Die meisten, die in der Warteschlange vor dem kommunalen Impfzentrum in Ainring stehen, sind für ihre Booster-Impfung gekommen. Doch eine Woche nach den verschärften Regelungen im Corona-Hotspot Berchtesgadener Land sind auch immer mehr Spätentschlossene unter ihnen. Sie haben bis vor ein paar Wochen abgewartet, erzählen sie. Entweder mangels Informationen, Unsicherheit über den Impfstoff oder aufgrund des Eindrucks, die Pandemie habe man über den Sommer in den Griff bekommen.
Rund 800 Erstimpfungen pro Woche
Der Andrang am kommunalen Impfzentrum und bei den Hausärzten in der Region ist aber nicht erst seit den Verschärfungen für Hotspot-Regionen gestiegen: Schon seit dem 10. November reißt die Warteschlange nicht ab. Der Leiter des Impfzentrums registriert inzwischen zunehmend Personen, die eine Erstimpfung haben wollen. "Wir machen etwa 700 bis 800 Erstimpfungen in der Woche", sagt Joachim Leßke. Demgegenüber stehen etwa dreieinhalbtausend Auffrischungsimpfungen pro Woche.
Trotzdem stehen noch viele in den beiden Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein dem Impfen skeptisch gegenüber. Nur 57 Prozent sind dort doppelt geimpft. Egal, wo man mit Menschen ins Gespräch kommt, für die neue Hotspot-Regelung ist zwar viel Verständnis da. Aber die Meinungen beim Thema Impfen gehen nach wie vor sehr auseinander, wie eine kurze Umfrage auf einem Supermarkt-Parkplatz zeigt. "Ich befürworte es, dass sich alte Menschen oder schon geschwächte Personen impfen lassen, aber ich sehe es nicht ein, mir als gesunder Mama so einen Impfstoff geben zu lassen", sagt eine junge Mutter von zwei Kindern. Andere Passanten hätten sich bereits früher im Jahr mehr Druck auf Ungeimpfte gewünscht.
Öffentliches Leben seit einer Woche heruntergefahren
In sogenannten Hotspot-Landkreisen mit einer Wocheninzidenz von mehr als 1.000 Neuinfektionen mussten vergangenen Donnerstag die Gastronomie, die Hotels, die Sport- und Kulturstätten schließen, Freizeit-, Sport- und Kulturveranstaltungen sind nicht erlaubt. An Hochschulen, außerschulischen Bildungseinrichtungen wie Musikschulen und in der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung gibt es keine Präsenzveranstaltungen mehr.
Für die betroffenen Branchen sind die Schließungen seit vergangenem Donnerstag ein herber Schlag. Hinzu kommt: Viele Landkreise in Südost-Oberbayern haben schon seit Anfang November schrittweise schärfere Maßnahmen beschlossen, die vor allem in der Gastro-Branche zu großen Umsatzeinbußen geführt haben.
Rufe nach Überbrückungshilfen für Corona-Hotspots
Die Oberbürgermeister und Landräte der Hotspot-Regionen in Südostoberbayern forderten deshalb beim bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger eine Ausweitung der Corona-Hilfen.
Der Wirtschaftsminister setze sich beim Bund für die bestmöglichen Förderbedingungen ein. Und: Es sei ein falsches Zeichen, die Unterstützung auf Hotspot-Regionen zu beschränken, heißt es daraufhin auf Anfrage des BR.
Kleine Gastro-Unternehmer geben auf
Auf Nachfrage bei den Gastronomen in der Region reden sich viele ihren Frust frei von der Seele. Einige treffen inzwischen nach mehreren Lockdowns radikalere Entscheidungen. Wie zum Beispiel Bettina Grabner aus Freilassing. Sie wird ihr Frühstückscafé bis März komplett schließen, egal ob die Inzidenzen wieder sinken. Sie denke inzwischen darüber nach, ihren Beruf als Gastronomin an den Nagel zu hängen.
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