkte in der Region, 40-mal mehr als sonst im Winter. Dazu Burgerpatties, Halsgratsteaks und jede Menge Speckwürfel für die Schupfnudeln, zum Beispiel für die Waldweihnacht in Gut Mergenthau. Das sei gar nicht so einfach zu planen. Gerade das Wetter sei unkalkulierbar. Wenn der Wetterbericht schlechtes Wetter vorhersagt und es am Sonntag doch aufreißt, dann kann es schon sein, dass er am Nachmittag noch mal frische Bratwürste machen muss.

Auch das Schneechaos in Teilen Bayerns hat seine Planungen ordentlich durcheinandergewirbelt. Dazu kommt noch das normale Weihnachtsgeschäft. Im Hofladen wird deutlich mehr eingekauft und bestellt. Gleich muss er außerdem weiter in den Stall. Auch in der jetzigen Hochsaison komme das Schweinefleisch zu 100 Prozent aus seinem eigenen Betrieb. Geflügel und Rind kauft er ausschließlich aus der näheren Umgebung zu.

22 Torten in der Woche fürs Kuhstallcafé

In Niederbayern hat sich Manuela Thalhammer mit ihrer Familie ein ganz anderes Standbein neben der Landwirtschaft aufgebaut. Seit neun Jahren betreibt sie bei Aham im Landkreis Landshut ein Café über ihrem Kuhstall. Doch auch bei ihr wird es eigentlich erst zu Weihnachten wieder ruhiger.

Sieben Kuchen müssen gleich fertig werden, dann kommt ein Bus mit Gästen vom Chiemsee. Ihre Torten backt und verziert sie alle selbst. Backen sei schon immer ihre Leidenschaft gewesen. Selbst ihr Mann habe sich damals nicht nur in sie, sondern auch in ihre Kuchen verliebt. Neben der Arbeit fürs Café kommt aber noch die normale Stallarbeit hinzu. Morgens und abends jeweils zwei Stunden melken.

Café mit Blick in den Kuhstall - für mehr Transparenz

Der Advent sei bei ihr die stressigste Zeit: Am Hof fallen Arbeiten an wie Maschinen waschen und alles nacharbeiten, was im Sommer so liegen bleibt, erklärt Thalhammer. Außerdem sei im Café ab Oktober Hochbetrieb, wenn es wieder kälter werde. Im Dezember kommen viele Weihnachtsfeiern und Jahreshauptversammlungen dazu.

2012 haben sie und ihr Mann den Hof von den Schwiegereltern übernommen - damals noch mit 60 Kühen in Anbindehaltung. Sie haben einen neuen Laufstall gebaut und das Kuhstallcafé im ersten Stock als zweites Standbein integriert. Von Fenstern aus können die Gäste direkt in den Laufstall und nebenan ins Melkkarussell schauen. Die Thalhammers zeigen ihren Betrieb ganz transparent. Ihnen sei es wichtig, den Menschen die Landwirtschaft näherzubringen. Einen Einblick in einen Kuhstall zu bekommen, sei heutzutage ja nicht mehr so leicht, wenn immer mehr Betriebe aufhören.

Zu ihren Besuchern gehören nicht nur Familien mit Kindern, sondern auch viele ältere Landwirte, die sich gerne ansehen wollen, wie es in einem Laufstall heutzutage so abläuft. Jetzt heißt es: Die Ausflugsgäste vom Chiemsee empfangen. Manuela Thalhammer stellt sich und den Hof vor und verteilt Kaffee und Kuchen.

Stallarbeit hat Priorität

In Friedberg schaut derweil Landwirt und Metzger Stephan Körner bei seinen Strohschweinen nach dem Rechten. Eigentlich müsste er gerade überall gleichzeitig sein. Doch die Stallarbeit hat für ihn Priorität. Das Wichtigste sei, dass es den Tieren gut geht und sie gut versorgt sind. Seine Schweine haben 50 Prozent mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben und bekommen zum Fressen bayerisches Soja, das er überwiegend selbst anbaut.

Gerade streut er frisches Stroh in die Boxen, mit dem die Tiere auch spielen. Ihm sei es nicht so wichtig, in ein bestimmtes Label zu fallen, so Körner. Er will interessierte Bürger oder seine Kunden im Hofladen hier mit gutem Gewissen hereinführen können und dann dürfe sich jeder seine eigene Meinung bilden.

Bürgerinitiative wollte Stall verhindern

Stephan Körner wollte schon immer Landwirt werden, auch wenn er keinen elterlichen Betrieb daheim hatte. Auch wenn sein Weg steinig war. Mit einem Nachbarn hat sich die Möglichkeit ergeben, auf einer Fläche am Rand von Friedberg einen neuen Stall zu bauen - er für seine Strohschweine, sein Nachbar Martin für Pinzgauer Rinder. Doch der Bau hat sich stark verzögert. In Friedberg formierte sich damals eine Bürgerinitiative, um die Ställe zu verhindern. Die Folge: sieben Jahre Rechtsstreit.

Die Hindernisse von damals sind heute aber vergessen. Vor zehn Jahren konnten sie schließlich doch bauen - und mittlerweile führen sie sogar Schulklassen über den Hof.

Geschlachtet wird direkt auf dem Hof

Sein Stallnachbar Martin Augustin beweidet mit seiner Mutterkuhherde im Sommer die umliegenden Flächen. Im Winter leben Kälber, Deckstiere und Mutterkühe gemischt in Gruppen im Stall. Das Fleisch seiner Pinzgauer vermarktet er über Stephan Körners Hofladen. Dass in der Adventszeit mehr gekauft wird, merkt auch er.

Der Boom sei gewaltig, deshalb müsse auch mehr geschlachtet werden. Geschäftspartner Stephan Körner hat nach seinem Landwirtschaftsmeister extra noch den Metzgermeister gemacht, um die Wertschöpfungskette komplett in der Hand zu haben. Die Tiere schlachtet er direkt am Hof. Ihm sei besonders wichtig, sich dafür viel Zeit zu nehmen und selbst dabei zu sein.

Melken und Führungen

Zurück nach Niederbayern: Bei Manuela Thalhammer geht es mit dem abendlichen Melken los. Auch hier können die Besucher vom Café aus die Landwirte bei der Arbeit beobachten. Für viele Besuchergruppen bietet sie außerdem noch Führungen durch den Stall an - oder auch mal Butter schütteln.

Später hat sich noch ein Klassentreffen angekündigt. Sie freut sich, dass ihr Café so gut angenommen wird. Immerhin leben sie sehr abgeschieden und ohne Auto ist ihr Hof auch gar nicht erreichbar. Ruhiger wird es bei ihr dann kurz vor der Bescherung. Wenn der Stall fertig ist, wenn das Essen gemacht ist: "Dann ist für mich Weihnachten."

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Landwirtin Manuela Thalhammer backt 22 Torten in der Woche für ihr Kuhstallcafé.

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