Florian Herrmann, CSU, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei
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Energiepolitik: "Ohne ideologische Verblendungen"

Seit Tagen geistert das Reizwort Fracking durchs Land – aufgebracht durch Ministerpräsident Söder. Wie ernst es die CSU damit meint, erklärt Staatskanzleichef Herrmann im Interview mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Bayern importiert mehr Gas aus Russland als andere Bundesländer. Wegen Deutschlands Abhängigkeit will Markus Söder prüfen lassen, ob hierzulande mehr fossile Energie erzeugt werden kann - notfalls auch mit der in Deutschland verbotenen Fracking-Technologie zur Gasgewinnung. Staatskanzleichef Florian Herrmann unterstreicht dazu im Interview mit dem BR Politikmagazin Kontrovers: "Es geht ja in erster Linie darum, dass wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, um diese starke Abhängigkeit von russischem Gas zu überwinden. Da darf man eben nicht von vornherein ideologisch irgendetwas ausschließen. Sondern man muss offen sein - natürlich unter Berücksichtigung aller technischen Aspekte und aller Fragen, die sich da anschließen."

Fracking auch in Bayern?

Die Fracking-Technologie ist in Deutschland für die meisten Bürger und Politiker ein rotes Tuch. Noch 2014 sagte auch der damalige bayerische CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer über entsprechende Pläne in der Oberpfalz: "Fracking wird es in Bayern nicht geben. Darauf können sie sich verlassen." Zu groß waren und sind bei vielen die Ängste vor Umweltschäden wie der Verunreinigung des Grundwassers durch das Einbringen von Chemikalien bei der Fracking-Methode. Auch beim Koalitionspartner in Bayern, den Freien Wählern. Doch CSU-Politiker Herrmann gibt zu bedenken, dass man bei der aktuellen Diskussion über neue Gas-Lieferanten in ein Glaubwürdigkeitsproblem hineinlaufen würde: "Jeder redet momentan davon, von der russischen Abhängigkeit wegzukommen. Beispielsweise dadurch, dass wir mehr LNG, also Liquified Natural Gas, aus den USA importieren. Dabei wird häufig übersehen, dass es sich um Erdgas handelt, das auch durch Fracking entstanden ist." Vielmehr wünscht er sich eine Offenheit und dass man ohne Scheuklappen an die Diskussion herangehe. "Es geht einfach darum, dass man ohne ideologische Verblendungen bestimmte Dinge von vornherein ausschließt", so Herrmann im Interview mit Kontrovers.

Doch aus dem eigenen Kabinett kommt Widerspruch. Erst vor ein paar Tagen betonte Umweltminister Thorsten Glauber, Freie Wähler: "Bayern hat Fracking aus gutem Grund untersagt." Fracking sei der falsche Weg.

Enger rechtlicher Rahmen des Bundes

Der mögliche Einsatz von Fracking zur Förderung von heimischen Gasvorkommen soll von den Befürwortern offenbar als sogenannte Brückentechnologie verstanden werden bis die erneuerbaren Energien soweit ausgebaut sind, dass sie den Bedarf von Industrie und Haushalten decken. Doch in der Praxis gäbe es tatsächlich einige Hürden wie der Staatskanzleichef ausführt: "Es gibt ja klare rechtliche Vorgaben, bundesrechtliche Festlegungen, was erlaubt ist und was nicht. Rechtlich möglich sind die Durchführung verschiedener Erkundungs- und Forschungsprojekte. Und das sollte man in erster Linie tun."

Video: Gasförderung: Mit Fracking aus der Energiekrise?

Symbolbild: Fracking
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Symbolbild: Fracking

Atomkraft - verzögerter Ausstieg?

Auch der Vorstoß von CSU-Chef Söder in Anbetracht der starken Abhängigkeit von russischem Gas über Laufzeitverlängerungen von heimischen Atomkraftwerken nachzudenken, ist beim Bund auf taube Ohren gestoßen. Der Chef der Bayerischen Staatskanzlei verteidigt Söders Kurs im BR-Politikmagazin Kontrovers: "Es liegt ja eigentlich nahe, ein noch laufendes Kernkraftwerk nicht zum Ende des Jahres abzuschalten, sondern zumindest für einen gewissen Zeitraum von zwei bis drei Jahren noch laufen zu lassen, um nicht das Problem zu haben, dass wir in eine Stromknappheit geraten." Entscheidend dafür sei, dass es hierzu vom Bund bis Jahresmitte eine Entscheidung gäbe, so dass sich Atomkraftwerke wie Isar II darauf einstellen könnten.

Auch hier fordert Herrmann diese Art der Energiegewinnung nicht einfach ideologisch auszuschließen. Er schlägt vielmehr vor: "Einfach abwägen und sich gut überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, eine bewährte und funktionierende Energiequelle noch für die nächste Zeit einzusetzen." Angesichts des Angriffskrieges von Putin auf die Ukraine müsse die Frage unserer Energieversorgung kritisch reflektiert und eventuell revidiert werden.

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