Symbolbild Cyberkriminalität: Die Tastatur eines Laptops spiegelt sich auf dem Bildschirm des Computers
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Karl-Josef Hildenbrand

In Unterfranken hat die Cyberkriminalität stark zugenommen. Insbesondere ein neuer Geldwäsche-Trick beschäftigt die Würzburger Polizei.

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Geldwäsche: Wie Opfer schnell selbst zu Tätern werden können

Die Cyberkriminalität in Unterfranken ist stark gestiegen. Insbesondere ein neuer Geldwäsche-Trick beschäftigt die Polizei hier: Immer wieder fallen Menschen auf angebliche Jobangebote herein und werden damit zu Opfern. Und manchmal sogar zu Tätern.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Der jüngste Bericht zur Sicherheitslage in Unterfranken weist aus, dass im Internet zuletzt so viele Verbrechen verübt wurden wie seit zehn Jahren nicht mehr. Um mehr als 30 Prozent ist die Cyberkriminalität in Unterfranken demnach angestiegen. Wobei die Polizei in Würzburg ein Trick besonders beschäftigt: Immer wieder "beißen" Gutgläubige auf Angebote an, die gutes Geld für leichte Arbeit versprechen.

Auch die Würzburgerin Johanna Hoffmann wurde zu einem Opfer dieser Betrugsmasche. Sie suchte einen kleinen Nebenjob und fand im Internet einen Hinweis auf eine einfache Bürotätigkeit. Am Ende wurde sie selbst wegen Geldwäsche angezeigt.

Vorsicht mit Weitergabe von Personalien

"Die Webseite des Anbieters wirkte auf mich sehr seriös, es gab dort schöne Bilder von Menschen in Büros", erläutert sie. Auf ihre Anfrage hin wurde ein Kontakt über WhatsApp angeboten. "Dort war das Profilbild ebenfalls sehr schick." Auch die Kommunikation verlief freundlich – und deshalb machte die Würzburgerin einen fatalen Fehler.

"Ich bin sehr leichtsinnig mit meinen Personalien umgegangen", blickt sie selbstkritisch zurück, "denn ich habe mich mit meinem Personalausweis auf Beta-Versionen von Identifikationsprogrammen identifiziert und dadurch meine Personalien weitergegeben."

Plötzlich eine Anzeige wegen Geldwäsche

Johanna Hoffmann sollte Programme für Betrüger testen und darüber Berichte verfassen. Als sie ein paar Wochen später einen Arbeitsvertrag anforderte, brach der Kontakt jedoch abrupt ab. Auch weitere WhatsApp-Nachrichten und Anrufe von ihr blieben ohne Antwort.

Stattdessen erhielt die Würzburgerin ein knappes Jahr später einen Brief der Polizei. Dort war eine Anzeige gegen sie eingegangen. Erstattet von einem Arzt in Berlin, der 30.000 Euro von ihr forderte.

Name der Würzburgerin für Konten missbraucht

Diese Summe hatte er in Geldanlagen investiert. Und dieses Geld floss über ein Konto, das auf Johanna Hoffmanns Namen lief. Während des Kontaktes mit ihr hatten Kriminelle bundesweit mehrere Konten in ihrem Namen eröffnet.

Über diese Konten floss nicht nur das Geld des Mediziners aus der Bundeshauptstadt, sondern auch Beträge von weiteren Betrugsopfern. Gegen die Frau aus Würzburg bestand somit der Verdacht, Geldwäsche begangen zu haben.

Fake-Plattformen mit hohen Gewinnversprechen

Die Opfer fielen auf gefälschte Handels-Plattformen von Kriminellen herein. Dort werden Fake-Kurse für Geldanlagen vorgegaukelt. Gehandelt wird angeblich mit allem, was gute Erträge verspricht: Aktien, Dollars, Gold, Krypto-Währungen.

Diese Plattformen erwecken den Anschein von professionellem Trading. Vermeintlich steigende Kurven sollen signalisieren, dass große Gewinne möglich sind. Zwar sind die Versprechen völlig unrealistisch, trotzdem schöpfen Anleger oft keinen Verdacht.

"Das liegt auch an den niedrigen Zinsen für Geldanlagen", erklärt Wirtschaftskriminalist Johannes Heil: "Wer von seiner Bank lediglich 0,5 Prozent Zinsen angeboten bekommt, sieht sich nicht selten im Internet um und stößt dort auf mögliche Renditen von 20 Prozent, das hält mancher für interessant und lohnend."

Verluste bis in Millionenhöhe

Solche Angebote locken nicht nur Geringverdiener an. "Auf Betrüger fallen sowohl Studenten und Rentner herein als auch der Vorstandschef eines mittelständischen Unternehmens", so Heil, "weder bei Alter noch Beruf gibt es eine bestimmte Grenze".

Der Betrug beginnt mit Kleinbeträgen, oft mit 250 Euro für eine Erstanlage. "Damit wird getestet, ob ein Kunde gewillt ist, zu investieren", sagt der Würzburger Polizist. Daraus entwickelten sich bereits Fälle mit einem Schaden von mehr als einer Million Euro.

Gefangen im Geldwäschenetz

Noch schlimmer: Im Lauf ihrer Investitionen werden die Betrugsopfer nicht selten selbst zu Tätern. "Denn sobald Kriminelle merken, dass ihr Opfer kein Geld mehr hat, legen sie es darauf an, seine Konto-Verbindung zu nutzen", sagt Johannes Heil. "Und über dieses Konto laufen dann auch Gelder aus anderen Straftaten, wodurch sie in den legalen Finanzkreislauf eingeschleust werden."

