Eine erkältete Frau liegt auf der Couch und schnäutzt in ein Taschentuch.
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Die Welle von Atemwegserkrankungen wird auch im neuen Jahr vorerst andauern.

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So haben sich die Feiertage auf die Infektionswelle ausgewirkt

Corona, Grippe, RSV: Die Infektionswelle scheint noch nicht gebrochen. Welchen Effekt Weihnachtsfeiern und Silvesterpartys auf das aktuelle Infektionsgeschehen haben. Eine Datenanalyse.

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Nach der Krankheitswelle im Dezember fielen nicht nur einige Weihnachtsfeiern ins Wasser, auch die ein oder andere Silvesterparty in Bayern musste abgesagt werden. Sowohl Veranstalter als auch Gäste verbrachten die Feiertage schniefend im Bett.

"Die Weihnachts- und Neujahrszeit kurbelt Infektionen immer an, weil die Leute über weite Entfernungen reisen, etwas Neues aufschnappen und das dann weitergeben", erklärt Bernd Salzberger, Leiter der Infektiologie am Universitätsklinikum in Regensburg. Er geht davon aus, dass die Welle von Atemwegserkrankungen vorerst andauern wird. "Typischerweise werden im Winter deutlich mehr akute Atemwegserkrankungen beobachtet als in den Sommermonaten, und das ist auch jetzt der Fall“, erklärt Christoph Spinner, Infektiologe am Klinikum rechts der Isar.

Arztbesuche nehmen nach Weihnachtstief wieder zu

Ein Indikator für das aktuelle Infektionsgeschehen ist die sogenannte Konsultationsinzidenz. Einfacher gesagt: die Arztbesuche aufgrund einer akuten Atemwegserkrankung je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Neben Covid zählen hierzu unter anderem auch Influenza oder Erkrankungen am RS-Virus. Das RKI berechnet diese Inzidenz wöchentlich und stellt sie im Wochenbericht der akuten respiratorischen Erkrankungen (ARE) zur Verfügung.

Am Ende des Jahres kam es zu einem feiertagsbedingten Einbruch der Inzidenz. Da viele Arztpraxen geschlossen blieben oder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer freihatten und keine Krankschreibung benötigten, gingen auch weniger Menschen zum Arzt. "Den Einbruch sehen wir jedes Jahr – das ist ein künstlicher Effekt", bestätigt Salzberger. In der ersten Woche des Jahres ging die Inzidenz bereits wieder nach oben.

In der interaktiven Grafik können Sie sich die Arztbesuche je 100.000 Einwohnerin und Einwohner in Bayern Ende 2023 und Anfang 2024 im Vergleich zum Vorjahr ansehen sowie die aktuelle Verteilung in den jeweiligen Altersgruppen.

Grafik: Inzidenz der Arztbesuche

Da in Deutschland nicht mehr flächendeckend getestet werde, lässt sich nicht genau feststellen, wie viele Personen an welcher Atemwegsinfektion leiden, sagt Infektiologe Spinner. Die Symptome seien bei Reno-Viren, Sars-CoV-2, Influenza oder RSV-Infektionen ähnlich. Durch zufällige Stichproben von Patientinnen und Patienten, die bei Ärztinnen und Ärzten behandelt werden, könne man aber sehen, dass der Anteil an Covid-Diagnosen um die 20 Prozent liegt. "Jede vierte bis fünfte Atemwegsinfektion ist derzeit durch Sars-CoV-2 verursacht. Typischerweise nimmt Anfang Januar der Anteil an echten Influenza-Infektionen zu. Und das ist jetzt auch der Fall."

Infektiologe Salzberger aus Regensburg macht ähnliche Beobachtungen: "Wir haben tatsächlich schon in den letzten zwei Wochen von 2023 häufiger Influenza gesehen. Mittlerweile ist es das am häufigsten nachgewiesene Virus bei akuten Atemwegsinfektionen."

Influenza- und RSV-Infektionen nehmen zu, Corona ist rückläufig

Auch im aktuellen ARE-Wochenbericht des RKI heißt es, die Infektionen mit dem RS-Virus seien weiterhin hoch. Seit Juli 2023 gibt es auch beim RS-Virus eine Meldepflicht. Die Grippewelle 2023/2024 hätte Mitte Dezember begonnen und halte an. Bei Covid sehe man Hinweise auf einen Rückgang. Warum das so ist, sei noch nicht genau bekannt, sagt Salzberger.

Ein Beweis für den Rückgang der Covid-Erkrankungen findet sich auch im Abwasser. Es gibt als aufschlussreicher Datenlieferant einen Hinweis auf das aktuelle Infektionsgeschehen. Winzige Spuren von Viren und Keimen lassen sich darin feststellen. Dadurch lassen sich auch ohne Abstriche und Meldungen an das Gesundheitsamt Rückschlüsse auf die Infektionen in der Bevölkerung ziehen.

Spuren von Corona werden auch im Abwasser weniger

In Bayern wird inzwischen an 30 Kläranlagen das Abwasser auf die Covid-Viren untersucht. Die Anzahl der Genfragmente war in 23 von 30 untersuchten Städten bei der letzten Messung rückläufig. In Regensburg ist der Trend noch leicht steigend. In Nürnberg oder Augsburg wurden die Höchstwerte aber beispielsweise bereits Mitte Dezember gemessen. In München schon nach dem Oktoberfest.

Interaktive Grafik: Relative SARS-CoV-2-Viruslast im Abwasser von München, Augsburg, Regensburg und Nürnberg

Das RKI veröffentlicht auch eine SARI-Hospitalisierungsinzidenz – also die Anzahl an neu im Krankenhaus aufgenommenen Patientinnen und Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. SARI steht dabei für schwere akute respiratorische Infektion.

"Die gemeldete Anzahl von im Krankenhaus behandelten Patientinnen und Patienten mit schweren oder tiefen Lungenentzündungen zeigen keine besonders auffällige Zunahme", erklärt Infektiologe Christoph Spinner – auch nicht im Vergleich zu den Vorjahren.

Die Inzidenz scheint bisher sogar zu sinken. Das RKI weist aber darauf hin, dass es zu Nachmeldungen kommen kann. In der interaktiven Grafik können Sie sich die SARI-Hospitalisierungsinzidenz je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner in Bayern Ende 2023 und Anfang 2024 im Vergleich zum Vorjahr ansehen sowie die aktuelle Verteilung in den jeweiligen Altersgruppen.

Grafik: Hospitalisierungsinzidenz wegen Atemwegserkrankung

Nach Angaben des RKI sind insbesondere Kinder unter zwei Jahren von einer Krankenhauseinweisung mit RSV-Infektion betroffen, bei älteren Menschen führt weiterhin Covid am häufigsten zu schwer verlaufenden Erkrankungen. Generell werden mehr Menschen ab 80 Jahren und Kinder zwischen null und vier im Krankenhaus mit schweren Atemwegsinfektionen behandelt.

Experte: "Im Grunde normaler Winter"

"Das sind die Gruppen mit der niedrigsten Immunität", erklärt der Infektiologe Bernd Salzberger. "Älteren und chronisch Kranken steht eine wirksame Schutzimpfung zur Verfügung", erklärt Spinner aus München. Die wichtigste Botschaft sei aber, dass es derzeit keine überproportionale Zunahme an im Krankenhaus behandelten Menschen mit schweren Atemwegsinfektionen gebe. "Das heißt, wir beobachten im Grunde einen ganz typischen Winter."

Mit Material von Anna Küch.

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