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Sitzen Warum uns weniger zu sitzen gut tut

Wir sitzen zu viel und werden immer bequemer, unser Körper ist dafür nicht geschaffen. Tipps von Experten, wie wir trotzdem fit bleiben. Eine Uhr kann dabei helfen.

Stand: 13.03.2024

Eine Frau sitzt auf einem Sofa in einem Wohnzimmer
| Bild: mauritius images/ Aleksandr Davydov / Alamy / Alamy Stock Photos

Im Alltag sitzen wir im Durchschnitt 9,2 Stunden

"Jede Deutsche bzw. jeder Deutsche sitzt durchschnittlich 9,2 Stunden am Tag und damit noch einmal eine halbe Stunde mehr als während der Pandemie (2021: 8,7). Bei den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar mehr als 10 Stunden." Das sind Ergebnisse aus dem DKV Report 2023, für den die DKV Deutsche Krankenversicherung AG und die Deutsche Sporthochschule Köln unter der wissenschaftlichen Leitung von Ingo Froböse das Gesundheits- und Bewegungsverhalten der Deutschen untersucht hat.

Die häufigsten Gründe fürs Sitzen sind die Arbeit und das Fernsehen. Viele Deutsche sitzen mittlerweile nicht mehr nur im Büro, auch in der Freizeit wird immer mehr gesessen. Sei es mit einem Buch auf der Couch, vor dem Fernseher oder auf das Handy starrend - wir sitzen einfach gerne. Dabei ist Sitzen wirklich nicht gut für uns.

In unserem Blaue Couch Podcast mit Sporttherapeut Prof. Dr. Ingo Froboese hören Sie, warum es nie zu spät ist mit Sport und Bewegung im Alltag anzufangen:

https://www.ardaudiothek.de/episode/blaue-couch/sporttherapeut-ingo-froboese-wenn-man-spazieren-geht-erhoeht-sich-die-durchblutung-im-gehirn-um-30-prozent/bayern-1/10429511/

Homeoffice - zu wenig Bewegung und zu viel ungesundes Sitzen

Seit der Corona-Krise arbeiten viele Menschen häufiger im Homeoffice. Nicht nur, dass in vielen Fällen ein richtiger Schreibtisch und ein ergonomischer Bürostuhl fehlen, es wird am Heimarbeitsplatz noch länger gesessen - weil der Arbeitsweg entfällt oder der Gang zum Kollegen oder zur Kollegin ins Nachbarbüro. Deswegen empfiehlt das Aktionsbündnis Thrombose, im Homeoffice regelmäßig Venen-Übungen einzubauen wie zum Beispiel in der Luft radfahren oder Fuß kreisen. Die einfachen Venenübungen auf einen Blick kann man gut in den Alltag einbauen.

Der Mensch ist nicht für das Sitzen geschaffen

Der menschliche Körper ist nicht für das Sitzen geschaffen. Das liegt vor allem daran, dass die Muskulatur beim Sitzen weniger aktiviert wird als zum Beispiel beim Stehen, so Professor Martin Halle, ärztlicher Direktor des Zentrums für Prävention und Sportmedizin der TU München. Wenn wir länger sitzen, steigen die Blutzuckerwerte, da die Muskeln wenig bis gar nicht agieren müssen. Wer mehr steht und sich bewegt, beugt unter anderem einer Diabetes-Erkrankung vor und nicht nur das, wer häufiger in Bewegung ist, fördert auch die Konzentration.

"Langes Sitzen begünstigt unter anderem Diabetes, Herzerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Vorhofflimmern, ebenso Krebserkrankungen wie Brust-, Darm- und Prostatakrebs sowie Demenz."

Prof. Martin Halle

Warum sitzen wir so gerne, wenn es für uns so schädlich ist?

Wir sind bequem geworden und können viele Dinge mittlerweile auch im Sitzen erledigen. Zudem versucht unser Körper Energie zu sparen. Das steckt tatsächlich noch aus der Urzeit in unseren Genen als die Menschen ständig von Hunger bedroht waren und der Mensch instinktiv seinen Energieverbrauch herunterfuhr.

Viele von uns kommen im Alltag nicht um das Sitzen herum. Sei es auf dem Arbeitsweg in Bus, Bahn, dem Auto oder später am Arbeitsplatz. Professor Martin Halle hat ein paar einfache Tipps, um dem Körper mehr Bewegung zu verschaffen.

Mehr Bewegung im Alltag

Ein zügiger Spaziergang in der Mittagspause. Wer kann, sollte täglich mit dem Rad zur Arbeit fahren. Oder eine U-Bahn- oder Bus-Station früher aussteigen und den restlichen Weg zu Fuß zurücklegen. Abends noch einmal eine Runde um den Block gehen.

Das zügige Spazieren setzt Botenstoffe aus der Muskulatur und den Knochen frei. Diese führen dazu, dass positive gesundheitliche Reaktionen an Herz, Leber und Gehirn ausgelöst werden.
Wer zudem noch Sport treibt, tut sich und seinem Körper was Gutes. So empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO an fünf Tagen der Woche mindestens 30 Minuten mäßige Bewegung oder an drei Tagen intensive Betätigung für mindestens 20 Minuten.

Sie sitzen viel in der Arbeit? So können Sie das ausgleichen:

Eine Studie am Columbia University Medical Center, die im Januar 2023 vorgestellt wurde, beweist, dass wir die schlechten gesundheitlichen Auswirkungen des Sitzens ausgleichen können, wenn wir je halbe Stunde Sitzen fünf Minuten gehen. Das Team um Keith Diaz hatte an 11 Testpersonen verschiedene Bewegungs-"Snacks" getestet. In der Versuchsreihe wurden verglichen: Acht Stunden Sitzen ohne Bewegung, jeweils 1 Minute oder 5 Minuten Bewegungspause jede halbe Stunde, 1 Minute oder 5 Minuten Bewegung jede Stunde. Die Versuchspersonen gingen in der Bewegungszeit in normalem Tempo.
Ergebnis: Fünf Minuten Gehen nach einer halben Stunde Sitzen erwies sich als das Bewegungsmuster, das sich sowohl auf den Blutzuckerspiegel als auch auf den Blutdruck der Probanden am stärksten positiv auswirkte. Aber auch die kleineren Bewegungspausen wirkten sich schon positiv auf den Blutdruck aus.

So sieht laut Professor Martin Halle der perfekte Bewegungsalltag aus:
Pro Stunde fünf Minuten mehrmals am Tag folgende Übungen durchführen:

  • Einbeinstand
  • Liegestütze an der Wand
  • Hampelmann

In der Mittagspause und abends einen 15 minütigen, zügigen Spaziergang machen.

Am Wochenende einen langen Spaziergang, eine Berg- oder Radltour oder eine lange Nordic Walking-Einheit von circa 60 Minuten einlegen.

Und manchmal muss man sich eben einfach auch mal hinsetzen. Eine Faustregel, wie lange man am Tag sitzen darf, gibt es nicht, aber wer zwischendurch auch mal die Treppen nutzt oder den längeren Weg zur Kaffeeküche wählt, der tut seinem Körper schon mal was Gutes. Von dort ist es nur noch eine kleine Überwindung, die Tipps von Professor Martin Halle anzuwenden.


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