Tief unten im Berg sind die Gänge eng, feucht und klamm, doch an den Wänden glitzert der Glimmer.
Bildrechte: BR/Markus Feulner

Das Bergwerk im Fichtelberg ist gut 500 Jahre alt. Jetzt wurde der Stollen für Besucher wieder geöffnet und ein neues Besucherzentrum eingeweiht.

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Die geheime Welt unter dem Ochsenkopf

Im Fichtelgebirge befindet sich das weltweit einzige begehbare "Silbereisenbergwerk". Jetzt ist es auch für Besucher geöffnet. Der 500 Jahre alte "Gleissinger Fels" führt zurück in eine Zeit, in der die Region so bedeutend war wie das Ruhrgebiet.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Eng, niedrig und schnurgerade geht es in den Berg hinein. Es ist feucht, riecht nach Moder. Die Nässe kriecht schnell unter die Kleidung, sobald man stehenbleibt. Auf dem Boden sind immer wieder kleine Pfützen. Sommers wie winters hat es hier unten konstant acht Grad. Eben hat Besucher-Führer Thomas Zutter noch zwei Kerzen für die Heilige Barbara angezündet. Die Schutzpatronin der Bergleute wacht in einer kleinen Nische über den Eingang in den Gleissinger Fels - so heißt das Bergwerk am Fuß des Ochsenkopfes oberhalb von Fichtelberg im Landkreis Bayreuth.

Das älteste Bergwerk der Region

Vor mehr als 500 Jahren, im Jahr 1478, begann hier der Abbau von Erz. Die Brocken lagen offen auf dem Waldboden, erzählt Thomas Zutter. Die Bergleute konnten sie anfangs einfach wegtragen. Dann begannen sie zu graben, sogenannte Pingen entstanden, Mulden vom Graben an der Oberfläche und Halden mit Abraum. Die sind heute noch zwischen Schmiererweg und Bocksgraben am Ochsenkopf zu sehen. Schließlich ging es immer tiefer in den Berg hinein. Die Bergleute waren auf eine ergiebige Eisenerzader gestoßen, die immer weiter in den Berg führte. Bis auf 80 Meter geht es in den Gleissinger Fels hinunter. Abraum, Erz und Wasser mussten zu Beginn des Bergbaus noch von den Bergleuten über Leitern hinausgetragen werden. Erst viel später kamen Seilwinden, Wasserableitungen, waagrechte Zugänge auf den unterschiedlichen Sohlen und Loren auf Schienen für den Erztransport dazu.

Silber gab es hier nie

Es geht weiter in den Berg hinein. Etwa 150 Meter bis zum ersten Querschlag. Nach links und rechts führen jetzt Stollen vom Hauptgang weg. Das Gestein glitzert silbern im Licht, das ist der sogenannte Glimmer. Daher kommt auch die irreführende Bezeichnung "Silbereisenbergwerk" für den Gleissinger Fels. Silber gab es hier unten aber nie. Stattdessen Hämatit, wie Thomas Zutter erklärt. Ein rotes Erz, auch Blutstein genannt, weil sich das Wasser nach der Erzwäsche rot färbte. Mit den Fingern reibt er ein wenig feuchtes Gesteinspulver von der Wand, zeigt die rostig-rote Farbe. Dann führt er in eine Kammer im Berg. Darin ein Schacht mit einer Seilwinde. 40 Meter geht es hinunter. Bis dahin arbeiteten sich die Bergleute vor. Die tiefste Sohle, also Bergwerksebene, liegt 80 Meter unter der Erdoberfläche. Nicht alle Schächte und Gänge sind heute begehbar – aus Sicherheitsgründen.

Schufterei in Dämmerlicht und feuchter Luft

Heute ist das Bergwerk dank LED dezent ausgeleuchtet. Früher gab es Talglichter, später Petroleumlampen. Wirklich hell war es wohl nie. Mit Schlägel und Eisen kamen die Bergleute etwa zehn Zentimeter am Tag durch den Granit, auf einer Fläche etwa so groß wie eine Türe. Thomas Zutter deutet es mit seinen Händen an. Oft arbeiteten Familien hier unten: Männer mit ihren Brüdern oder Väter und ihre Söhne. Deswegen gibt es eine Voithenzeche und eine Kaiserzeche, Abteilungen im Berg, benannt nach den Familien, die hier unten sozusagen ihren eigenen Abbaubereich hatten. Sie wurden nur nach dem Erz bezahlt, das sie aus dem Berg brachten, daher sind die Gänge dort am engsten, wo der Stein am härtesten war. Nicht mehr als nötig wurde ausgehauen. Wo der Stein schwach war, ließen sich leichter größere Räume schaffen. Aus dem Querschlag gehen Zweige nach oben und nach unten weg, immer der gewunden verlaufenden Erzader folgend. Nach und nach öffnen sich Räume so groß wie Kirchenschiffe und schließlich kommt der unterirdische Wasserfall.

Täglich Führungen ins Erdinnere

Die Werkzeuge und Lampen, alte Ansichten des Bergwerkes und der Außenanlagen, Fotos von stolzen, aber ausgemergelten Bergleuten, gibt es in den Vitrinen des neuen Besucherzentrums am Gleissinger Fels zu bestaunen. Es wurde in diesem Jahr fertiggestellt. Dort bekommen alle, die eine Führung in das Bergwerk mitmachen wollen, ihre Helme. Feste Schuhe, lange Hosen und eine Jacke sollten sie sowieso mitbringen. Führungen gibt es jeden Tag, bei großem Andrang stündlich. Auch die lange, wechselvolle Geschichte des Bergwerkes seit dem Jahr 1478 können Thomas Zutter und sein Kollege während der eine dreiviertel Stunde dauernden Wanderung unter dem Berg erzählen. Als die Gegend um Fichtelberg mal so bedeutend wie das Ruhrgebiet war. Als aus dem Erz von hier auch Kanonen gegossen wurden. Als mehr als 100 Kumpel im Gleissinger Fels in Zwölf-Stunden-Schichten schufteten. Und vom Ende: als das Erz nur noch für Rostschutzfarbe taugte, der Bergbau unter dem Ochsenkopf 1939 endgültig zu teuer wurde.

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