Um an diese fremden Konten zu kommen, suggerieren die Kriminellen den Anlegern, dass sie ihr verlorenes Geld zurückbekommen. Zu diesem Zweck wollen sie ihnen einen bestimmten Betrag leihen. Geht ein Opfer darauf ein, wird Geld auf das Konto des Betrogenen überwiesen, das er an andere und meist ausländische Konten weiterleiten oder in Krypto-Währung umtauschen soll.

"Doch damit handelt er als Geldwäscher für die Täter im Hintergrund, die auf diese Weise ein Geldwäschenetz aufbauen", warnt Johannes Heil nachdrücklich.

"Betrugsindustrie": Unternehmen mit Marketingabteilung

Die Kriminellen gehen äußerst geschickt vor und wirken motivierend auf ihre Opfer ein, damit sie immer weiter investieren – und am Ende sogar ihre Konto-Verbindung zur Verfügung stellen.

Zudem haben sie dafür eine eigene "Industrie" aufgebaut. "Solche Täter betreiben nicht selten Wirtschaftsunternehmen, die wie normale Firmen geleitet werden und sogar eigene Marketingabteilungen oder Call-Center betreiben", so Heil.

Angebliche Eignungsprüfung per Whatsapp

Schriftliche Kontakte mit den Opfern, etwa über WhatsApp, werden "menschlich" formuliert. In solchen Fällen offeriert zum Beispiel eine gewisse "Anna" von einer Scheinfirma namens "Perbit Recruitmanagement Deutschland" freie Vollzeit- oder Teilzeitstellen.

Daraufhin sollen Interessenten prüfen, ob sie die Voraussetzungen für einen Job erfüllen: Mindestalter, Wohnsitz in Deutschland. Und eigenes Bankkonto – für das angebliche Gehalt.

Schließlich wird in Aussicht gestellt, dass sich alsbald eine "zuständige Person" melden wird, um Details über den Job und das "Gehaltspaket" vorzustellen. "Behalten Sie WhatsApp im Auge und haben Sie ein schönes Leben", schließen solche Nachrichten zuweilen sehr zynisch.

Schutz vor Betrug: Ratschläge der Polizei

Um Betrügern nicht Tür und Tor zu öffnen, rät die Polizei grundsätzlich:

  • Bei hohen Zinsversprechen immer beachten, dass niemand etwas zu verschenken hat.
  • Kein Leihgeld für hochriskante Anlagen oder Spekulationen annehmen.
  • Niemals anderen die eigene Konto-Verbindung zur Verfügung stellen.
  • Und: niemals Konten für andere eröffnen.

Den letzten Punkt – die Eröffnung von Konten für andere – sieht die Polizei zuletzt häufiger: "Dieses Phänomen beobachten wir seit einiger Zeit", so Kriminalist Heil. Kriminelle täuschen dafür vor, dass sie selbst kein Konto eröffnen können, weil sie ihren Sitz angeblich im Ausland haben.

Angebliche Kontotestung für Firma

Opfern wird auch aufgetischt, dass sie für eine Firma testen sollen, wie einfach es ist, ein Konto zu eröffnen. Darüber sollen sie berichten, wobei Daten, die dabei erfasst werden, umgehend wieder gelöscht würden. Tatsächlich werden sie aber – wie im Fall der Würzburgerin Johanna Hoffmann – dafür verwendet, Konten einzurichten und über den Namen des Opfers Betrug und Geldwäsche zu betreiben.

Die Chance, diese Täter zu erwischen, ist laut Polizei gering: "Häufig haben sie ihren Sitz im Ausland, was einen hohen Ermittlungsaufwand erfordert", so Heil. Trotzdem sei es bereits gelungen, solche Call-Center und Plattformen auszuheben. In einem aktuellen Fall gelang es, den Betreiber eines Geldwäsche-Netzwerks in Würzburg zu ermitteln und vor Gericht zu bringen.

Seltenes Glück: Verfahren gegen Würzburgerin eingestellt

Einer hochprofessionellen Firma war auch Johanna Hoffmann auf den Leim gegangen. Weil gegen sie der Verdacht der Geldwäsche bestand und damit auch die Schadenersatzforderung aus Berlin, nahm sie sich einen Anwalt. Er vertrat ihre Interessen gegenüber der Staatsanwaltschaft.

Zu ihrem Glück hatte sie ihre Chatverläufe mit den Betrügern gespeichert, ebenso die Berichte über ihre Arbeit für die Kriminellen. "Weil ich diese Dokumentation besaß und der Polizei übergeben konnte, wurde das Verfahren eingestellt", erinnert sich Johanna Hoffmann spürbar erleichtert.

Zudem flossen über ihr eigenes Konto nur geringe Beträge. So nahm man ihr ab, dass sie gutgläubig handelte – als Opfer. Anders hätte es ausgesehen, wenn größere Beträge auf dieses Konto überwiesen worden wären. Dann hätte sie misstrauisch werden müssen – und wäre wohl wie eine Täterin behandelt worden. Denn laut Polizei ist Johanna Hoffmann eher die Ausnahme: "Nur eine von 1.000 Betroffenen" käme "bei solch einem Betrugsfall so glimpflich davon".

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