Ein Mann schüttet K.o.-Tropfen in ein Glas (Symbolbild)
Bildrechte: picture alliance / dpa | Achim Scheidemann

Kostenlose K.o.-Tropfen-Tests sollen Opfern helfen und die Dunkelziffer ermitteln.

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Kampf gegen K.o.-Tropfen: Pilotprojekt gestartet

Seit Januar kann man sich in Notaufnahmen in Ulm und Neu-Ulm auf K.o.-Tropfen testen lassen. Die kostenlose Untersuchung soll Betroffenen helfen, auch vor Gericht. Ziel des Projekts ist es außerdem, die tatsächlichen Opferzahlen herauszufinden.

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Die Täter mischen, meist unbemerkt, ihren Opfern farb- und geruchslose K.o.-Tropfen ins Getränk, um sie willenlos oder wehrlos zu machen und sie dann sexuell zu missbrauchen. Ein deutschlandweit einzigartiges Pilotprojekt in der Doppelstadt Ulm/ Neu-Ulm will nun gegensteuern.

K.o.-Tropfen nur kurz nachweisbar

Das Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Ulm verfolgt mit anderen Krankenhäusern wie dem Donauklinikum in Neu-Ulm ein Ziel: Sie wollen feststellen, ob einer Person K.o.-Tropfen wie Liquid Ecstasy oder Ketamin verabreicht wurden. Denn entsprechende Substanzen baut der Körper schnell ab. Bis Betroffene einen klaren Kopf bekommen und sich die Frage stellen, ob ihnen jemand etwas ins Glas getan haben könnte, sind entsprechende Stoffe oft nicht mehr nachweisbar.

Landen Patienten in einer Notaufnahme, wird ihr Blut- oder Urin nicht routinemäßig auf K.o.-Tropfen hin untersucht – auch eine Kostenfrage. Das baden-württembergische Sozialministerium stellt für das Projekt nun 375.000 Euro zur Verfügung. Doch was haben die Betroffenen davon?

Im Zentrum steht die psychologische Hilfe. Denn Betroffene können posttraumatische Belastungsstörungen entwickeln, selbst wenn sie sich an einen Übergriff oder Vorfall nicht mehr erinnern. Die Zusatzuntersuchung soll den Opfern aber auch juristisch weiterhelfen, weil sie vor Gericht verwertbar ist. "Unsere Mission ist es, nicht nur die Versorgung von Betroffenen zu optimieren, sondern auch die Umstände dieser Vorfälle bestmöglich aufzuklären. Denn Vorfälle mit K.o.-Tropfen haben nicht nur kurzfristige Auswirkungen, sondern können auch langfristige Folgen für die Opfer haben und diese jahrelang begleiten", erklärt Sebastian Kunz, Ärztlicher Direktor des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Ulm.

Wissenschaftler befürchten hohe Dunkelziffer

Mit dem Projekt "Kampf dem K.O." erhoffen sich die Beteiligten aber auch Daten. Denn bislang gibt es weder lokal noch bundesweit eine fundierte statistische Erhebung über Geschädigte. Experten gehen davon aus, dass die Dunkelziffer weitaus höher liegen dürfte, als die wenigen Fälle, die jedes Jahr beispielsweise bei der Rechtsmedizin in Ulm landen. Das Pilotprojekt soll das wahre Ausmaß des Problems erfassen, um gegebenenfalls mit Präventionsmaßnahmen und Aufklärungskampagnen gegenzusteuern.

Nach dem Start in den Notaufnahmen ist geplant, entsprechende Tests auch in Nachtclubs anzubieten. Patienten, die keine Soforthilfe einer Notaufnahme brauchen, sollen sich an die Gewaltopferambulanz wenden.

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