Was allein finanziell unerreichbar war, wurde gemeinsam möglich. In einem Ortsteil von Kirchanschöring (Lkr. Traunstein) haben sich drei junge Menschen ihren Traum vom Eigenheim erfüllt. Ramona Prechtl, Thomas Lindner und Jennifer Grill haben zusammen ein Mehrfamilienhaus gebaut. Dadurch hat sich jeder rund zwei Drittel der Kosten gespart, die man normalerweise für den Bau eines Einfamilienhauses ausgeben hätte.
Flexibel und altersgerecht
Thomas Lindner ist schon mit seiner Freundin eingezogen. Irgendwann wollen sie die barrierefreie Wohnung den Eltern überlassen, denn die leben momentan in einem mehrstöckigen Einfamilienhaus im Ort. "Wenn sie dort altersbedingt nicht mehr wohnen können, tauschen wir und sie können in meiner kleinen Wohnung alt werden“, sagt Thomas Lindner. Gemeinsam und flexibel bauen hat viele Vorteile, erfordert aber auch viele Absprachen. "Neben der Kostenersparnis müssen die Beteiligten der Baugruppe unbedingt harmonieren", sagt Ramona Prechtl.
Keine Siedlung wie jede andere
Für den Bürgermeister Hans-Jörg Birner ist diese Form des gemeinschaftlichen Bauens eine von vielen Möglichkeiten, wie in seiner Gemeinde künftig bezahlbarer und flächensparender Wohnraum geschaffen werden kann. Denn Hans-Jörg Birner hat eine Vision. "Mir wäre es recht, Kirchanschöring würde nicht so aussehen, wie die Siedlungen entlang der B304 von Freilassing nach München, wo ein Baugebiet wie das andere aussieht“, sagt er. Es sei doch viel schöner, die Baukultur wiederaufleben zu lassen, so wie früher Dörfer und Gemeinschaften zusammengelebt haben.
Abschied von der reinen Einfamilienhaus-Siedlung
Beim Thema Wohnraum geht es dem Bürgermeister allerdings um viel mehr als die Optik. Die Gemeinde mit rund 3.000 Einwohnern wurde in Medienberichten bereits als "Flächenrebell“ bezeichnet, als ein Dorf, in dem angeblich keine flächenintensiven Einfamilienhäuser mehr genehmigt werden. "Das haben wir so nie gesagt, solche Vorgaben sind ohnehin zu ideologisch", sagt Hans-Jörg Birner. Doch Siedlungen mit reinen Einfamilienhäusern können seiner Ansicht nach kein Modell für die Zukunft sein, allein was den Flächenverbrauch pro Einwohner betreffe. "Da sind wir bei 230 Quadratmeter Siedlungsfläche pro Einwohner“, sagt Birner. Doch baut man auf der gleichen Fläche Mehrparteien-Häuser, sei es möglich, den Pro-Kopf-Flächenverbrauch auf 110 Quadratmeter zu reduzieren, also um mehr als die Hälfte.
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Neue Konzepte im neuen Wohngebiet
Das neu ausgewiesene Wohngebiet im Ortsteil Lackenbach soll deshalb nicht mehr der Einfamilienhaus-Tradition folgen. Was und wie dort gebaut werden soll, ist jetzt Aufgabe der Kirchanschöringer selbst. In einem Bürger-Rat erarbeiten 16 zufällig ausgewählte Personen zukunftstaugliche Wohnkonzepte. Soziale Begegnungsräume, bezahlbarer Wohnraum und ökologisches Bauen sei den Menschen in der Projektgruppe sehr wichtig, berichtet die Nachhaltigkeits-Expertin Heide Schuster, die das Projekt als Nachhaltigkeits-Expertin fachlich begleitet.
Kompakt und gemeinschaftlich
Das neue Wohngebiet stellt sich die Architektin kompakt und mit vielen Mehrfamilienhäusern vor. "Mit viel Frei- und Gemeinschaftsfläche, auch Häuser, in denen man in Gruppen wohnen kann“, sagt sie. Das Bürgerbeteiligungsprojekt wird hauptsächlich vom bayerischen Amt für Ländliche Entwicklung finanziert. Die Ergebnisse sollen dem Gemeinderat Anfang 2022 die tatsächlichen Bedarfe und Wünsche der Gemeindemitglieder aufzeigen und in die Bauleitplanung einfließen.
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