Verschiedene Häuser mit flachen Dächern stehen in der Gemeinde Kiefersfelden. Im Hintergrund sind die Autobahn 93 und der Inn zu sehen.
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In Kiefersfelden sind die Preise für Immobilien hoch. Die Gemeinde im Inntal zählt zum Speckgürtel von München und Innsbruck.

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Knappes Bauland in Bayern: "Die ziehen ins Haus der Eltern"

Preise für Immobilien sind hoch, Bauland ist knapp. Die Folge: Der Münchner Speckgürtel wächst weiter, auch im Nordosten Bayerns ist die Nachfrage da. Wer kann sich das Bauen noch leisten? Und was unternehmen Käufer wie Kommunen für mehr Wohnfläche?

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Noch sieht es an manchen Stellen aus wie auf einer Baustelle: Auf der Kommode im Arbeitszimmer liegt Dämmmaterial, am Boden stehen ein paar Eimer Wandfarbe. Bald wollen Sonja Dünkel und ihr Mann Michael in ihre Wohnung in Kiefersfelden einziehen. Die beiden haben den Dachboden im Haus der Familie ausgebaut.

Hier wohnen drei Generationen zusammen, erzählt Michael Dünkel: "Wir sind ein klassisches Mehrgenerationenhaus, wo jede Generation ein eigenes Stockwerk hat. Und das funktioniert ganz gut." Das Ehepaar hat das Dachgeschoss um Gauben erweitert, um so mehr nutzbare Wohnfläche zu schaffen. An der Grundfläche des Hauses hat sich Dünkel zufolge nichts geändert – die nutzbare Wohnfläche aber ist größer geworden.

  • Zum Artikel: Trendwende am Immobilienmarkt: Mieten statt kaufen

Kein neues Bauland in Kiefersfelden

Neues Bauland gebe es in Kiefersfelden nicht, sagt Bürgermeister Hajo Gruber von der Unabhängigen Wählergemeinschaft. Die Gemeinde wolle die Natur im Inntal schützen und nicht weiter versiegeln. Vielmehr sollen vorhandene Häuser leichter ausgebaut werden können. Die Gemeinde Kiefersfelden hat im vergangenen Jahr beschlossen, dass Dachgauben bis zu einem bestimmten Maß ohne Genehmigung vergrößert werden können.

Karte: Die Preise für Bauland in bayerischen Städten

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Die Preise für Bauland von Einfamilienhäusern in einigen Städten in Bayern im Frühjahr 2023.

Das diene primär den bereits ansässigen Familien, sagt Gruber: "Die Leute ziehen da quasi in das Haus der Großeltern, der Eltern, der Tanten." Bei 7.000 Einwohnern habe die Gemeinde auf diese Weise für ungefähr 800 Leute Baurecht geschaffen. Das hat auch das Ehepaar Dünkel genutzt. "Durch die genehmigungsfreie Gaube haben wir einen komplett neuen Raum schaffen können. Das war davor nicht nutzbar und jetzt ist es unser Schlafzimmer", sagt Michael Dünkel.

Hohe Preise wegen Lage zwischen München und Innsbruck

Lösungen wie diese sind dringend nötig – denn die Preise für Immobilien und Bauland sind laut Gruber in der Gegend von Kiefersfelden hoch. Die Gemeinde liegt in gleich zwei Speckgürteln, in dem von München und in dem von Innsbruck. "Wir haben Druck von beiden Seiten", sagt der Bürgermeister. Die Preise seien deshalb regelrecht explodiert. Ein Quadratmeter Bauland kostet laut Gruber derzeit bis zu 1.000 Euro. 2014, als er Bürgermeister wurde, seien es noch 150 Euro gewesen.

Ein wenig anders ist die Lage im Nordosten Bayerns. Im Landkreis Wunsiedel gab es jahrelang viele leerstehende Häuser. Aber auch das habe sich geändert, erzählt Markus Bauernfeind. Er ist der sogenannte "Leerstandsmanager" des Landkreises und berät Leute, die sich für bereits bestehende Häuser interessieren.

Billig sei es im Fichtelgebirge schon lange nicht mehr. "Das Tal der Tränen ist durchschritten", sagt Bauernfeind. Aber es sei hier nach wie vor wesentlich günstiger als in anderen Gegenden. "Aber hier kann ich sagen: Man hat den individuellen Freiraum bei uns. Man hat eine herrliche Natur, und die Preise sind noch so, dass man sich das leisten kann."

Mehr Immobiliennachfrage im Fichtelgebirge durch Corona-Krise

Eine Trendwende bei der Nachfrage nach Immobilien habe auch die Corona-Krise gebracht, sagt Bauernfeind. Viele Menschen haben ihm zufolge bemerkt, dass sie im Homeoffice arbeiten könnten. "Da sind die Leute einfach draufgekommen: Warum in einem Ballungsraum leben, wo kaufen oder mieten entsprechend teuer ist?" Da sei ein "toller Naturraum wie das Fichtelgebirge" doch genauso interessant, sagt der Leerstandsmanager.

Trotzdem gibt es weiterhin Leerstand. Gebäude, die einen guten Zustand aufweisen, die mit kleineren Maßnahmen gleich wieder genutzt oder vermietet werden können – "also die sind eigentlich sofort weg, das geht ganz schnell", sagt Bauernfeind. Längere Zeit stünden größere Objekte leer und Objekte mit einem gewissen Sanierungsstau. "Bei diesen Gebäuden sagt man auf den ersten Blick: 'Kann ich mich das trauen? Oder ist das nicht eine Nummer zu groß?'"

Volle Auftragsbücher beim Leerstandsmanager

Bei Fragen rund um Bestandsimmobilien berät Bauernfeind: Welche Gebäude gibt es im Landkreis? Wie finde ich einen Architekten? Welche Fördergelder gibt es? Kann ich die Sanierung und Finanzierung stemmen? Vom 10. bis 27. Mai finden im Landkreis Wunsiedel etwa die "Aktionstage Sanierung" statt, gemeinsam mit den Landkreisen Hof und Bayreuth. Dort können sich Kaufinteressenten zum Beispiel bei Vorträgen und Stadtrundgängen informieren.

Bauernfeind selbst sagt, er könne sich vor Arbeit kaum retten. Wenn es ums Thema Immobilien und Häuser geht, gibt es für Menschen wie ihn also weiterhin viel zu tun. Denn auch wenn die Immobilienpreise hierzulande jüngst leicht rückläufig waren: Wohnraum ist in Bayern weiterhin gefragt.

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