Symbolbild Vulkanausbruch
Bildrechte: picture alliance / Zoonar | LUIGI MORBIDELLI

Forscher haben in einem Vulkankrater bei Selb rund 20 Millionen Jahre alter Baumpollen entdeckt.

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Uralter Vulkanausbruch in Oberfranken wird Forscher-Glücksfall

Eine Jahrmillion alte Naturkatastrophe im Fichtelgebirge hat sich für die Forscher von heute als Glücksfall entpuppt. Dank konservierter Blütenpollen können die Wissenschaftler den botanischen Wandel in der Region rekonstruieren.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

In diesen Tagen fliegen die Birkenpollen wieder, für viele Allergiker ist der Blütenstaub ein Ärgernis. Eine Gruppe von Forschern dagegen verdankt rund 20 Millionen Jahre alter Baumpollen, die jetzt erst entdeckt wurden, einen Blick in die Vergangenheit.

"Naturkatastrophe von damals entpuppt sich als Glücksfall"

Die Pollen wurden in einem Vulkankrater bei Selb im Landkreis Wunsiedel gefunden. "Vor Jahrmillionen sprengte ein Vulkanausbruch ein über 70 Meter tiefes Loch in den Untergrund des Fichtelgebirges", wird der Leiter des geologischen Dienstes am Landesamt für Umwelt (LfU), Roland Eichhorn, in einem Schreiben zitiert. "Die Naturkatastrophe von damals entpuppt sich als Glücksfall für die Forschung von heute." Denn: Der Wind wehte Pollen der dort wachsenden Bäume ins Loch, die später von schützender Erde überdeckt und so bis heute konserviert blieben.

Wie das Bayerische Landesamt für Umwelt weiter mitteilt, kann dadurch die Zusammensetzung des Ur-Waldes im Fichtelgebirge rekonstruiert werden. Geowissenschaftler der TU Darmstadt gelang es nun, die fossilen Pollen aus den Bodenproben herauszufiltern. Ihre Erkenntnisse: Nach der Vulkanexplosion besiedelten zuerst Farne die kahlen Hänge des Kraters, danach kamen Ulmen und die heute exotischen Hickorybäume.

Erst allmählich kam der ursprüngliche Mischwald aus Kiefern, Fichten, Rotbuchen, Kastanien und Walnussgewächsen zurück. Direkt am feuchten Ufer des wassergefüllten Lochs breiteten sich unter anderem die heute eher in Südeuropa heimischen Zypressen aus.

Fichtelgebirge: Namensgeber sind vermutlich nicht die Bäume

Einen Fichtenwald gab es im Fichtelgebirge also noch nicht immer. Die Bäume gelten aber ohnehin nicht als Namensgeber für das Gebiet. Die Bezeichnung stammt wohl aus dem Bergbau. In einer Urkunde von 1317 wird der Ochsenkopf als Vythenberge genannt, weil sich auf ihm das Bergwerk St. Veit befand. Daraus leitete sich die Bezeichnung "Vichtelberg" ab, welche später für das ganze hufeisenförmige Gebirge als "Fichtelgebirge" übernommen wurde.

Letzte vulkanische Phase in der Region vor 300.000 Jahren

Derartige explosive vulkanische Phasen erlebten das Fichtelgebirge und die nordöstliche Oberpfalz in der Vergangenheit gleich zweimal: einmal vor rund 20 Millionen Jahren und zuletzt vor rund 300.000 Jahren. Die Hinterlassenschaften dieser Vulkanausbrüche – die sogenannten wassergefüllten Maare – wurden erst in den vergangenen Jahren durch Auswertung hochauflösender Geländefotos und Bohrungen entdeckt. Ihre Erkundungen dauern an.

Dieser Artikel ist erstmals am 8. April 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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