12. November 2018: Ministerpräsident Markus Söder (CSU) spricht zu Beginn der Parlamentssitzung zur Vereidigung seines Kabinetts im Landtag
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12. November 2018: Ministerpräsident Markus Söder (CSU) spricht zu Beginn der Parlamentssitzung zur Vereidigung seines Kabinetts im Landtag

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Besucher im Landtag: "Hab's mir ganz anders vorgestellt"

Jedes Jahr besuchen rund 50.000 Menschen den Bayerischen Landtag. Welche Fragen bringen sie mit? Was lernen sie auf der Besuchertribüne und im Gespräch mit Abgeordneten? Ein Vormittag mit einer Schülergruppe aus Erding.

Ein Donnerstag Mitte Juli: Landtags-Vizepräsident Wolfgang Heubisch von der FDP eröffnet die letzte Plenarsitzung vor der Sommerpause. Auf der Besuchertribüne sitzen rund zwanzig Zehntklässler vom Korbinian-Aigner-Gymnasium in Erding. Mit ihren Sozialkunde-Lehrern sind sie heute ins altehrwürdige Maximilianeum, den Sitz des Bayerischen Landtags, gekommen.

Die Besuchertribüne bietet einen hervorragenden Blick auf das Plenum. Die Schülerinnen und Schüler schauen von oben auf die roten Lederstühle der Abgeordneten, sehen Hinterköpfe und ausgedruckte Dokumente, hören Geraschel und Getuschel. Die meisten der Jugendlichen verfolgen die Sitzung, die mit einigen Dringlichkeitsanträgen beginnt, aufmerksam.

Staunen über Gewusel und geringen Frauenanteil

"Ich hab's mir überhaupt nicht so unordentlich vorgestellt", sagt eine Schülerin hinterher. Ständig seien Abgeordnete zu anderen hingegangen oder hätten das Plenum einfach wieder verlassen. "Und viele kamen zu spät." Das sei so in der Schule undenkbar. Ein anderer Schüler sieht das etwas anderes. Er fand einige Zwischenbemerkungen aus der AfD-Fraktion unpassend - "aber sonst war es eigentlich ganz geregelt".

Dass man von oben vor allem Anzugträger sieht, sehen die Schüler dagegen kritisch. Den geringen Frauenanteil von knapp 27 Prozent halten sie für nicht zeitgemäß. Später an diesem Vormittag sind sie zum Gespräch mit drei Abgeordneten in einem Konferenzsaal des Landtagsgebäudes verabredet. Gekommen sind Johannes Becher von den Grünen, Doris Rauscher von der SPD und Benno Zierer von den Freien Wählern. Sie erklären den Schülern, warum das Plenum nicht voll besetzt war. Zeitgleiche Besprechungen, andere Termine oder Gesprächsrunden wie diese - der Kalender der Abgeordneten sei sehr voll, zwölf Stunden und mehr Arbeit am Tag durchaus üblich.

Rund 50.000 Landtags-Besucher im Jahr

Für die Erdinger Schülergruppe endet ihr Parlamentsbesuch kurze Zeit später mit einem Mittagessen in der Landtags-Gaststätte. Dort werden fast täglich Besuchergruppen bewirtet, denn die Zahl der Besucher ist bemerkenswert hoch. "Im Schnitt sind es 50.000 pro Jahr", erklärt Anja Sieber, die im Landtag das Referat "Besucher und politische Bildung" leitet. Der Großteil davon entfällt auf Gruppen, die von den Abgeordneten eingeladen werden. Dazu kommen Schulklassen ("von Förderzentren bis zu Studienseminaren") sowie vom Landtag selbst eingeladene Personen.

Eine reine Wohlfühlveranstaltung sollen die Besucher aber nicht erleben, im Gegenteil. Ohnehin bringen viele Menschen durchaus kritische Fragen mit, etwa zum Verdienst der Abgeordneten oder zur teils unruhigen Stimmung im Plenum.

Besuche sollen Distanz zum Parlament abbauen

Manche sehen das Parlament nach ihrem Besuch mit anderen Augen. Referatsleiterin Sieber berichtet von einem Besucher, der am Ende leicht erstaunt erklärt hat, eigentlich seien die Abgeordneten ja ganz normale Menschen. "Damit haben wir eigentlich ein Ziel, das wir hier erreichen wollen, dass wir Politik nahe bringen und diese Distanz abbauen helfen, erreicht."

Gänzlich begeistert war laut Sieber übrigens ein Intergrationsschüler aus Eritrea. "Er hat nach seinem Besuch im Landtag erklärt: Wenn er mal zurück in sein Heimatland kommt, möchte er das politische System Bayerns gleich mitbringen."