Kühe melken in Kenia
Bildrechte: Oliver Rudd

Die Weidewirtschaft hat in Teilen Kenias und Tansanias eine lange Tradition.

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In Ostafrika wurde schon vor 5.000 Jahren Milch getrunken

Milch trinken ist für viele eine Selbstverständlichkeit, die eigentlich keine ist. Wer heutzutage auch im Erwachsenenalter Milch verträgt, hat eine Gen-Mutation, die ihm den Genuss ermöglicht. Wie ist die spezielle Mutation in Ostafrika entstanden?

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Kein Säugetier außer dem Menschen trinkt Milch über das Säuglingsalter hinaus. Viele von uns können das, weil sich unsere Gene so verändert haben, dass wir Milchzucker abbauen und deshalb Milch auch im Erwachsenenalter konsumieren können. In Deutschland können etwa 85 Prozent der Menschen Milch trinken, rund 15 Prozent vertragen sie nicht.

Milch-Genuss in Kenia und Tansania

Auch in Ostafrika, dort, wo heute Kenia und Tansania zu finden sind, vertragen viele Menschen Milch und haben eine andere Gen-Mutation als Milch trinkende Menschen in anderen Teilen der Welt. Ein britisch-amerikanisches Forscherteam wollten wissen, wie, wann und wo diese spezielle Form der Milchverträglichkeit entstanden ist.

Immerhin leben Menschen in diesen Regionen, vor allem die Maasai und die Samburu in Kenia, nahezu ausschließlich von Milch und Milchprodukten sowie manchmal auch Tierblut. Etwa 60-90 Prozent ihres Kalorien-Bedarfs decken sie mit Milch.

Tonscherben verraten, was gegessen wurde

Dank einer neuen Analyse-Methode für Tonscherben hat das Forscherteam nun neue Erkenntnisse zum Milchkonsum in Kenia und Tansania vor rund 5.000 Jahren gewonnen und diese am 13. April 2020 im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht. Die Einführung dieser neuen Analyse-Methode ist noch gar nicht lange her. Die Universität Bristol veröffentlichte das neue Verfahren erst am 8. April 2020 im Fachmagazin Nature.

Mit der neuen Methode werden Fettreste, die in die Poren von ausgegrabenen Tonscherben eingezogen waren, analysiert und in Fettsäuren zerlegt. Für diesen chemischen Vorgang wurde die neueste hochauflösende Kernresonanzspektroskopie mit Technologien der Massenspektrometrie kombiniert und die Datierungsergebnisse mit Tests und Knochenfunden überprüft. Im Falle der ostafrikanischen Tonscherben konnten die Forscher durch die chemische und isotopische Analyse von 5.000 bis 3.000 Jahre alten Tonscherben Spuren von Milch, Fleisch (Rind, Schaf oder Ziege) und Pflanzen nachweisen. Ein Zeitraum, der auch neolithische Weidewirtschaft genannt wird.

"Das ist der erste direkte Nachweis, den wir jemals für die Verarbeitung von Milch oder Pflanzen bei alten Gesellschaften in Ostafrika gefunden haben, die Weidewirtschaft betrieben haben." Katherine M. Grillo, Juniorprofessorin der Anthropologie, University of Florida

Warum Tonscherben-Funde wichtig sind

Mit Tonscherben bestimmt man in der Archäologie seit mehr als einem Jahrhundert das Alter von historischen Funden. Aber sie sind trotzdem schwierig zu bestimmen. Zum Beispiel Töpferwaren aus dem neolithischen Zeitalter, die meist nicht so charakteristisch gearbeitet sind. Auch gibt es in diesem Zeitraum keine Münzen oder historische Aufzeichnungen, aufgrund derer Archäologen auf das genaue Alter der vorgeschichtlichen Funde schließen könnten.

Bisher konnten Forscher das Alter von Tonscherben nur indirekt bestimmen, wenn auch Knochen oder anderes organisches Material gefunden wurde, das mit der Radiokarbon-Methode (C-14-Datierung) datiert werden konnte. Mit der Analyse von in Tonscherben enthaltenen Fettsäuren von Nahrungsmitteln steht nun eine neue und genauere Methode der Datierung zur Verfügung.