Seniorin im Rollstuhl, das Gesicht in die Hände gestützt (Symbolbild)
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Depression: Nicht nur der Beruf kann die Seele unter Druck setzen.

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Warum Depressionen bei Senioren unterschätzt werden

Immer müde, freudlos, schlaflos? Was viele als Zipperlein des Älterwerdens abtun, das können tatsächlich auch Symptome einer ausgewachsenen Depression sein. Die wird bei Senioren laut einer Studie oft nicht erkannt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Das Ergebnis ist alarmierend: Depressionen werden im Alter oft falsch oder sogar gar nicht behandelt. Das geht aus einer neu veröffentlichten Studie der Stiftung Deutsche Depressionshilfe hervor. Das Problem: Typische Symptome wie Hoffnungs- und Freudlosigkeit, Schlafstörungen oder Erschöpfungsgefühl würden bei älteren Menschen häufig nicht als krankhaft erkannt, sondern fälschlicherweise als normale Verstimmung, zum Beispiel aufgrund körperlicher Erkrankungen gedeutet. Dabei seien sie in Wirklichkeit oft Begleiterscheinung einer Depression.

Keine reine "Berufskrankheit" - auch Rentner werden depressiv

Laut der Studie "Deutschland Barometer Depression" trägt dies unter anderem zu "drastisch erhöhten Suizidraten" im Alter bei. Für die Studie nahmen 5.350 Personen zwischen 18 und 79 Jahren an einer Onlinebefragung teil. Vier von fünf Befragten (83 Prozent) gaben an, dass Depressionen vor allem ein Problem von Jugendlichen und Menschen im mittleren Erwachsenenalter sei. Der Fehlschluss kommt der Studie zufolge dadurch zustande, dass die Befragten Depressionen vor allem mit Berufstätigkeit in Verbindung brachten.

Erkrankung des Gehirns

Laut der repräsentativen Studie wissen nur 45% der Befragten, dass es sich bei Depression um eine Erkrankung des Gehirns handelt. Prof. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Inhaber der Senckenberg-Professur an der Goethe-Universität Frankfurt/Main erklärte der dpa, Depression hänge viel weniger von den aktuellen Lebensumständen ab, als viele glauben. Es sei eine Krankheit, die jeden treffen könne, auch Senioren, so Hegerl weiter.

Zwar ist eine deutliche Mehrheit der befragten Menschen über 70 dazu bereit sich in psychotherapeutische Behandlung zu begeben, tatsächlich nehmen sie jedoch nur 12 Prozent in Anspruch. "Älteren Menschen wird viel zu selten eine Psychotherapie angeboten. Sie werden im Versorgungssystem eindeutig benachteiligt", erklärt Ulrich Hegerl weiter.

Bundesministerium für Gesundheit plant E-Learning Programm

Zwei Drittel der Befragten gab im Deutschland-Barometer an, sich nicht gut genug über Erkrankungen im Alter informiert zu fühlen. Aufgrund des demografischen Wandels gewinnt das Thema in den kommenden Jahren zusätzlich an Relevanz. Ambulanten Pflegekräften und pflegenden Angehörigen kommt hier eine große Bedeutung zu, da sie oft der einzige regelmäßige Ansprechpartner sind. Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe entwickelt deshalb ein E-Learning-Programm zum Thema "Depression im Alter und Umgang mit Suizidalität" für Pflegekräfte und Angehörige. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert und ab Mitte 2020 kostenfrei zur Verfügung stehen.

Hier können Sie die Studie Deutschland-Barometer Depression 2019 herunterladen.