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Spazieren gehen Es müssen nicht (immer) 10.000 Schritte sein

Spazieren gehen hat so viele gute Effekte auf unseren Körper, unseren Geist und unser Wohlbefinden. Warum es dabei nicht immer 10.000 Schritte am Tag sein müssen, lesen Sie hier.

Von: Astrid Hickisch

Stand: 13.03.2024

Zwei Frauen gehen in einem Wald spazieren | Bild: mauritius images / Image Source / Alex Eggermont

Spazieren

Es gibt zahlreiche Studien darüber, dass Bewegung und Fitness die beste Vorsorge gegen Krankheit sowie vorzeitiges Altern sind. Wer sich viel bewegt, stirbt - meistens - später, das ist erwiesen. Und da ist buchstäblich jede Art von Bewegung recht. Britische Forscher fanden 2015 in einer Übersichtsstudie heraus, dass regelmäßige Spaziergänge über einen Zeitraum von mindestens drei Wochen oder länger, und zwar im Tempo von fünf bis acht Stundenkilometern, die Blutdruckwerte, den Ruhepuls, die Blutfett- und Cholesterinwerte der Versuchspersonen deutlich besserten. Hier geht es zum Link der Metastudie.

Wie viele Schritte am Tag

10.000 Schritte am Tag zu gehen ist für viele Menschen eine Herausforderung im Alltag, denn rund sieben Kilometer oder mehr täglich zu laufen, ist nicht immer einfach. Eine neue Übersichtsstudie über 17 Arbeiten mit über 200.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dem August 2023 ergab, dass bereits 2.300 Schritte am Tag einen gesundheitlichen Unterschied machen - denn die Versuchspersonen mit dieser täglichen Schrittzahl erkrankten weniger häufig an Herz-Kreislauferkrankungen als die Vergleichspersonen. Bei der Gruppe derjenigen, die am Tag rund 4.000 Schritte zurücklegten, war der gesundheitliche Nutzen noch deutlicher sichtbar. Mehr Bewegung ist immer gut, das betonen die Forscherinnen und Forscher der Metastudie: Wer seine tägliche Schrittanzahl um 1.000 Schritte erhöht, der senkt sein Sterberisiko um 15 Prozent, wer nur 500 Schritte pro Tag draufpackt, senkt es um immerhin 7 Prozent.

Jeder Schritt zählt

Das Schöne am Spazierengehen: Jede und jeder kann damit jederzeit und ohne weitere Vorbereitungen anfangen und so sein Bewegungskonto füllen. Denn: Wir sind einfach nicht für die Trägheit geschaffen - Sitzen ist tatsächlich ungesund. Also: Lassen Sie das Auto stehen für kleinere Wege, steigen Sie auf dem Weg von oder zur Arbeit hin eine Haltestelle früher aus und laufen Sie.

Spazieren gehen für die Seele

Und Spazierengehen tut auch unserer Seele wohl. Eine Studie aus den USA zeigte 2012, dass die Versuchspersonen, die 65 Jahre und älter waren, die 30 Minuten draußen spazieren gingen, weniger depressive Symptome zeigten als diejenigen, die sich zwar auch bewegten, aber nur in Innenräumen körperlich aktiv waren.
In einer anderen Studie an der Stanford University 2015 wurden Probanden, die in der Stadt lebten, auf einen 90-minütigen Spaziergang ins Grüne geschickt und zur Kontrolle ebenso lang auf einen Spaziergang durch die Stadt. Nach dem Spaziergang in der Natur berichteten die Versuchspersonen, dass sie weniger grübeln und im MRT zeigte sich weniger Aktivität in der Gehirnregion, die mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen verbunden scheint. Ein Spaziergang durch die Stadt hatte diesen Effekt nicht.

