Eine Frau sitzt am Schreibtisch vor einem Bildschirm und macht ihre elektronische Steuererklärung.
Bildrechte: BR/Vera Johannsen

Bei der Steuer werden Eheleute und Lebenspartner begünstigt. Das ergibt sich aus dem Ehegatten-Splitting. Jetzt wird diskutiert, es abzuschaffen.

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Wie funktioniert das Ehegattensplitting?

Ehen sind im Grundgesetz privilegiert, das gilt auch für eingetragene Lebenspartnerschaften. Das hat Auswirkungen auf das Steuerrecht. Freibeträge spielen die entscheidende Rolle. Was Sie dazu wissen müssen.

Beim Ehegattensplitting spielen die steuerlichen Freibeträge die entscheidende Rolle: Es hat jeder, egal ob er nun arbeitet oder nicht, die Möglichkeit im Jahr aktuell 10.908 Euro steuerfrei zu stellen (Grundfreibetrag). Hinzukommen noch Pauschbeträge oder der Abzug von Werbungskosten und - nicht zu vergessen - die Sparerfreibeträge, die für ein Ehepaar doppelt so hoch sind wie für einen Single.

Paare können Freibeträge dorthin verschieben, wo es steuerlich am meisten bringt

In der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft können die Freibeträge beider Partner nun bei einem der beiden Personen allein angerechnet werden (der dann die Steuerklasse 3 bekommt). Das ergibt Sinn, wenn er oder sie das einzige Einkommen zum Haushalt beisteuert oder erheblich mehr verdient als der andere Ehepartner. Weil diesem dann diese Freibeträge fehlen, bekommt er oder sie die schlechtere Steuerklasse 5 zugeteilt.

Dieser freiwillige Nachteil für einen Partner fällt so lange nicht auf, wie er oder sie nicht arbeiten geht. Andernfalls fallen bei der Tätigkeit (dann in Steuerklasse 5) viel früher schon Steuern an. Das kann es für diesen Partner unattraktiv machen, mehr zu arbeiten - wegen der dann höheren Besteuerung. Umgekehrt spart der Hauptverdiener überproportional mehr an Steuern ein als der Geringverdiener zusätzlich zahlen muss. Ein gemeinsamer Steuervorteil.

Wie entsteht daraus konkret ein Steuervorteil?

Dieser Vorteil hängt mit der sogenannten Steuerprogression zusammen. Das heißt, dass höhere Einkommen wesentlich stärker besteuert werden als niedrige. So fällt von 10.909 Euro (Grundfreibetrag) bis 15.999 Euro im Jahr nur der Eingangssteuersatz von 14 Prozent an.

Wer dagegen mehr als 63.515 Euro im Jahr verdient, muss ab diesem Betrag aufwärts den Spitzensteuersatz von 42 Prozent (plus Solidarbeitrag "Soli") bezahlen.

Also rechnet man die addierten Freibeträge von Partner A und Partner B dem höheren Einkommen zu, wo mit Abstand der größere Steuervorteil liegt. Dadurch verringert sich unterm Strich die gemeinsame Steuerlast und erhöht so das gemeinsame Einkommen, auch wenn ein Partner dabei auf Einkommen verzichtet.

Faustregeln für den Splitting-Vorteil

Gar nichts bringt das Splitting, wenn beide Partner ungefähr gleich viel verdienen. Es spielt dann rechnerisch keine Rolle, ob die steuerlichen Freibeträge gemeinsam der einen oder anderen Person zugerechnet werden, oder ob jeder für sich seine steuerlichen Freibeträge ausschöpft. Ab wann sich Splitting lohnt, lässt sich pauschal nicht sagen: Wenn zum Beispiel beide Spitzenverdiener wären und zum höchsten Satz versteuerten, würde ein Splitting keine Rolle mehr spielen.

