Wecker steht auf leerem Teller, Besteck liegt auf dem Tisch daneben.
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Intervallfasten könnte für stark übergewichtige Menschen eine Behandlungsmöglichkeit sein.

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Intervall-Fasten im Langzeittest: Gesundes Abnehmen?

Es soll perfekt zum Abnehmen sein: Intervallfasten. Es gibt mehrere Varianten, allen ist gemeinsam: Auf einen Zeitraum des Essens folgen mehrere Stunden bis Tage ohne Kalorienaufnahme. Die Folgen des Fastens für die Gesundheit sind dennoch ungeklärt.

Wenn man Ernährungs-Influencern in den Sozialen Medien glauben mag, ist Intervallfasten die ideale Möglichkeit, um dauerhaft Gewicht zu verlieren und gleichzeitig die Gesundheit zu verbessern. Unter Ernährungswissenschaftlern dagegen wird das Intervallfasten unterschiedlich bewertet. Eine neue Veröffentlichung, die nun im Fachmagazin Cell erschienen ist, spricht sich für das Intervallfasten aus, da es keine gesundheitlichen Risiken habe.

Intervallfasten hilft, sagen die Forscher

Die Forscher aus Graz haben zwei Versuche genauer untersucht. Bei beiden wurde das sogenannte alternierende Fasten getestet. In der ersten Studie aßen die Versuchspersonen jeden zweiten Tag gar nichts, zusammengenommen mit den Nächten kamen sie dann auf 36 Stunden Fasten und 12 Stunden Kalorienaufnahme. Vier Wochen lief der Versuch, eine Kontrollgruppe änderte im Vergleich dazu ihr Essverhalten nicht.

Das Ergebnis: Die Testpersonen, die gefastet haben, verloren im Durchschnitt 3,5 Kilogramm an Körpergewicht und nahmen auch insgesamt etwa 37,4 Prozent weniger Kalorien zu sich. Die Kontrollgruppe nahm im Vergleich dazu nur rund 200 Gramm ab. Darüber hinaus haben sich bei den fastenden Personen einige Blutwerte verbessert, die in Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Krankheiten stehen. Auch hat sich die Menge an Bauchfett, das die inneren Organe umgibt, verringert. Das hat Auswirkungen auf den Zuckerstoffwechsel und den Blutdruck.

Die zweite Studie war eine Beobachtungsstudie ohne Kontrollgruppe. Dabei zeigte sich, dass das alternierende Fasten auch über einen Zeitraum von sechs Monaten keine Nebenwirkungen hatte. Vorherige Studien hatten gezeigt, dass bei fastenden Menschen die Knochendichte abnimmt und sich das Immunsystem verschlechtert.

Aussagekraft der Studie zum Intervallfasten ist fraglich

Nicht alle sehen diese Ergebnisse so positiv. Tilman Kühn vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg beispielsweise geht davon aus, dass die besseren Blutwerte eher von der verringerten Kalorienaufnahme stammen als vom Fasten selbst.

"Diese Kalorienreduktion war, wie zu erwarten, mit einem Gewichtsverlust und der Verbesserung von Stoffwechselparametern verbunden." Dr. Tilman Kühn, DKFZ, Heidelberg

Darüber hinaus wurden nur wenige Versuchspersonen in die Studien eingeschlossen, nur 25 fasteten die vier Wochen lang gemeinsam mit einer ebenso kleinen Kontrollgruppe. Das sind für ein statistisch aussagekräftiges Ergebnis zu wenige. Alle Teilnehmer waren darüber hinaus normalgewichtig und nicht an Diabetes Typ 2 erkrankt. Darum kann die Studie auch keine Aussagen treffen, ob übergewichtige oder an Diabetes erkrankte Menschen von einer solchen Fastendiät einen Vorteil hätten.

"Eine exzellente, randomisierte und tatsächlich kontrollierte Studie aus den USA über ein Jahr zeigte, dass das alternierende Fasten für Übergewichtige auf mittlere Sicht mehrheitlich nicht durchzuhalten ist ." Dr. Tilman Kühn, DKFZ, Heidelberg

Studienlage zum Fasten ist dünn

Insgesamt ist das Fasten noch nicht gut erforscht. Viele Ernährungsstudien sind nur sogenannte "Beobachtungsstudien", bei denen zum Beispiel keine Kontrollgruppe eingesetzt wird. Darüber hinaus kann im Alltag nicht gut sichergestellt werden, dass die Versuchspersonen tatsächlich nur das essen, was sie laut Studienaufbau auch sollen. Das schmälert die Aussagekraft solcher Studien.

Verschiedene Varianten des Fastens

Fasten ist auch nicht gleich fasten. Gerade beim Intervallfasten gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Die bekannteste ist wahrscheinlich das 5:2-Fasten. Dabei isst man an fünf Tagen der Woche ganz normal, an zweien fastet man. Eine andere ist die 16:8-Variante: Dabei wird zwar jeden Tag gegessen, aber innerhalb von 24 Stunden wird an 16 aufeinanderfolgenden Stunden auf Nahrung verzichtet. In den übrigen 8 Stunden kann gegessen werden. In der Regel lassen die meisten dabei das Frühstück oder Abendessen weg. Die dritte Variante ist die, die hier getestet wurde: Ein Tag wird gefastet, ein Tag nicht. Für alle gilt, in der Fastenzeit darf Flüssigkeit zu sich genommen werden, so lange sie keine oder nur wenige Kalorien enthält.

Ob Fasten wirklich gesund ist, weiß keiner

Welche Fastenvariante am besten und gesündesten ist, lässt sich momentan wissenschaftlich nicht belegen. Warum die Forschung aber davon ausgeht, dass Fasten gesund sein könnte, hängt mit den Essenspausen zusammen. Ohne Nahrung suchen Körperzellen andere Energiequellen und haben auch Zeit, sich selbst zu reparieren. Der Mechanismus wird auch Autophagie, Selbstverdauung, genannt, und ist wichtiger Teil der Immunabwehr. Der Japaner Joshinori Ohsumi erhielt im Jahr 2016 für seine Forschung dazu den Nobelpreis für Medizin.

Dennoch: Es gibt noch immer zu wenige gut gemachte Studien zum Fasten, ganz egal zu welcher Variante.

"Es gibt gegenwärtig keinen überzeugenden Beleg des medizinischen Nutzens von Intervallfasten oder alternierendem Fasten beim Menschen. Zahlreiche Tierstudien an Würmern und Mäusen zeigen dramatische Effekte auf die Lebensdauer und Stoffwechselprozesse. Diese Befunde sind am Menschen bislang nicht reproduziert. Die gegenwärtige Studie liefert keinerlei verwertbare neue Erkenntnisse dazu." Dr. Stefan Kabisch, Deutsches Institut für Ernährungsforschung, Potsdam-Rehbrücke
Frau hält ein Smartphone in die Kamera, auf dem ein Countdown von 16 Stunden abläuft, der ihr beim Intervallfasten hilft.
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