Angebundene Milchkühe in einem oberbayerischen Stall (Aufnahme von 2008)
Bildrechte: picture-alliance/imageBROKER | Heinz Kühbauch

Angebundene Milchkühe in einem oberbayerischen Stall (Aufnahme von 2008)

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

"Rettet Berta": Bauernprotest gegen Verbot der Anbindehaltung

Dürfen Kühe in fünf Jahren nicht mehr ganzjährig angebunden werden? Gegen diesen Plan von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir fanden bayernweit Protestaktionen von Landwirten statt. Unklar ist zudem, wie es mit der Kombihaltung weitergeht.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Berta - dieser Name steht symbolisch für eine Milchkuh, die derzeit angebunden in einem bayerischen Stall steht. Sollte die Anbindehaltung verboten werden, lande Berta im Schlachthof, kritisiert der Bauernverband und das müsse man verhindern. "Rettet Berta vor dem Schlachthof und Kleinbauern vor dem Aus!" heißt der Motto der Aktion. Aber auch Tierschützer, Verbraucherorganisationen und der Lebensmitteleinzelhandel wollen Berta retten, allerdings völlig anders als der Bauernverband. Sie wollen Berta schon seit vielen Jahren "befreien" - beziehungsweise sie ganzjährig im Stall oder auf der Weide frei herumlaufen lassen.

Doch der Bauernverband argumentiert: Das gehe nicht - denn sollte die Anbindehaltung gesetzlich verboten werden, müssten bis zu 13.000 Milchviehbetriebe zusperren. Denn nicht jeder könne seinen Stall umbauen.

Referentenentwurf sorgt für Unruhe

Am Parkplatz des Waldwipfelwegs im niederbayerischen St. Englmar, in Allgäuer Sennereien, auf der Verbrauchermesse "Consumenta" in Nürnberg, am Seezentrum am Brombachsee, an Bergstationen in Oberbayern und an vielen anderen Standorten in ganz Bayern protestierten Landwirte gegen ein Verbot der Anbindehaltung. Dazu aufgerufen hat der Bayerische Bauernverband (BBV).

Der aktuelle Anlass: Man befürchte, dass demnächst ein Referentenentwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums veröffentlicht wird - und dass es dann ernst werde mit dem Verbot der Anbindehaltung, so BBV-Pressesprecher Markus Drexler. Auf Nachfrage von BR24 im Ministerium von Cem Özdemir (Grüne) heißt es allerdings, der Entwurf befinde sich in der regierungsinternen Abstimmung, zum zeitlichen Ablauf könne man nichts sagen.

Verbot käme drei Jahre früher als angekündigt

Der besagte Referentenentwurf zur Reform des Tierschutzgesetzes kursiert seit Mai in der Öffentlichkeit, obwohl er eigentlich ein internes Papier im Bundeslandwirtschaftsministerium ist. Der Inhalt: Nur noch fünf Jahre soll in deutschen Kuhställen die ganzjährige Anbindehaltung erlaubt sein. Ab Ende 2028 würde dann ein Verbot in Kraft treten.

Dass es sich bei der ganzjährigen Anbindehaltung im Kuhstall um ein Auslaufmodell handelt, ist bekannt. Denn dass Kühe mit einer Kette oder einem Halsband täglich angehängt sind und sich nicht frei bewegen können, ist nicht tierschutzkonform. Das räumt auch Drexler vom Bauernverband ein: "Man kann die Augen vor der Realität nicht verschließen."

Im Koalitionsvertrag der rot-grün-gelben Bundesregierung, der 2021 ausgehandelt wurde, steht allerdings: In spätestens zehn Jahren soll diese Haltungsform verboten werden. Das wäre dann 2031. Ein Verbot drei Jahre früher als geplant sei unfair, so die Landwirte.

Bleibt "Kombihaltung" erlaubt?

Unklar ist, wie es mit der sogenannten "Kombihaltung" weitergeht. Vor allem bei vielen Betrieben im Voralpenland sind die Kühe im Winter im Anbindestall, im Sommer auf der Weide. Oder aber - das ist eine andere Form der Kombihaltung - es gibt einen kleinen Laufhof neben dem Stall, in den die Kühe stundenweise, egal ob im Winter oder im Sommer, raus dürfen.

Im Referentenentwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes steht, die Kombihaltung von Rindern soll unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt bleiben. Doch den Landwirten sind die Vorgaben zu streng: Demnach wäre die Kombihaltung in Zukunft nur bei Betrieben mit höchstens 50 angebundenen Rindern erlaubt - und auch nur dann, wenn die Tiere im Sommer Zugang zu Weideland und ganzjährig mindestens zweimal in der Woche Zugang zu Freigelände haben - an mindestens 120 Tagen im Jahr. Das bedeute für viele Milchviehhalter das "Aus", kritisieren die Landwirte.

Wann wird Berta geschlachtet?

Der Bauernverband sammelt derweil auch Unterschriften, um "Kleinbauern vor dem Aus und Berta vor dem Schlachthof zu retten". Fakt ist: Symbolkuh Berta, auf den Plakaten des BBV eine schöne Braunvieh- oder Fleckviehkuh mit Hörnern, wird ebenso wie alle anderen Kühe in Bayern irgendwann im Schlachthof landen - spätestens am Ende ihrer sogenannten "Nutzungsdauer".

Zwar steht im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern, der letzte Woche unterzeichnet wurde: "Ein Verbot der Anbindehaltung und eine Einschränkung der Kombinationshaltung lehnen wir entschieden ab." Dieser Satz hat allerdings keine Relevanz. Für Tierschutz ist der Bund zuständig und nicht Bayern.

Im Audio: "Ernte gut, alles gut?" Glaubenskrieg um die Milch

Eine Milchkuh wird gemolken (Symbolbild)
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Jens Büttner
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

"Ernte gut, alles gut?" Glaubenskrieg um die Milch

Dieser Artikel ist erstmals am 28.10.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!