CSU-Chef und Ministerpräsident Söder (l.) mit Generalsekretär Blume und Gesundheitsministerin Huml beim Parteivorstand am 14. Oktober 2019
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CSU-Chef und Ministerpräsident Söder (l.) mit Generalsekretär Blume und Gesundheitsministerin Huml beim Parteivorstand am 14. Oktober 2019

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CSU-Parteitag: Mehr Frauen, mehr Junge - und überall Söder

Die CSU will jünger und weiblicher werden, auf dem Parteitag soll dafür unter anderem eine ausgeweitete Frauen-Quote beschlossen werden. Davor stellt sich CSU-Chef Markus Söder zur Wiederwahl - und darf mit einem guten Ergebnis rechnen. Eine Analyse.

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Markus Söder weiß, dass Politik oft über Bilder funktioniert. Deshalb dürfte dem CSU-Chef nicht gefallen haben, mit welcher Aktion mehrere Greenpeace-Aktivisten am Mittwoch für Aufsehen sorgten. Die Naturschützer verdeckten an der Münchner CSU-Parteizentrale im Logo an der Außenfassade kurzerhand das "C" - und ergänzten hinten ein "V". Für kurze Zeit stand da also SUV statt CSU - als Zeichen, dass Greenpeace den Christsozialen und allen voran ihrem Chef Söder den ausgerufenen Umweltschutz-Kurs nicht abnimmt.

Vom heute und morgen stattfindenden CSU-Parteitag in München sollen dagegen positive Eindrücke bleiben. Söder stellt sich heute Nachmittag als Parteichef zur Wiederwahl - und darf mit einem guten bis sehr guten Ergebnis rechnen. Und das, obwohl es noch Anfang des Jahres, als er das Amt von Horst Seehofer übernommen hatte, innerhalb der Partei hörbare Zweifel an seiner Eignung gab. Tenor damals: Kann dieser Mann, der seine Karriere sehr konzentriert und nicht immer rücksichtsvoll geplant hat, eine Partei mit all ihren Strömungen und Bedürfnissen leiten?

Söder hat sich neu erfunden - jetzt ist die Partei dran

Das Zwischenfazit vieler Parteimitglieder nach neun Monaten lautet: Ja, kann er offenbar. Söder hat das unter Seehofer teils ramponierte Verhältnis zur Schwesterpartei CDU zusammen mit Annegret Kramp-Karrenbauer gekittet. Dass die bayerische Junge Union sich auf dem Parteitag mit einem Antrag zur Urwahl des Kanzlerkandidaten gegen Söders Willen stellt? Beweist die CSU-internen Zweifel an Kramp-Karrenbauer als Kanzlerkandidatin, dürfte aber kein Misstrauensvotum gegen Söder sein.

Denn dessen Kurs stößt in seiner Partei überwiegend auf Zustimmung. Sich selbst hat Söder als Ministerpräsident seit längerem einen betont ausgleichenden Stil verschrieben. Prominentes Beispiel: die überraschende Übernahme eines erfolgreichen bayerischen Artenschutz-Volksbegehrens im Sommer - trotz großer Skepsis vom eigentlich CSU-nahen Bauernverband.

Dass Söder im Herbst 2018 mit 37,2 Prozent das schwächste CSU-Ergebnis bei einer Landtagswahl seit 1950 zu verantworten hatte? Das lasten viele Mitglieder vor allem Vorgänger Seehofer an, den Söder nach einem heftigen Machtkampf erst als Ministerpräsident und später auch als Parteichef beerbte. Auch zuletzt knirschte es mehrmals zwischen der amtierenden CSU-Spitze und dem nunmehr Ehrenvorsitzenden, etwa nach Seehofers Quoten-Forderung für aus Seenot gerettete Migranten oder seinem umstrittenen Gamer-Zitat nach dem Terroranschlag in Halle.

Passen Wort und Tat zusammen?

Söders eigene Erneuerungs-Kur scheint derweil weitgehend abgeschlossen. Als neuen Hauptkonkurrenten hat er die Grünen ausgemacht - und preschte daher zuletzt mit einem Umweltschutz-Vorschlag nach dem anderen vor. Die Grünen und andere Oppositionspolitiker wiederum bemängeln, dass Wort und Tat beim CSU-Chef nicht zusammenpassen – und verweisen etwa auf das umstrittene, von vielen Experten für zu dünn befundene Klimaschutz-Paket der Bundesregierung.

