Klaus Holetschek gibt das Gesundheitsressort ab - er ist neuer Fraktionsvorsitzender der CSU im Bayerischen Landtag
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Klaus Holetschek gibt das Gesundheitsressort ab - er ist neuer Fraktionsvorsitzender der CSU im Bayerischen Landtag

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Ziele erreicht bei Gesundheit und Pflege? Holetschek im Check

Klaus Holetschek gibt das Amt des Gesundheitsministers ab. Er ist nun Fraktionschef der CSU im Landtag. Welche Akzente konnte er als Minister setzen, welche Versprechen halten? Ein Hole-check.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Im Januar 2021 beförderte Markus Söder den damaligen Staatssekretär Klaus Holetschek zum Gesundheitsminister - während der Hochphase der Corona-Pandemie. Eine Mammutaufgabe, die der schwäbische CSU-Chef vor allem wegen einer parteiübergreifend geschätzten Gabe meisterte: Holetschek ist ein begnadeter Kommunikator, ein Politiker, der Verbindlichkeit und Bürgernähe ausstrahlt.

Seit die Ampel im Bund in Regierungsverantwortung ist, fällt Holetschek vor allem mit Kritik an der Krankenhausreform auf. Sein selbst erklärtes "Herzensthema" aber ist die Pflege. Konnte der erfahrene Kommunal-, Bundes- und Landespolitiker in dem lange Zeit unauffälligen Ministerium etwas für die Pflege und die Kliniken bewegen?

Krankenhausreform: Viel Ampel-Bashing, wenig Eigeninitiative

Die Krankenhausreform ist untrennbar mit einem Namen verbunden: mit dem des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD). Allerdings - und darauf weist die Gesundheitspolitikerin der Landtags-SPD, Ruth Waldmann, hin - handle es sich um eine Krankenhausreform von Bund UND Ländern.

Doch statt gemeinsam nach Lösungen zu suchen, habe Bayern immer wieder die Verhandlungen und Gespräche zwischen Bund und Ländern torpediert, kritisieren Vertreter der Ampelparteien. Sie vermuten als Grund den Landtagswahlkampf. Denn klar sei: Auch in Bayern sei eine Krankenhausreform notwendig. Rund 90 Prozent der bayerischen Kliniken sind aktuell in den roten Zahlen. Fast 20 Prozent sogar insolvenzgefährdet. Mit seiner Strategie bei den Reformvorhaben "auf Blockieren zu schalten und mit keinen eigenen Impulsen und Vorschlägen um die Ecke" zu kommen, damit habe Holetschek den Kliniken "einen Bärendienst" erwiesen, so Waldmann.

Hat Holetschek die Krankenhausplanung verschleppt?

Gesundheitsökonomen sagen: Da helfe nur eines - eine effiziente Krankenhausplanung. Und dafür sind qua Gesetz die Länder zuständig. Andreas Krahl, Gesundheitspolitiker der Landtags-Grünen, moniert, dass in Bayern ein eigener Krankenhausplan, der eine Mindestversorgung garantiere und zugleich einen Wildwuchs an Kliniken in Bayern verhindern würde, fehle. 14 Bundesländer haben laut Krahl einen solchen Krankenhausplan entwickelt. Bayern nicht.

Im Landkreis Main-Spessart hat man selbst angefangen, die Gesundheitsversorgung neu aufzustellen. Aus drei Kliniken wird dort gerade eine. Klinikreferent Klaus Bostelaar begleitet diesen Prozess, er sagte bereits Ende 2022 deutlich: "München muss planen. Ob die Staatsregierung dieser Aufgabe bislang gerecht geworden ist? Nein!"

Das Problem für jeden Gesundheitsminister ist allerdings: Krankenhausschließungen sind unpopulär. Das zeigte etwa ein Bürgerentscheid im Landkreis Weilheim-Schongau Anfang Dezember 2022. Dort hatte auch Holetschek darauf gedrungen, zwei Krankenhäuser zu ersetzen durch eine moderne neue Klinik. Doch die Bürgerinnen und Bürger lehnten dieses Vorhaben ab. Nun ist aber klar, das Klinikum Schongau wird dennoch umgewandelt in ein ambulantes Gesundheitszentrum. Einige Abteilungen wanden nach Weilheim - eine Lösung aus der wirtschaftlichen Not heraus.

