Eltern stehen diskutierend vor einer Schule.
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Empörte Eltern vor dem Scharrer-Gymnasium: Ihre künftigen Fünftklässler wurden abgelehnt. Warum, das wissen sie nicht.

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Kein Platz am Wunsch-Gymnasium: Empörung in Nürnberg

Eltern mit künftigen Fünftklässlern wählen sorgfältig aus, auf welches Gymnasium ihr Kind nach der Grundschule gehen soll. Die Stadt Nürnberg jedoch verweigert vielen Schülern ihr Wunsch-Gymnasium. Das sorgt für Enttäuschung und Empörung.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Vor dem Nürnberger Johannes-Scharrer-Gymnasium stehen erboste Eltern. Alle haben am Vortag Briefe mit einer Hiobsbotschaft erhalten: Ihre Kinder dürfen nicht auf das von ihnen gewählte Gymnasium gehen. Dabei haben sich alle im Vorfeld intensiv Gedanken gemacht. Kinder und Eltern besuchten Infoabende, bei denen sich die Schulen präsentierten, und wählten daraufhin eines aus. Jetzt die bittere Enttäuschung: Es wird nichts mit dem Lieblingsgymnasium. Eine Begründung wird in dem Schreiben nicht gegeben, erzählt Mutter Nicole Hübscher. "Wir wissen nicht, was die Gründe dafür sind, wonach entschieden wurde, wer auf die Schule darf und wer nicht."

  • Zum Artikel Kein Platz an Gymnasien in Nürnberg: Kinder müssen ins Umland

Kinder sitzen weinend zu Hause

Die Familien, die an diesem Morgen zusammenstehen, hatten sich für das Johannes-Scharrer-Gymnasium entschieden, auch weil es einen wirtschaftlichen Zweig hat. Das würde ihren Kindern liegen, erzählen die verärgerten Eltern. Aber die Stadt sagt Nein. Sie hätten sich die Entscheidung für eine Schule nicht leichtgemacht, erzählt Vater Christian Jäger. Umso größer sei jetzt die Enttäuschung seines Sohnes. "Wir haben mehrere Gymnasien angeschaut und haben uns bewusst für das Scharrer-Gymnasium entschieden, weil wir gedacht haben, dass ist von der Ausbildung und von den verschiedenen Möglichkeiten, die man hier hat, das Passende für unseren Sohn." Auch Mutter Carla Dias ist aufgebracht. "Mein Sohn ist sehr traurig, er wollte von Anfang an auf eine Wirtschaftsschule. Er will auf das Scharrer. Er hat keine andere Schule im Kopf, und jetzt weint er und ist traurig."

Statt Schwerpunkt Wirtschaft ein musisches Gymnasium?

Im Schreiben der Stadt sind andere Gymnasien aufgeführt, an die sich die Eltern wenden könnten. Die aber haben nicht unbedingt den Schwerpunkt, den sich Kinder und Eltern wünschen. Vater Holger Herdegen kann es nicht fassen. "Jetzt wird unserem Sohn ein musisches Gymnasium angeboten“, berichtet er. "Das würde er nie machen, er müsste erstmal ein Instrument lernen, das kann er nicht und das interessiert ihn auch nicht." Auch ein humanistisches Gymnasium, auf dem er Altgriechisch lernen soll, wolle er nicht. Es werde überhaupt nicht berücksichtigt, was die Kinder könnten und wo sie sich gut aufgehoben fühlten, meint der Vater. Das sei den Kindern gegenüber respektlos. Außerdem versteht er nicht, wieso sie bei so vielen Infoabendenden der verschiedenen Gymnasien waren. "Das hätten wir uns alles sparen können", findet auch Holger Herdegen. Sein Sohn habe gedacht, er könne sich für eine Schule entscheiden. "Jetzt weiß er nur, er soll auf ein Gymnasium, das er nicht mag."

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Das Scharrer-Gymnasium in Nürnberg.

Eltern fühlen sich von Stadt unter Druck gesetzt

Die Eltern sind sauer – auch, weil die Stadt Nürnberg die Gründe für die Ablehnung nicht offenlegt. Der Elternbeiratsvorsitzende am Scharrer-Gymnasium, Oliver Röder, kann ihnen das ebenfalls nicht erklären. Nach seinen Angaben gehen aktuell 1.200 Kinder auf das "Scharrer". Es seien aber auch schon 1.500 gewesen. "Allein diese Zahl dokumentiert schon, dass es ausreichend Platz gibt."

Auch chronisch erkrankte Kinder wurden abgelehnt

Nicht nur am Scharrer-Gymnasium wurden reihenweise Kinder abgelehnt. Selbst Schülerinnen und Schüler, die zum Beispiel wegen chronischer Erkrankungen auf kurze Schulwege angewiesen sind, haben nicht in allen Fällen einen Platz an der gewünschten, in solchen Fällen also nächstgelegenen Schule erhalten. Sie müssen jetzt einen deutlich längeren und umständlicheren Schulweg bewältigen – eine Belastung für ein krankes Kind. Auf Nachfrage teilte die betreffende Schule einer Mutter mit, sie möge sich mit ihrem Anliegen an "eine höhere Stelle" wenden.

Kaum Zeit für Neuanmeldung

Darüber hinaus ist die Frist für eine Neuanmeldung an einem anderen Nürnberger Gymnasium sehr kurz. Schon bis Montag müssen sich die Eltern für eine andere Schule entscheiden. Gabi Herdegen ist fassungslos. „Da wird doch ein totaler Druck auf uns Eltern ausgeübt. Am Donnerstagnachmittag kriegen wir die Absage. Nur noch am Freitag können wir das Originalzeugnis aus der Schule holen, übers Wochenende sollen wir uns jetzt irgendwie für eine Schule entscheiden.“

Eltern wollen Schulabsage nicht akzeptieren

Einige Familien überlegen bereits, juristisch gegen die Entscheidung der Stadt vorzugehen. Die Absage wollen sie jedenfalls nicht hinnehmen.

Die Nürnberger Schulreferentin Cornelia Trinkl (CSU) hat sich auf Anfrage des Bayerischen Rundfunks bislang nicht zu den Beschwerden der Eltern geäußert. Sie will am Dienstag eine Stellungnahme abgeben.

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