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Das Verwaltungsgericht München unter Vorsitz von Richterin Martina Scherl (Mitte)

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Dieselfahrverbot für München – Verwaltungsgericht rügt Freistaat

Mit Kritik der Richterin am Verhalten des Freistaats hat am Verwaltungsgericht München der Prozess um die Vorbereitung eines Dieselfahrverbots für München begonnen. Die Deutsche Umwelthilfe hat den Freistaat erneut vor Gericht gebracht. Von L. Storch

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Im Verfahren um die Vorbereitung eines Dieselfahrverbots vor dem Verwaltungsgericht München sagte die Vorsitzende Richterin Martina Scherl bereits zu Beginn deutliche Worte: "Es ist eigentlich üblich, dass öffentlich-rechtliche Körperschaften Gerichtsurteile vollziehen".

"Ein Novum und auch ein Unding nach Meinung des Gerichts"

Dass sich das Gericht nun mit einer Zwangsvollstreckung gegen den Freistaat beschäftigen müsse sei "ein Novum und auch ein Unding nach Meinung des Gerichts. Das dürfte nicht sein". Die Richterin zerpflückte das Konzept des Ministeriums: "Das Gericht meint, dass das im Januar veröffentlichte Konzept für einen Luftreinhalteplan den Vorgaben aus den gerichtlichen Entscheidungen nicht genügt", sagte die Richterin.

Zwar gebe es seit 2010 eine Verbesserung bei den Stickstoffdioxidwerten in München. Die getroffenen Maßnahmen reichten dennoch nicht aus, um die Überschreitung der Grenzwerte in den Griff zu kriegen. "Es sind viele Schlagworte dabei, denen aber keine konkreten Maßnahmen gegenüberstehen", kritisierte Scherl. Es fehlten konkrete Realisierungszeiträume und quantifizierte Maßnahmen. "In den Augen des Gerichts ist das eher eine Alibiveranstaltung als konkrete Maßnahmen", so die Richterin.

"Sie verkennen den Ernst der Lage"

Die Vertreterin des Freistaats entgegnete, es gehe um den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die Rechtslage sei nicht geklärt. Die Richterin antwortete:

"Ich glaube, Sie verkennen den Ernst der Lage. Mit diesem allgemeinen Blabla im Entwurf des Luftreinhalteplans genügen sie nicht den Vorgaben des Gerichts." Martina Scherl, Vorsitzende Richterin

Keine Zwangshaft für Umweltministerin Scharf

Trotz der massiven Kritik verhängt das Gericht keine Zwangshaft gegen Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) oder andere Vertreter des Freistaats. Es sieht den Freistaat derzeit noch nicht als "renitente Behörde" an: Es sei noch nicht klar, dass der Freistaat nicht einlenken werde. Immerhin habe er eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München entworfen. Möglicherweise werde er später in Abstimmung mit der Landeshauptstadt die Umweltzone erweitern.

Optimismus oder Naivität?

Man könne dem Freistaat nicht komplette Untätigkeit vorwerfen. Deshalb bleibe das Vollstreckungsverfahren bei den vergleichsweise milden Vorgaben des Verwaltungsrechts und gehe nicht zu den strengeren der Zivilprozessordnung über, die direkte Zwangshaft ermöglichen würden. Der Anwalt der Deutschen Umwelthilfe sprach von einem "Optimismus des Gerichts, den ich als Naivität begreifen würde".

Weil ein Zwangsgeld die Staatsregierung nicht bewegen konnte, die Verwaltungsgerichtsurteile zu befolgen, hatte die Deutsche Umwelthilfe Zwangshaft gegen Ministerin Scharf beantragt.