Wann kommt die versprochene "Krankenhausmilliarde"?

Im Zuge der wirtschaftlich angespannten Lage der Kliniken hatte Holetschek zudem stets mehr Geld vom Bund angemahnt. Man könne nicht immer nur Geld vom Bund fordern, sondern müsse auch die eigenen Pflichtaufgaben finanzieren, ärgert sich Ruth Waldmann. Ihre SPD fordert schon lange eine eigene bayerische Krankenhausmilliarde pro Jahr - als sogenannte Investitionskostenförderung - also unter anderem für den Erhalt und Bau von Gebäuden. Ein Betrag, den Holetschek sogar immer wieder versprochen - und womit die CSU im Landtagswahlkampf auf Plakaten geworben hat. Im Haushalt für 2023 allerdings blieb es zuletzt bei den bisherigen rund 640 Millionen Euro Investitionskosten für die bayerischen Kliniken.

Holetschek könnte sein Versprechen zumindest nachträglich halten: Im neuen Koalitionsvertrag ist von einer Anhebung der Investitionskostenförderung auf eine Milliarde Euro die Rede. Mit der Einschränkung, dass die volle Krankenhausmilliarde wohl erst im Haushalt 2028 stehen wird - und das auch nur, wenn der Finanzminister mitspielt.

Pflege: Viele Ideen, große Probleme

Die zweite große Baustelle neben den unterfinanzierten Kliniken ist die Pflege. Während die Zahl der pflegebedürftigen Menschen aktuell steigt, fehlt es zunehmend an Arbeitskräften. Die Pflege: ein Brennglas für den Fachkräftemangel. Hier hat Holetschek angepackt: So etablierte der Minister zum 1. Juli eine sogenannte "Fast Lane", um Abschlüsse von Pflegefachkräften aus anderen Ländern schneller anzuerkennen. Am Landesamt für Pflege seien dafür 18 zusätzliche Vollzeitstellen geschaffen worden, teilt das Gesundheitsministerium auf BR-Anfrage mit. SPD und Grüne betonen, das sei auch höchste Zeit gewesen. Ausländische Pflegekräfte mit dem Ziel Deutschland hätten um Bayern viele Jahre einen Bogen gemacht, weil die Anerkennung im Freistaat im Ländervergleich besonders lange gedauert habe.

Gleichwohl ärgern sich die Gesundheitspolitiker der Oppositionsparteien, dass Holetschek aus ihrer Sicht vieles angekündigt und versprochen habe, was bislang nicht oder nicht im angekündigten Umfang eingehalten worden sei. Dazu zählt beispielsweise auch die von seinem Chef versprochene "Pflegeplatzgarantie", die Holetschek so zumindest nicht mehr geben wollte und konnte. So spricht der inzwischen aus dem Landtag ausgeschiedene FDP-Gesundheitspolitiker Dominik Spitzer von einem "Umsetzungsproblem" Holetscheks.

Holetschek-Vorstoß: Springerkonzepte für Pflegedienste

Ein konkretes Beispiel: Das von Holetschek vor einem Jahr angestoßene Modellprojekt "Springerkonzept in der Pflege". Ende 2022 hatte der CSU-Politiker "Springerpools für 30 Einrichtungen" angekündigt. Der Freistaat werde das Modellprojekt mit 7,5 Millionen Euro fördern, versprach er. Das Ziel des Ministers: Ambulante Pflegedienste, stationäre Einrichtungen und das Stammpersonal bei kurzfristigen Engpässen zu entlasten, indem diese auf einen Pool an Pflegekräften zurückgreifen können. Und damit verbunden: der Wunsch, so die für die Einrichtungen kostspielige Zeitarbeit in der Pflege zurückzudrängen.

