Deutschland braucht Zuwanderung. Gut 400.000 Menschen müssen jedes Jahr zu uns kommen, um unser Wachstum zu sichern – das hat die Bundesagentur für Arbeit ausgerechnet. Doch in der Corona-Pandemie waren Migrantinnen und Migranten häufig die ersten, die ihren Arbeitsplatz verloren haben. "Man kann sagen, dass sich Covid-19 als Schlag ins Kontor erwiesen hat", sagt die Erlanger Politikwissenschaftlerin Petra Bendel. An der Universität Erlangen-Nürnberg leitet sie den Forschungsbereich Migration, Flucht und Integration am Institut für Politische Wissenschaft.
Arbeitslosigkeit bei Migranten nimmt seit Corona stark zu
Seit April 2020 nehme die Arbeitslosigkeit unter Migranten stark zu, so Bendel. Schließlich arbeiteten viele Zuwanderer in Branchen, die unter Corona besonders stark leiden, wie etwa der Gastronomie oder der Hotellerie. Neben der Arbeit spüren Migrantinnen und Migranten die Auswirkungen der Pandemie auch in vielen anderen Bereichen, wie Gesundheit, Wohnen oder Bildung.
Viele Zuwanderer brechen ihre Online-Integrationskurse ab
Besonders dramatisch waren die Folgen aus Sicht der Erlanger Politikwissenschaftlerin bei Sprach- und Integrationskursen. Weil viele nicht mehr in Präsenz stattfinden konnten, investierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF in Nürnberg 40 Millionen Euro in den Aufbau digitaler Angebote. Fast 83.000 Zuwanderer hätten daran teilgenommen, aber zum Teil auch wieder abgebrochen, aus den verschiedensten Gründen. "Das ist sehr dramatisch, denn wir wissen, die Sprach- und Integrationskurse sind ein großes Sprungbrett für die Integration. Hier müssen wir ganz dringend aufholen", meint Bendel.
Ehrenamtliche fehlen in der Hausaufgabenbetreuuung
Die Politikwissenschaftlerin hat die Auswirkungen der Pandemie auf die Migration in Deutschland untersucht und festgestellt: Corona hat viele Errungenschaften der vergangenen Jahre wieder zunichtegemacht. Viele Ehrenamtliche hätten ihr Engagement eingestellt, und so fehlten nun beispielsweise Menschen, die Kindern aus Zuwandererfamilien bei den Hausaufgaben helfen. Hier könnten Bund und Länder mit Programmen zur Förderung des Ehrenamts gegensteuern.
Integrationsexperten helfen im Gesundheitsamt
Aber auch Hauptamtliche, die bisher im Bereich Integration tätig gewesen seien, stünden nicht mehr zur Verfügung. In der Pandemie müssten viele im Gesundheitsamt oder in Krisenstäben aushelfen. "Das ist natürlich alles wichtig. Aber wir dürfen die Integration als langfristige Aufgabe nicht vernachlässigen." Sonst gehen aus Sicht von Petra Bendel zu viel Wissen und zu viele der neu aufgebauten Strukturen in den Kommunen verloren.
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