feste Zahnspange
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Zahnspangen haben ein Ziel: Fehlstellungen im Gebiss dauerhaft zu korrigieren. Experten streiten darüber, ob zu viel behandelt wird.

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Zahnspange - teuer, aber auch notwendig?

Ob fest oder lose: Zwei Drittel der Jugendlichen bekommen eine Zahnspange. Dabei ist deren Nutzen unklar. Was für manche Ärzte eine medizinische Notwendigkeit ist, ist für Kritiker reine Kosmetik und Geldmacherei.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Rund 1,15 Milliarden Euro haben allein die gesetzlichen Krankenkassen im Jahr 2018 für kieferorthopädische Behandlungen ausgegeben. Der medizinische Nutzen von Zahnspangen ist allerdings umstritten. Wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse fehlen, kritisierte 2018 der Bundesrechnungshof. Das Bundesgesundheitsministerium beauftragte daraufhin das IGES-Institut mit einem Gutachten. Die Experten fanden keine Belege, dass Zahnkorrekturen Probleme wie Karies, Parodontitis oder Zahnverlust verringern. Ausschließen konnten sie eine solche Wirkung aber auch nicht.

Grad der Fehlstellung entscheidet, ob die Kasse zahlt

Bei einem leichten Überbiss oder einer Lücke zwischen den oberen Schneidezähnen zahlen die Krankenkassen nicht. In solchen Fällen müssen die Eltern die Behandlung für den Nachwuchs selbst tragen. Bei der Erstattung der Kosten von Zahnspangen richten sich die Krankenkassen nach den Kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG). In die Gruppen 1 und 2 fallen eher kosmetische Fehlstellungen, 3 bis 5 sind medizinisch behandlungsbedürftig. Übernommen werden die Kosten aber nur bei Kindern und Jugendlichen mit Diagnose Gruppe 3 bis 5, wenn die Patienten zwischen 10 und 18 Jahre alt sind.

Schöner dank Kieferorthopädie

Mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind nach Schätzungen in kieferorthopädischer Behandlung. Exakte Zahlen gibt es mangels genauer Daten allerdings nicht. Eine Befragung für den Gesundheitsreport 2012 der hkk Krankenkasse ergab, dass bei über der Hälfte der Kinder und Jugendlichen ästhetisch-optische Gründe den Ausschlag gaben. Sie wollten "einfach besser aussehen" oder fanden ihr Gebiss "schrecklich" und seien deshalb gehänselt worden. Knapp die Hälfte der Befragten gab an, dass sie vor der Behandlung keine Beschwerden mit ihrem Gebiss hatten.

Mehr Kosten bei weniger Patienten

Nach Schätzung des Verbands der Ersatzkassen werden für eine kieferorthopädische Behandlung im Durchschnitt rund 3.700 bis 4.000 Euro von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Die Eltern müssen einen Eigenanteil von 20 Prozent aufbringen. Den bekommen sie allerdings erstattet, wenn die Behandlung erfolgreich abgeschlossen ist. Laut dem IGES-Gutachten stiegen in der Vergangenheit die Behandlungskosten, obwohl die Zielgruppe der 10- bis 18-Jährigen kleiner wird. Der Berufsverband der Deutschen Kieferorthopäden (BDK) weist den Vorwurf hoher Ausgaben zurück: Die Kosten seien zwischen 2005 und 2016 um 25 Prozent gestiegen, dies entspreche anderen zahnärztlichen Leistungen.

Extras kosten extra

Nach Angaben der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung wünschen die Patienten immer häufiger Extra-Leistungen, die sie selbst bezahlen müssen. Die Klebeplättchen (Brackets) bei festen Klammern gibt es längst nicht mehr nur aus Metall, sondern auch aus Keramik oder Kunststoff, in Miniaturform oder fast unsichtbar in Zahnfarbe. Auch die herausnehmbaren Spangen gibt es in verschiedenen Design-Varianten, etwa mit regenbogenfarbener, glitzernder Gaumenplatte.

Nutzen von Zahnspangen bleibt unklar

Die IGES-Studie, für die etliche Studien aus aller Welt ausgewertet wurden, sieht aber auch Positives: Falsch stehende Zähne würden tatsächlich korrigiert. Dies wirke sich auch positiv auf das Lebensgefühl aus. Die hkk-Befragung von rund 430 Jugendlichen ergab ebenfalls, dass 86 Prozent mit der Behandlung insgesamt sehr zufrieden oder zufrieden waren. Nach Angaben des Berufsverbandes der Deutschen Kieferorthopäden (BDK) belegen einzelne Studien auch den medizinischen Nutzen, etwa was Karies und Parodontitis angeht. Die Korrektur einer großen Stufe zwischen den oberen und unteren Schneidezähnen beuge dem Aufschlagen der Zähne bei Stürzen vor, sagte BDK-Chef Hans-Jürgen Köning.

Risiken und Nebenwirkungen

In ganz seltenen Fällen tritt laut Köning eine Nickelallergie auf. Probleme könne es zudem geben, wenn die jungen Patienten bei der Behandlung nicht mitwirken. Das Zähneputzen bei einer festen Klammer ist weit aufwendiger und dauert länger. Dabei sollten die Träger spezielle kleine Bürsten zur Hilfe nehmen. Wer dies vernachlässigt, dem drohen Zahnfleischentzündungen und Karies. Auch können weiße Stellen auf den Zähnen zurückbleiben, wenn die Brackets wieder abgenommen werden. Die Behandlung kann sich auch länger als die vorgesehenen etwa 1,5 Jahre hinziehen, zum Beispiel, wenn Patienten die Gummis der festen Spange nicht 24 Stunden am Tag tragen.

Zähne putzen
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Ein Mädchen putzt sich die Zähne.