Manfred Weber im Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Brüssel
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Manfred Weber im Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Brüssel

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CSU-Spitzenkandidat Manfred Weber: Das Wir gewinnt

Manfred Weber tritt als Spitzenkandidat für die CSU zur Europawahl an. Die Karriere des EVP-Chefs ist nicht ganz nach Plan verlaufen. Der Glaube an das Wir in Europa treibt ihn an.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Bei Komplimenten kommt es auch immer darauf an, wer sie macht. Und was diese Person nicht sagt. Wenn also der ehemalige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) über Manfred Weber spricht, ist interessanter, was Seehofer nicht sagt: "Du bist der einzige Politiker, der in den letzten fünf Jahren bei einer Wahl hinzugewonnen hat." Bei allen anderen Wahlen in den letzten fünf Jahren habe die CSU schlechter abgeschnitten als bei Wahlen zuvor, so Seehofer.

Konkurrenzverhältnis mit Söder

Es soll ein Kompliment für Weber sein, und ist in Wahrheit ein Spitze gegen CSU-Chef Markus Söder. Der amtierende bayerische Ministerpräsident hat noch keine Wahl für die CSU mit über 40% gewonnen. Manfred Weber dagegen hob die CSU bei der Europawahl 2019 in Bayern über diese Marke und steht auch jetzt in Umfragen darüber. Seehofer hat die Umstände seines politischen Rückzugs nie vergessen. Weber selbst will kein Öl ins Feuer gießen und sagt dazu nur, er freue sich, dass man bei der Europawahl zweimal über 40 Prozent gekommen sei. Öffentlich verliert Manfred Weber kein schlechtes Wort über Markus Söder. Brüssel ist von Bayern manchmal sehr weit weg.

In der CSU nur fast nach ganz oben gekommen

Manfred Weber ist in der CSU weit gekommen. Aber nie bis ganz oben. Da stand dann stets Markus Söder, der sich nach dem Amt des Ministerpräsidenten auch das Amt des Parteichefs gesichert hat. Manfred Weber galt ebenfalls als Kandidat, nach Seehofer nächster CSU-Chef zu werden. Offiziell hat er seinen Hut nie in den Ring geworfen. Seine Chancen sondiert hat er sehr wohl.

Karriere in Brüssel - und eine bittere Niederlage

Manfred Weber sitzt seit 20 Jahren im Europaparlament, seit zehn Jahren ist er EVP-Fraktionschef und seit zwei Jahren auch EVP-Parteichef. Und dann wäre er noch fast Kommissionspräsident in Brüssel geworden. 2019 ging er als Unions-Spitzenkandidat ins Rennen, mit der Aussicht, nächster EU-Kommissionspräsident zu werden. Eigentlich war die Sache geritzt, bis sich die Staats- und Regierungschefs - allen voran Frankreichs Präsident Emmanuel Macron - mehrheitlich für Ursula von der Leyen (CDU) entschieden. Weber sagt dazu im Rückblick: "Ein Rückschlag wird erst dann zur Niederlage, wenn man nicht wieder aufsteht."

EVP-Chef mit großen Aufgaben

Die Partei sei eine Familie. "Freunde!", ruft Weber der EVP im März bei ihrem Parteitag im rumänischen Bukarest zu. Es ist seine Aufgabe, diese Familie zusammenzuhalten. Weber entscheidet wesentlich mit, welche Parteien aus anderen EU-Staaten in diese Familie aufgenommen werden. Er muss mit der EVP-Familie diskutieren, wie man beispielsweise mit der ungarischen Fidesz und Victor Orbán umgehen soll. Und er muss sich - allen voran von seinem Parteichef Markus Söder - Kritik anhören, warum er mit Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni spricht - bis Söder selbst nach Rom fährt.

Manfred Weber bleibt bei den Niederlagen, die ihm sein politisches Leben beschert hat, äußerlich ruhig und gelassen. Er ist nicht der Typ des Bierzelt-Populisten. Wenn er lauter wird in seinen Reden, wirkt es fast bemüht. In der Regel behält er seine sonore, niederbayerisch gefärbte Tonlage.

Kritik am Green Deal und am Verbrenner-Aus

Was Ursula von Leyen als Kommissionspräsidentin vorangetrieben hat, war nicht immer zur Freude der CSU. Das Verbrenner-Aus hält Weber für eine Fehlentscheidung. Den Green Deal will er "auf den Prüfstand" stellen. Vom EU-Migrationspakt erhofft sich Weber sinkende Asylbewerberzahlen. Den Grünen nimmt er übel, dass sie dem Pakt nicht zugestimmt haben. Weber hat des Öfteren mit den Grünen geflirtet, sehr zum Unmut der Parteispitze in München. Im Moment sei er aber mit den Grünen auf europäischer Ebene "nicht zufrieden".

Ein Christ gegen die Rechtsextremen

Manfred Weber nennt sich selbst christlich-konservativ. Mit Rechtsextremen will er nichts zu tun haben. Bei der Europawahl droht in mehreren Ländern ein Rechtsrutsch. Weber spricht daher von einer Schicksalswahl, bei der auch klar ist, wo der Gegner steht, nämlich Rechts.

Den europäischen Gedanken hat Manfred Weber in all den Jahren in Brüssel verinnerlicht. In Europa zähle das Ich nichts: "Das Einzige, was in Brüssel was erreicht, ist das Wir." Man könnte diesen Satz wieder als Spitze gegen bestimmte CSU-Mitglieder lesen, oder sie einfach so stehen lassen: Als Erkenntnis eines Mannes, der aus Bayern auszog, um in Europa Karriere zu machen.

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