Modellprojekt in der Warteschleife

Holetscheks Vorstoß aus dem Jahr 2022 passierte im Januar das Kabinett. Am 23. Juli verkündete sein Ministerium dann per Pressemitteilung, dass das Modellprojekt für Springerkonzepte gestartet sei. Was die Mitteilung des in der Öffentlichkeitsarbeit äußerst umtriebigen Ministers nicht verrät: Noch gibt es diese Konzepte nicht, beziehungsweise noch werden sie nicht umgesetzt.

So erklärt Wilfried Mück vom Landescaritasverband und Vertreter der Freien Wohlfahrtspflege Bayern auf Anfrage von BR24, "es ist noch nicht losgegangen", in dem Sinn, "dass die Personen (also die Pflegekräfte) noch nicht arbeiten". Das Gesundheitsministerium bestätigt auf Nachfrage, dass entsprechend auch noch keine Fördermittel ausbezahlt worden seien. Der Grund: komplizierte rechtliche und finanzielle Fragestellungen. Außerdem seien Einrichtungen wieder abgesprungen und auch bei den Springerkonzepten zeigt sich: Das Nadelöhr ist die Aquise von Pflegekräften.

Trotzdem ist Mück überzeugt, dass das Modellprojekt eine sinnvolle Initiative des Ministers gewesen sei. Es gehe darum, "etwas auszuprobieren". Mück rechnet damit, dass das Gesamtprojekt noch in diesem Jahr zum Laufen komme. Und dann sei es auch "ein Alleinstellungsmerkmal für Bayern".

SPD-Gesundheitspolitikerin Ruth Waldmann zeigte sich überrascht, dass das Modellprojekt noch gar nicht läuft. Sie gibt zu bedenken: Die Förderung gibt es nur für ein Jahr. Die Anschlussfinanzierung ist also nicht gesichert - am Ende könnten "die Selbstzahler in der Pflege" dafür aufkommen müssen, sagt auch Caritas-Vertreter Wilfried Mück.

SPD: Holetschek ein "Man-müsste-mal-Minister"

Waldmann nannte Holetschek zuletzt gerne den "Man-müsste-mal-Minister". Der Grund: Der CSU-Politiker sehe die Probleme, habe auch viele Ideen und verbreite diese in unzähligen Pressemitteilungen. Oft stecke aber dann viel weniger dahinter, als angekündigt. "Ich hätte mir mehr Machen und weniger Ankündigen gewünscht", sagt auch der Pflegeexperte von Bündnis90/Die Grünen im Bayerischen Landtag, Andreas Krahl, über die Amtszeit von Holetschek.

Auf der anderen Seite habe Holetschek es geschafft, der Pflege- und Gesundheitspolitik einen sehr großen Stellenwert in der bayerischen Staatsregierung einzuräumen, auch habe Holetschek immer ein offenes Ohr für gute Ideen aus der Opposition gehabt. Letztlich bedauert Krahl deshalb auch, dass Holetschek die bayerische Gesundheitspolitik verlässt: "Das finde ich sehr, sehr schade", so der Grünen-Politiker.

Schweres Erbe für den Nachfolger - oder die Nachfolgerin

Als mögliche Nachfolgerin von Holetschek gilt die bisherige Digitalministerin Judith Gerlach. Die Unterfränkin steht gerade ohne Ressort da, weil ihr bisheriges Digitalministerium im Zuge der Koalitionsverhandlungen an die Freien Wähler ging. CSU-Chef Markus Söder hatte am Donnerstag aber durchblicken lassen, dass Gerlach wohl im Kabinett bleibt.

Das Gesundheitsressort wäre dabei nicht gerade ein einfaches Ministerium, denn die Strukturen im Gesundheitswesen sind komplex. Der Gestaltungsspielraum - gerade auf Länderebene - ist überschaubar. Die Herausforderungen sind enorm: bei der Krankenhausreform genauso wie bei der Pflege. Denn, um die Kliniken vor dem wirtschaftlichen Ruin zu bewahren, muss die Politik unpopuläre Entscheidungen treffen. In der Pflege steht das System angesichts des demografischen Wandels und eines eklatanten Fachkräftemangels vor dem Kollaps.

Im Video: CSU und FW einig - Koalition in Bayern steht

Hubert Aiwanger (li), Markus Söder
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Hubert Aiwanger (li), Markus Söder

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