Kritik gibt es auch daran, dass Söder als CSU-Chef am umstrittenen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer festhält. Und dennoch: Der 52-Jährige zieht seinen Landesvater-Kurs in Bayern ziemlich konsequent durch, wozu auch eine klare Abgrenzung von der AfD gehört. Jetzt will er - zusammen mit Generalsekretär Markus Blume – auch die Partei auffrischen.

Parteitag soll Frauenquote ausweiten

Am Samstag soll der Parteitag einen Leitantrag beschließen, mit dem die CSU jünger, weiblicher und digitaler werden will. Die 40-Prozent-Frauenquote für den Parteivorstand und die Bezirksvorstände, vor knapp zehn Jahren knapp und gegen Widerstände beschlossen, soll auf die Kreisvorstände ausgeweitet werden. Im engeren Vorstand soll sogar jeder zweite Posten von einer Frau besetzt sein. Für die konservativ tickende CSU-Basis, die traditionell eher wenig von Frauenquoten hält, ist das ein weitreichender Schritt. Auch die (vergleichsweise) Jungen in der Partei sollen mehr Einfluss erhalten, durch einen garantierten Vize-Posten für ein unter-35-jähriges CSU-Mitglied im Parteivorstand.

Im Großen und Ganzen dürften die Delegierten der Parteispitze bei dieser Reform folgen. Denn zum einen ist Söder innerhalb kurzer Zeit zum alleinigen und ungefährdeten Zentrum der Partei geworden. Er bündele die Macht "wie nie zuvor ein CSU-Regent" konstatierte der "Münchner Merkur" unlängst, interne Streitigkeiten um die Parteireform wurden im Vorfeld ausgeräumt. Zum anderen haben die jüngsten Wahlergebnisse vielen Mitgliedern gezeigt, dass Veränderungen nötig sind - weil die CSU in den Städten und bei den Jungwählern in Bayern deutlich an Zuspruch verloren hat.

Heißt es bald Skype statt Stammtisch?

Und schließlich haben sie auch in der CSU registriert, dass erfolgreiche Partei-Arbeit heute anders und niederschwelliger funktioniert als noch vor zehn Jahren. Zur führenden Digitalpartei Deutschlands will man deshalb künftig auch gleich werden - durch Digitalbeauftragte im Kreisverband vor Ort, virtuelle Vorstandstreffen oder Online-Parteimitgliedschaften ohne Stimmrecht. Skype statt Stammtisch - auch das wäre, sofern tatsächlich umgesetzt, für die Partei eine gewaltige Veränderung.

Ob das alles aufgeht und eine dergestalt modernisierte CSU in Bayern wieder dauerhaft über der 40-Prozent-Marke landet? Das wird sich zeigen, aktuelle Umfragen sehen die Partei weiter darunter. Söders ganz persönliche Erneuerung scheint dagegen erste Früchte zu tragen. Noch im August 2018 titelte die Online-Ausgabe der FAZ: "Markus Söder ist Deutschlands unbeliebtester Ministerpräsident". Im August 2019 lag Söder dagegen in einer Beliebtheit-Umfrage vor Grünen-Chef Robert Habeck - und die "Bild" fragte fast euphorisch, ob der CSU-Politiker das Zeug zum Kanzlerkandidaten habe.

Nicht alle Zweifler sind jetzt grenzenlose Fans

Alles spricht also für einen innerparteilich harmonischen Parteitag, wenn Söder heute Nachmittag in der Münchner Olympiahalle ans Rednerpult tritt. Andererseits: Nicht alle Zweifler sind inzwischen zu Fans geworden. Und längst nicht alle CSU-Mitglieder finden, dass Umweltschutz das allerwichtigste Gebot der Stunde ist. Nur in ein Mikrofon sagt das derzeit quasi niemand.

Zum Schluss deshalb ein Blick voraus: Im März 2020 stehen in Bayern die Kommunalwahlen an. Was zunächst mäßig spannend klingt, ist für die CSU ein extrem wichtiger Termin. Denn auch in den Rathäusern und bei den einflussreichen Landräten entscheidet sich, ob die Christsozialen ihre erfolgsbringende Grasverwurzelung im ganzen Freistaat erhalten können. Für Parteichef Söder werden die Ergebnisse dort letztlich wichtiger sein als die Frage, mit wie viel Prozent die Delegierten ihn heute im Amt bestätigen.