Ein Betonmischer steht auf der Baustelle eines Wohnhauses
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Wohnungsbau: Was tun gegen den Stillstand?

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Wohnungsbau in Deutschland: Was tun gegen den Stillstand?

In Deutschland werden viel zu wenig neue Wohnungen gebaut. Hohe Baukosten und der deutliche Anstieg der Zinsen haben das Bauen unattraktiv gemacht. Aber es gibt Lösungsansätze, damit der Wohnungsbau nicht völlig zum Erliegen kommt.

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Im August sind nur noch 19.300 neue Wohnungen in Deutschland genehmigt worden. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor, die Mitte Oktober veröffentlicht wurden. Das ein Drittel weniger als im August 2022 und entspricht dem Trend des gesamten Jahres 2023. Insgesamt wurden hier bis August knapp 70.000 Wohnungen weniger als im gleichen Zeitraum 2022 genehmigt. Damit schrumpfte die Zahl der Genehmigungen auf 175.500 zusammen. Ein Großteil der Branchenexperten geht auch davon aus, dass die Investitionen in neuen Wohnraum erstmal weiter sinken werden.

Wege aus der Baukrise

Nach Angaben des bayerischen Landesamts für Statistik wurden bereits 2022 nur 54.113 neue Wohnungen in Bayern errichtet. Weit mehr wären nötig gewesen. Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) rechnet etwa mit einem Bedarf von rund 80.000 Wohnungen pro Jahr. Demnach klafft eine Lücke von rund 30 Prozent.

Die Branche bewegt deshalb vor allem die Frage, wie schneller und günstiger gebaut werden kann. Die Antwort: einerseits durch weniger Baunormen, die häufig Kosten in die Höhe treiben; andererseits durch sogenanntes "serielles Bauen". Dabei kommen Fertigbauteile aus der Fabrik, also etwa ganze Wände oder sogar Wohncontainer.

Serielles Bauen als Weg aus der Wohnbaukrise?

Noch hat sich serielles Bauen nicht flächendeckend durchgesetzt. Nach Angaben des Immobilienanalysten Sebastian Schnejdar von der Bayerischen Landesbank könnten durch die Fertigbauweise gut zehn Prozent der Baukosten eingespart werden. Solche Ersparnisse allein wären allerdings kaum ausreichend, um den Wohnungsbau in Deutschland nachhaltig anzukurbeln.

Bayerische Städte und Gemeinden betonen Chancen

Stefan Schönberger vom Referat für Stadtentwicklung, Planen und Bauen der Stadt Augsburg beschreibt die Lage so: Augsburg habe festgestellt, dass Baugenehmigungen im Bereich des Wohnungsbaus aktuell häufig nicht umgesetzt würden. Eine Folge vor allem der gestiegenen Zinsen sei auch, dass deutlich weniger Wohnungen verkauft werden. Dennoch sollten Bauträger die Flaute nutzen, um neue Projekte vorzubereiten.

Die kommunalen Möglichkeiten würden im Wesentlichen in Baulandausweisungen bestehen, ist von der Stadt zu erfahren. Insbesondere Grundstücke, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, könnten sich dämpfend auf die Grundstückspreise auswirken.

Vergünstigte Grundstückspreise

Auch Erlangen verfolgt das Konzept, Grundstücke möglichst günstig zu vergeben, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Damit könne die Bautätigkeit angestoßen werden. Allerdings gebe es im Moment in Erlangen keine größere Anzahl an Grundstücken, für die Investoren gesucht würden.

Fehlendes Bauland ist in allen bayerischen Metropolregionen ein Problem. Hinzu kommt die aktuelle Krise vieler Bauträger, die zwar häufig Grundstücke haben, oft auch schon darauf bauen, aber vor allem wegen sinkender Immobilienpreise und höherer Finanzierungs- und Baukosten in Schwierigkeiten geraten.

Viele Bauträger könnten vom Markt verschwinden

Immobilienanalyst Sebastian Schnejdar von der Bayerischen Landesbank geht davon aus, dass bis zu 15 Prozent der Bauträger in Deutschland vom Markt verschwinden könnten. Vor allem jüngere Unternehmen, die über keine eigene Baufirma verfügen.

Die Stadt Nürnberg ist bereits von einer solchen Insolvenz betroffen. So sei es deshalb bereits bei drei Bauvorhaben zu einem Baustopp gekommen, so Nürnbergs Wirtschaftsreferentin Andrea Heilmeier gegenüber dem BR. Mit Hilfe eines regionalen Bauunternehmens sei die Fertigstellung der Wohnungen mittlerweile aber gesichert.

Kommunaler Wohnungsbau wird wichtiger

Während die private Immobilienwirtschaft unter dem Eindruck der Krise ihre Aktivität zum Teil deutlich zurückfährt, scheint der kommunale Wohnungsbau vielerorts voranzuschreiten. So hatten etwa die beiden Wohnungsbaugesellschaften der Landeshauptstadt München bereits im vergangenen Jahr mit 1.252 fertiggestellten Wohnungen ihre Zielzahl 1.250 sogar leicht übertroffen. Auch 2023 seien bereits 1.200 neue Wohnungen gebaut worden, so das Referat für Stadtplanung und Bauordnung. Insgesamt würden sich mittlerweile rund 74.600 Wohnungen im Bestand der Landeshauptstadt befinden. Der Anteil der städtischen Wohnungen im jährlichen Gesamtwohnungsbau habe sich in den vergangenen fünf Jahren sogar nahezu verdoppelt. Derzeit soll er bei durchschnittlich 15,5 Prozent liegen.

Den weitaus größten Teil der Neubautätigkeit übernehmen allerdings nach wie vor private Investoren. Noch stellen sie in München scheinbar ungebremst Wohnungen fertig. Im ersten Halbjahr 2023 sollen insgesamt sogar 37 Prozent mehr Wohnungen entstanden sein als im Vorjahresvergleich. Künftig sei jedoch auch in der Landeshauptstadt mit Verzögerungen beim privaten Wohnungsbau zu rechnen.

Im Video - Immer mehr Stornierungen im Wohnungsbau

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Dieser Artikel ist erstmals am 04. Oktober 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.

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