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Correctiv-Recherche: AfD duldet verurteilte Mandatsträger

Eine Recherche des Netzwerks Correctiv zeigt, dass die AfD bundesweit verurteilte Politiker in ihren Reihen duldet - darunter mindestens ein Bundestagsabgeordneter und Mandatsträger auf Kreis- und Landesebene. Auch bayerische Politiker sind dabei.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Es geht um teils brutale körperliche Angriffe, genauso wie um Beleidigung, Volksverhetzung und Weitergabe sensibler Daten. Laut einer Correctiv-Recherche sind 48 AfD-Mandatsträgerinnen und -träger sowie Mitarbeitende in der jüngeren Vergangenheit mit Gewalttaten aufgefallen. Die Hälfte von ihnen wurde demnach von einem Gericht zumindest in erster Instanz verurteilt. Davon 14 sind offenbar noch immer in ihren Ämtern tätig.

Der Blick nach Bayern zeigt: Allein hier sind zwei Landtagsabgeordnete betroffen. Es handelt sich um Richard Graupner und Rene Dierkes.

Urteil gegen Graupner: Verrat eines Dienstgeheimnisses

Graupner war vor seiner Zeit im Bayerischen Landtag Hauptkommissar der Verkehrspolizei. In dieser Zeit soll er mehrmals einem Bekannten Informationen weitergegeben haben, zu denen er als Polizist Zugang hatte. Das Landgericht Schweinfurt verurteilte Graupner im vergangenen Jahr wegen "Verrat eines Dienstgeheimnisses" zu 90 Tagessätzen à 165 Euro. Dazu kamen zwei Ordnungswidrigkeiten, ebenfalls wegen unerlaubter Datenbeschaffung.

Eine Revision des Angeklagten wurde vom Bayerischen Obersten Landesgericht als unbegründet verworfen. Mit dem Urteil gilt Graupner allerdings nicht als vorbestraft. Denn in Deutschland gilt eine Person erst als vorbestraft, wenn diese zu einer Geldstrafe von über 90 Tagessätzen oder aber zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt wurde.

Der AfD-Politiker aus Unterfranken ist weiterhin stellvertretender Fraktionsvorsitzender und sitzt für die AfD im Innenausschuss - in dem Gremium, in dem auch über Angelegenheiten der Polizei und der inneren Sicherheit diskutiert wird.

Dierkes: Verstoß gegen das Versammlungsgesetz

Neben Graupner ist noch gegen ein weiteres Mitglied der AfD-Landtagsfraktion ein Urteil gesprochen worden. Betroffen ist der Vorsitzende des AfD-Kreisverbandes München Ost, der Rechtsanwalt Rene Dierkes. Im April 2022 wurde Dierkes vom Amtsgericht Weilheim wegen eines Vergehens gegen das bayerische Versammlungsgesetz mit einer Geldstrafe von 2.400 Euro belegt.

Dierkes soll bei einer Demo ein Reizstoffsprühgerät dabeigehabt haben. Laut bayerischem Versammlungsgesetz dürfen "Waffen oder sonstige Gegenstände, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen" geeignet sind, nicht mitgeführt werden. Das Weilheimer Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, weil Dierkes Berufung dagegen eingelegt hat.

Protschka: Einspruch gegen Strafbefehl

Der Chef der Bayern-AfD, der Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka, muss sich wegen Beleidigung vor Gericht verantworten. Das Amtsgericht Deggendorf hatte deshalb einen Strafbefehl über eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen verhängt. Vorausgegangen war eine Anzeige des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Protschka soll ihn beim Politischen Aschermittwoch der AfD als "Södolf" und "Landesverräter" bezeichnet haben. Gegen diesen Strafbefehl hat Protschka Einspruch eingelegt.

Unterschied zwischen Verbrechen und Vergehen

Wie Correctiv berichtet, sind nur Personen nicht für politische Ämter wählbar, wenn sie sich eines "Verbrechens" schuldig gemacht haben. Per Definition sind das alle Straftaten ab schwerer Körperverletzung, sexuellem Missbrauch, Totschlag, Raub oder Meineid. Ein breites Spektrum an Gewalttaten gelten als "Vergehen". Ein Mandat wird einem Politiker oder einer Politikerin nur dann entzogen, wenn diese wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt werden. Aus rein juristischer Sicht dürfen Amtsträger, die durch Vergehen aufgefallen sind, ihre Ämter behalten. Zum Rücktritt kann in diesen Fällen nur die Fraktion beziehungsweise das eigene Gewissen drängen.

Wie und ob der Bayerische Landtag auf die Correctiv-Recherche reagieren wird, dazu wollte sich ein Sprecher auf BR24-Anfrage nicht äußern. Er teilte lediglich mit, "die Ergebnisse von Recherchen, die uns betreffen, werden von uns immer überprüft". Die Bayern-AfD reagierte bis Freitagnachmittag nicht auf eine Anfrage.

Laut Correctiv finden sich ähnliche Fälle bei keiner der anderen im Bundestag vertretenen Parteien.

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