Die katholische Kirche von Dettingen
Bildrechte: BR/Kai Asmussen

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Erste moderne Kirche Deutschlands feiert 100-jähriges Jubiläum

Der Karlsteiner Ortsteil Dettingen hat Grund zu feiern: Die Kirche St. Peter und Paul ist 100 Jahre alt. Sie gilt als erste moderne Kirche Deutschlands. Mit ihrer außergewöhnlichen Form und expressionistischen Malerei setzte sie neue Maßstäbe.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Ein außergewöhnlicher Kirchenbau feiert im Karlsteiner Ortsteil Dettingen in diesem Jahr hundertjähriges Jubiläum. "Sowas wie diese Kirche – architektonisch gibt es sie kein zweites Mal, malerisch gibt es sie kein zweites Mal", sagt der Theologe Michael Pfeifer, der in Dettingen aufgewachsen ist und die Feierlichkeiten fürs Jubiläumsjahr organisiert hat. Die erste moderne Kirche in Deutschland nennt sie der Kunsthistoriker Hugo Schnell. Mitten in der damaligen Hochinflationszeit wagte der junge kunstsinnige Pfarrer Hugo Dümler 1923 einen Kirchenbau, wie es ihn noch nie zuvor gegeben hatte. Wie eine Burg steht sie mitten im Ort.

Architekt schlug beim Kirchenbau neue Wege ein

Während der basilikale Grundriss noch traditionell wirkt, ist schon der Portalturm von St. Peter und Paul ein echter Hingucker. Michael Pfeifer, Referent für Liturgische Bildung in der Diözese Würzburg, erklärt die Besonderheiten des Gotteshauses: "Ein Turm mit Zinnen und einer mittigen Fiale (Red.: schlankes Ziertürmchen) , das Ganze aus rotem Mainsandstein, Ziegelbänder dazwischen – dass der Baumeister den ganzen Bau der Dreiecksform unterwirft, ist schon außergewöhnlich. Wenn man bedenkt, vor 100 Jahren hat man noch deutlich traditioneller gebaut."

Expressionismus im Kircheninneren

Doch viel skandalträchtiger war die Kunst, die Pfarrer Dümler ins Kirchenschiff Einzug halten ließ – mit dem expressionistischen Künstler Reinhold Ewald aus dem benachbarten Hessen. "Expressionismus in der Kirche war nicht nur außergewöhnlich, es war ein regelrechter Skandal", erklärt Pfeifer und fährt fort: "Der Bischof, der die Kirche eingeweiht hat, hat dafür gesorgt, dass die Malerei erstmal gestoppt wurde. Es gab sogar Korrekturen, die der Maler anbringen musste: Der Engel der Verkündigung hatte danach keinen schönen Hüftschwung mehr, sein Gewand musste aufgemalt werden... Solche Sachen eben." Hinzu kam: Ewald war nicht nur ein expressionistischer Künstler, sondern auch ein Protestant, der in der vor-ökumenischen Zeit eine katholische Kirche ausmalte – mit 14 monumentalen, farbintensiven Fresken. Die Ausmalung durch Reinhold Ewald macht die Kirche zu einem expressionistischen Gesamtkunstwerk.

Besonderes Musikstück fürs Jubiläum komponiert

Gemeindemitglied Siegfried Beck, der die Pfarrkirche seit über 70 Jahren besucht, entdeckte sie völlig neu im Rahmen der Feierlichkeiten fürs Jubiläumsjahr. Während das Interesse in Dettingen selbst eher mäßig ist, seien es viele Auswärtige – auch aus dem Raum München, Würzburg und dem benachbarten Hessen – die die Kirche besuchten.

Speziell fürs Jubiläumsjahr ist auch das "Dettinger Kyrie" entstanden, komponiert vom deutschen Kirchenmusiker Thomas Gabriel. Georg Friedrich Händel komponierte im 18. Jahrhundert das Dettinger Te Deum anlässlich der erfolgreichen Schlacht vor den Toren der Gemeinde gegen die Franzosen. Das Dettinger Kyrie dankt einem jungen kunstsinnigen Pfarrer, der vor 100 Jahren die erste moderne Kirche Deutschlands bauen ließ.

Feierlichkeiten zum Kirchen-Geburtstag

Mit zwei Festgottesdiensten feiert die Pfarrei Dettingen das hundertjährige Jubiläum ihrer Pfarrkirche St. Peter und Paul. Am Patronatsfest am Donnerstag beginnt um 19 Uhr eine feierliche Wort-Gottes-Feier. Hierbei wird Thomas Gabriels "Dettinger Kyrie" uraufgeführt. Der Festmesse zu Kirchweih am Sonntag, 2. Juli um 9.30 Uhr wird vom emeritieren Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann zelebriert. Die Ausstellung zum Jubiläum im Karlsteiner Heimatmuseum ist nach dem Gottesdienst und von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

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