Männer und Frauen mit iranischen Flaggen bei einer Demonstration in Nürnberg.
Bildrechte: BR/Ina Schwandner

Die Iranerin Saghar Kia (2. v. r.) und ihr Mann bei einer Demo in Nürnberg. Hier hat sie eine neue Heimat und einen neuen Glauben gefunden.

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"Ich will frei leben": Iranerin findet Heimat in Nürnberg

Saghar Kia ist angekommen in Deutschland. In Nürnberg. In der Freiheit. Im Iran litt sie unter dem frauenfeindlichen Regime, wurde zwangsverheiratet und floh. In Franken hat sie nicht nur eine Heimat, sondern auch einen neuen Glauben gefunden.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Saghar Kia steht in ihrer Küche und macht sich einen Kaffee. Dabei erzählt sie ihre Geschichte. Ihre langen, dunklen Haare trägt sie offen. Saghar Kia wächst in der Nähe von Teheran auf. Kurz vor ihrem Abitur wird sie zwangsverheiratet. Mit gerade mal 16 Jahren, mit einem streng religiösen Mann. "Irgendwie war ich immer wieder in der Situation, dass ein Mann über mir stand und für mich entscheidet," sagt die inzwischen 34-Jährige.

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Frauen ohne Rechte im Iran

Saghar Kia leidet sehr unter dem frauenfeindlichen Islamischen Regime im Iran. Aus dem Kopftuch darf keine Haarsträhne rausschauen. Der Mantel muss lang sein. Sie fühlt sich als Mensch zweiter Klasse und darf nicht sagen, was sie denkt. "Du hast kein Recht selbst zu entscheiden. Ob du arbeiten darfst, ob du studieren darfst, ob du ins Ausland reisen darfst, für alles brauchst du die Erlaubnis von einem Mann", erklärt sie.

Die junge Frau will sich das nicht gefallen lassen. Ihr Handy wird ihr Tor zur Welt. Dank Internet sieht sie, dass Frauen in anderen Teilen der Welt frei sind. "Das war eine innerliche Revolution in mir. Ich habe gesehen, dass es anders geht", erinnert sie sich.

"Ich habe auch Rechte, ich bin auch ein Mensch. Ich kann für meinen eigenen Körper entscheiden. Wie ich mich verhalte, was ich denke, was ich sage. Im Iran aber war das nicht möglich." Saghar Kia

Flucht in die Freiheit

Mit 20 wird sie Mutter. Danach trennt sie sich von ihrem Mann, will sich scheiden lassen. Doch auch das darf sie nicht. Der Umgang mit ihrer Tochter wird ihr verboten. Das ist der Punkt, an dem Saghar Kia sagt: "Nein. Ich will auch frei leben, und ich will auch Mama sein."

2017 flieht sie zusammen mit ihrer Tochter. Schleuser bringen die beiden nach Deutschland. Die beiden wohnen nun mit Saghar Kias zweitem Mann in Nürnberg. Auch er ist aus dem Iran geflohen – das war schon 2010, weil er als Christ wegen seines Glaubens in Gefahr war.

Sehnsucht nach Freiheit ist im Iran stark

Gemeinsam verfolgen Saghar Kia und ihr Mann über die sozialen Medien nun die Proteste im Iran. Das Schicksal und der Mut ihrer Landsleute geht ihnen ans Herz. "Diese Sehnsucht nach Freiheit jetzt ist so stark, man kann das fühlen und man kann all die Wut und die Trauer und die mutigen Menschen sehen in den Bildern", sagt Kia, während sie bei Instagram die Videos der jüngsten Proteste anschaut. Ihr Mann erklärt: "Wir sind für sie da und geben unser Bestes, dass sie wirklich gehört werden. Mit genügend Druck aus dem In- und Ausland ändert sich vielleicht was."

Bei allen Demos dabei

Und deshalb gehen Saghar Kia, ihr Mann und viele ihrer Freundinnen und Freunde in Nürnberg auf die Straße. Sie demonstrieren für Freiheit im Iran. Denn hier in Deutschland dürfen sie ihre Meinung frei äußern, ganz ohne Angst.

"Ich will den Menschen im Iran sagen: Wir stehen an eurer Seite, wir sind eure Stimme. Wir wollen auch unsere Solidarität zeigen und auch die Menschen im Ausland darauf aufmerksam machen, was im Iran passiert." Saghar Kia

Die Menschen im Iran bräuchten dringend Hilfe und die Solidarität der Menschen in anderen Ländern, sagt Kia.

Saghar Kia fühlt Frieden im Herzen

Inzwischen ist Saghar Kia als Flüchtling anerkannt. Sie hat eine Ausbildung zur Pflegefachkraft gemacht und studiert nun an der Evangelischen Hochschule in Nürnberg. Denn ein paar Monate nach ihrer Flucht ist sie zum Christentum konvertiert. Sie fühle jetzt Frieden in ihrem Herzen, sagt sie. In der Kirche hat sie auch ihren jetzigen Mann kennengelernt. Stolz lachend fügt sie hinzu: "Wir sind seit September verheiratet. Und ich durfte jetzt selbst ja sagen."

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