Hören Sie in unserem Blaue Couch Podcast mit Prof. Dr. Ingo Froböse, wie viel Sport wir tatsächlich brauchen:

https://www.ardaudiothek.de/episode/blaue-couch/sporttherapeut-ingo-froboese-wenn-man-spazieren-geht-erhoeht-sich-die-durchblutung-im-gehirn-um-30-prozent/bayern-1/10429511/

Spazieren gehen und Gehirn

Spazieren gehen sollten wir also am besten im Grünen - in frischer Luft und unter freiem Himmel. Diese Tatsache lieben nicht nur unsere Augen, die das natürliche Licht brauchen, um keine Kurzsichtigkeit zu entwickeln, auch unser Gehirn profitiert davon. Ein Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf hat dies in einer Längsschnittstudie nachgewiesen, die sie im Juli 2021 veröffentlichten.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich unsere Gehirnstruktur und unsere Stimmung verbessern, wenn wir Zeit im Freien verbringen. Es ist anzunehmen, dass sich dies auch auf die Konzentration, das Arbeitsgedächtnis und die Psyche insgesamt auswirkt (...)", sagte Simone Kühn, Leiterin der Lise-Meitner-Gruppe Umweltneurowissenschaften am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und Erstautorin der Studie. Eine weitere Untersuchung läuft noch.

„Wenn man spazieren geht, erhöht sich die Durchblutung im Gehirn um 30 Prozent. Daran sieht man schon, wie wichtig Bewegung ist“, sagt Sportwissenschaftler Ingo Froböse.

Spaziergang gegen Heißhunger auf Süßes

Die University von Exeter hat 2011 noch einen schönen Nebeneffekt des Gesundheitsboosters "Spaziergang" gefunden: Ein zügiger 15-Minuten-Spaziergang auf einem Laufband halbierte den Schokoladenkonsum der Probanden danach um die Hälfte. Die 78 Versuchspersonen wurden in vier Gruppen verteilt, zwei Gruppen machten einen Gang auf dem Laufband, die beiden anderen nicht. Alle Versuchspersonen mussten danach verschieden schwere Aufgaben in einem Arbeitsumfeld erledigen. Die Gruppen der Spaziergänger aßen dabei um die Hälfte weniger Schokolade als die, die sich vorher nicht bewegt hatten. Die Schokolade stand frei verfügbar für alle auf einem Tisch. Die Spaziergänger griffen weniger häufig zu Süßem - egal, wie schwierig ihre Aufgabe war. So konnte Stress als Konsumgrund ausgeschlossen werden. Hier geht es zu einer Zusammenfassung der Untersuchung.

Spazieren gehen wie oft

Gehen Sie so oft spazieren, wie Sie können. Für alle, die sich fragen, wie viel Sport man insgesamt treiben sollte, um im Alter fit zu bleiben, hat Sportwissenschaftler Ingo Froböse folgenden Rat: "Zwei bis drei Mal in der Woche einen Feierabendspaziergang machen, so 45 bis 60 Minuten, und zwei Mal in der Woche Muskeltraining." Bei einem einstündigen Spaziergang in normalem Tempo verbrennen wir so um die 200 bis 300 Kalorien, so Ingo Froböse.

10.000 Schritte am Tag

10.000 Schritte am Tag ergeben - je nach Schrittlänge - eine Strecke von sechs bis 8,5 Kilometern. Das ist oft im Alltag kaum zu schaffen, auch, wenn Schrittzähler auf dem Handy oder der Smartwatch noch so mahnen. 10.000 Schritte - dieser Wert hat sich etabliert, ist aber nicht wissenschaftlich begründet, sondern völlig willkürlich: "Der japanische Hersteller dieses Schrittzählers hat das Gerät den 10.000- Schritte-Zähler genannt und nun haben aber Wissenschaftler herausgefunden, dass 7.500 Schritte zum Wirkungsoptimum führen. Also wer dann mehr Schritte macht, der hat davon keinen Profit mehr. 7.500 sind absolut genug. Auch 4.500 Schritte sind sehr, sehr wertvoll", sagt Sportmediziner Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Gehen Sie - und vergessen Sie die an manchen Tagen unerreichbaren 10.000 Schritte. Und: Tun Sie es, wenn möglich im Grünen. Und, wenn Sie noch mehr für sich tun wollen: Steigern Sie das Tempo - so, dass es sie leicht anstrengt. Dann wird aus dem Spaziergang eine Walking-Einheit.

Wenn Sie unsicher sind, wie viel Sie sich zumuten können - lassen Sie bei Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt einen Fitnesscheck machen.

Das ganze Gespräch mit Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt auf der Blauen Couch hören Sie hier:

https://www.ardaudiothek.de/episode/blaue-couch/hans-wilhelm-mueller-wohlfahrt-arzt-7-500-schritte-am-tag-sind-das-optimum/bayern-1/10550989/

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