Abendstimmung am Atomkraftwerk Gundremmingen - die Kühltürme dampfen nicht mehr.
Bildrechte: BR/Gruppe 5 Filmproduktion GmbH/Felix Landbeck

Ist Atomkraft wirklich so gefährlich oder werden Wissenschaftler bald soweit sein, dass sie Atommüll recyceln können?

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BR24live: Kommt eine Renaissance der Atomkraft?

Mitte April ging die Ära der Atomenergie in Deutschland zu Ende. Gegner jubelten, denn sie sorgen sich vor möglichen Gefahren der Kernkraft. Befürworter hingegen hoffen auf eine baldige Rückkehr mit einer ganz neuen Technologie.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Sie sind immer noch eine gewaltige Erscheinung: Die Kühltürme des ehemaligen Kernkraftwerks Gundremmingen ragen mit 161 Metern so hoch in den Himmel wie das Ulmer Münster. Doch das einst leistungsstärkste Atomkraftwerk in Deutschland ist heute nur noch ein zahnloser Riese. Denn die komplette Technik in den Türmen wurde mittlerweile ausgebaut. "Auch die Generatoren sind bereits komplett zerlegt und dem Entsorgungsprozess durch eine Verwertungsfirma zugeführt worden", sagt Heiko Ringel, Standortleiter in Gundremmingen. Einer Reaktivierung des Kraftwerks, wie von Teilen der Politik im Hinblick auf eine befürchtete Energieknappheit gefordert, erteilt er damit eine deutliche Absage.

BR24 war live am ehemaligen Atomkraftwerk Gundremmingen. Im Studio waren unter anderem Atomkraft-Gegner Raimund Kamm und Atom-Forscher Bruno Merk.

Klage gegen das Zwischenlager

Für Raimund Kamm eine gute Nachricht. Seit Jahrzehnten kämpft er gegen die Atomkraft, weil er sie für immens gefährlich hält. Bei einem schweren Unfall könnten ganze Landstriche unbewohnbar werden, wie 1986 nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl. Kamm sieht sein Ziel aber erst zur Hälfte erreicht. "Wir haben ja noch immer ein Zwischenlager in Gundremmingen und darin befinden sich viele Castoren mit hochradioaktivem Atommüll", sagt Kamm. Die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung betont, dass das Material selbst vor Unfällen wie etwa Flugzeugabstürzen geschützt sei.

Doch der Müll wird nach aktuellem Stand wohl noch sehr lange in Schwaben bleiben. Ein Standort für ein Endlager dürfte frühestens im Jahr 2046 feststehen, der Bau dürfte zwei weitere Jahrzehnte in Anspruch nehmen. "Man kann ja nicht ausschließen, dass es in Zukunft vielleicht auch mal auf deutschem Boden wie zurzeit in der Ukraine zu einem Krieg kommt", sagt Kamms Mitstreiter Kurt Schweizer. Er klagt im Dezember vor dem Verwaltungsgerichthof in München gegen das Zwischenlager Gundremmingen.

Energie aus Atommüll gewinnen

Ein anderer Schwabe sucht fernab der Heimat nach Lösungen, weil es hierzulande keine berufliche Perspektive mehr für ihn gab. Bruno Merk forscht in England an der Universität Liverpool zur sogenannten "Transmutation". Er will den rund eine Million Jahre lang strahlenden Atommüll umwandeln, damit er nur noch maximal tausend Jahre lang strahlt. Positiver Nebeneffekt: Dadurch würde eine gewaltige Menge an Energie freigesetzt werden. Merk glaubt, dass Deutschland allein durch das Recycling des bestehenden Atommülls mehrere hundert Jahre mit Energie versorgt werden könnte.

"Imagine" heißt das Projekt, das mit seinem Namen auch ein Stück weit an die Technologieoffenheit appelliert. "Wir haben in der Pandemie gesehen, was möglich ist, wenn man eine Lösung finden will und entsprechende Forschungsgelder da sind", sagt Merk, der nebenbei auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung berät. Er hofft, dass die Deutschen ihre Scheu vor der Kernenergie ablegen und sie wie andere europäische Nachbarländer als eine Energieform von vielen begreifen.

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