Auf einem Tisch stehen mehrere Schalen mit Pommes, Salat, Käse, Oliven und Datteln.
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Nach Sonnenuntergang darf geschlemmt werden, beim sogenannten Fastenbrechen.

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Islamisch Fasten: Würzburger Studierende probieren es aus

30 Tage lang verzichten gläubige Muslime tagsüber auf Essen und Trinken. So ist die Regel, einmal im Jahr im Fastenmonat Ramadan. Eine junge Muslima, die in Würzburg studiert, hat ihre Kommilitoninnen motiviert, mitzumachen. Ein Erfahrungsbericht.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Franken am .

"Dieses Jahr ist mir das Fasten nicht so leicht gefallen", sagt Mariam Kahloul. Die 27-jährige Muslima studiert in Würzburg Diversitätsmanagement. "Das liegt sicher zum Teil an Corona." Sie sei in den vergangenen Monaten weniger unterwegs gewesen, sei dadurch körperlich weniger ausdauernd und die psychische Komponente dürfe man auch nicht vergessen.

Trotzdem hat sie im Ramadan heuer wieder 30 Tage lang tagsüber auf Essen und Trinken verzichtet. Die spirituelle Erfahrung, während das normale Leben weitergeht, sie arbeiten geht, Sport macht, sich mit Freundinnen trifft, empfindet Mariam als Bereicherung. "Man muss in dieser Zeit gut auf sich acht geben. Dadurch verändert sich die Wahrnehmung. Das tut gut."

Spirituelle und körperliche Erfahrung für Studierende

Mehr auf sich selbst achten. Achtsam sein. Eine Erfahrung, die sie gerne mit anderen teilen wollte. Erstmal einfach als rein körperliche Erfahrung. In ihrem Masterstudiengang Diversitätsmanagement fanden sich Mitstreiterinnen. So etwa Linda Mahler und ihr Mann Tim-David: "Dieses oberflächliche Eintauchen war für mich ein guter Schritt, um das unvoreingenommen auszuprobieren und daran teilhaben zu dürfen, das war schön."

Positive Reaktionen auf Ramadan-Erstis

Linda kam während dieser Zeit mit Freunden und Kolleginnen ins Gespräch – die meisten Reaktionen: positiv neugierig. "Ich glaube, es wäre eine andere Reaktion gewesen, wenn ich gesagt hätte, dass ich das nicht als Experiment, sondern aus religiöser Überzeugung mache." Stimmt, sagt Mariam. Darauf reagieren Menschen weniger bewundernd. Die meisten Muslime reden deshalb nicht so gerne übers Fasten. Weil sie Angst haben vor Diskriminierung. Dabei gehört der Ramadan für viele selbstverständlich zu ihrem Glauben dazu. Er ist einer der fünf Säulen des Islam.

Gemeinschaftsgefühl gibt Kraft

Vor allem der familiäre und soziale Aspekt spielten eine große Rolle, sagt Mariam. Das gemeinsame Fasten, aber auch das allabendliche Fastenbrechen schaffe Zusammenhalt. "Man trifft sich abends in der Moschee, betet, isst. Das Gemeinschaftsgefühl, das dabei entsteht, motiviert."

Fünf Mal täglich beten

Davon beflügelt halte man die 30 Tage dann auch gut durch. Linda und Tim-David haben es zumindest fünf Tage lang ausprobiert. "Ich denke, wir hätten es länger geschafft", sagt Linda. Aber ohne die religiöse Überzeugung fehle der Durchhaltewille und die konsequente Haltung. Beim Beten haben die beiden Ramadan-Erstis aber trotzdem mitgemacht. Linda ist zwar gläubige Christin, aber fünf Mal am Tag beten – "da haben wir recht schnell gemerkt, da geht einem ein bisschen der Gesprächsstoff für das Gebet zu Gott aus."

Fazit: Fasten im Christentum weniger gemeinschaftlich

Umso dankbarer ist sie, die Erfahrung jetzt gemacht zu haben. Über den Tellerrand der eigenen Religion hinaus geblickt zu haben. "Bei uns in der christlichen Fastenzeit ist es ja so, dass man Social Media, Schokolade oder Rauchen fasten kann. Und viele fasten gar nicht. Im Islam ist es ganz klar: Alle fasten, alle machen das gleiche. Alle leiden miteinander – aber feiern auch miteinander."

Sich verbunden fühlen. Das nehmen Linda und Tim-David aus ihrem Fastenmonat-Experiment mit. Ob sie nochmal mitmachen? "Ich kann es mir vorstellen, wenn man als Gruppe gemeinsam fastet." Für Mariam hingegen ist es selbstverständlich zu fasten. Ob alleine oder mit anderen.

💡 Was ist Ramadan?

Während Ramadan verzichten muslimische Menschen 30 Tage lang von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang auf eine Reihe von Dingen: Essen, Trinken, Rauchen und Geschlechtsverkehr sind untersagt. Fastende Menschen sollten außerdem auf schlechte Gewohnheiten wie Fluchen, Lästern etc. verzichten. Es geht unter anderem darum, dass man sich mit der eigenen Spiritualität beschäftigt. Viele Muslime nutzen den Fastenmonat, um sich intensiv mit dem Koran auseinanderzusetzen. Meist finden in muslimischen Gemeinden "Mukabele-Runden" statt – also gemeinsame Koranlesungen, um die Verse besser zu verstehen.

Nicht alle Muslime fasten. Für manche ist das Fasten sogar untersagt – zum Beispiel für Kranke, Schwangere oder Kinder. Auch Reisende können, während sie unterwegs sind, eine Pause einlegen und Nachfasten. Außenstehende haben manchmal den Eindruck, dass Ramadan sehr anstrengend ist. Doch in der Regel freuen sich die meisten Muslime auf die Fastenzeit, da der Ramadan im Islam als gesegnete Zeit gilt. Nach 30 Tagen wird dann das Zuckerfest gefeiert.

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