Sehr oft dürfte es aber so sein, dass ein Partner sich stärker unterhalb des Spitzensteuersatzes bewegt als der andere - und dafür gibt es Faustregeln: Sobald ein Partner mehr als 60 Prozent des gemeinsamen Einkommens auf sich vereint, sollte man prüfen, ob sich das Splitting lohnt. Steuerberater machen das ohnehin - und im Internet gibt es kostenlose Splitting-Tabellen zum selber nachschauen.

Splitting nach gemeinsamer Veranlagung vom Finanzamt

Eheleute oder Menschen, die in eingetragener Partnerschaft leben, bekommen vom Finanzamt automatisch beide die Steuerklasse 4 zugeteilt (im Unterschied zur Steuerklasse 1 für Alleinlebende, zu denen auch getrennt lebende Partner zählen).

Automatisch werden die Partner vom Finanzamt auch steuerlich zusammen veranlagt. Für das Splitting nutzt man die Steuerklassen 3 und 5. Nur wenn ausdrücklich der Wunsch besteht, kann jeder Partner einzeln seine Steuerklärung abgeben.

Gemeinsame Veranlagung bringt oft Vorteile

Für die Steuererklärung werden im Normalfall beide Einkommen zusammengezählt, durch zwei geteilt und dieser Durchschnittswert wird dann von beiden gemeinsam versteuert. Auch dabei wird der Spitzenwert im Vergleich mit der Einzelbesteuerung zum Höchststeuersatz in der Regel reduziert wenn nicht sogar ganz vermieden, was die Belastung bereits deutlich senken kann. Wenn das alles soweit durchgerechnet ist, lässt sich immer noch die Frage stellen, wie die Freibeträge angesetzt werden sollen.

In vielen Fällen wäre das Splitting dann nur noch das "Sahnehäubchen", weil Paare allein schon wegen der gemeinsamen Veranlagung Steuern sparen.

Heiraten oder nicht heiraten, um Steuern zu sparen?

Es ist vorstellbar - und vielleicht auch Praxis - dass ein Paar sich auch deshalb das Ja-Wort gibt, um gemeinsam steuerlich veranlagt zu werden und so weniger ans Finanzamt abzuführen. Denkbar ist aber auch, dass bei gemeinsam Veranlagten ein Partner lieber weniger arbeitet, etwa um mehr Zeit für die Familie oder die Pflege von Angehörigen zu haben. Dann sinkt das Einkommen dieser Person und es kann sein dass nun das Splitting steuerliche Vorteile bringt und am Ende deshalb unterm Strich genauso viel oder vielleicht sogar mehr Geld in der gemeinsamen Tasche bleibt, als wenn dieser Partner mehr arbeiten würde.

Auf diese Argumentation bauen die Forderung nach Abschaffung des Splittings auf. Es wird gesagt, dass das Splitting Menschen von mehr Berufstätigkeit abhalten würde. Selbst wenn es so sein sollte, kann das im Rahmen des vom Bundesverfassungsgericht ausgelegten grundgesetzlich geregelten Schutzes von Ehe und Familie bis jetzt jede Lebenspartnerschaft selbst entscheiden.

Es geht um Freibeträge

Fakt ist: Das System dieser Bevorzugung von Ehen steht und fällt mit der Gewährung von Freibeträgen, denn so arbeiten unsere Finanzämter. Es gibt in diesem Kontext zum Beispiel auch die Kinderfreibeträge, von denen Besserverdiener ebenfalls stärker profitieren als niedrigere Einkommen. Wer also die Abschaffung der Steuerprivilegien von Ehepartner erreichen will, müsste dafür sorgen, dass es in einer Lebenspartnerschaft zum Beispiel nur noch getrennte Freibeträge gibt und dass ein Partner, der in der Ehe nicht arbeitet, seine Freibeträge verliert.

Auf diese Weise könnte es sich dann unter bestimmten Umständen steuerlich lohnen, nicht zu heiraten, weil der derzeitige steuerliche Vorteil sich dann in einen Nachteil verkehren könnte. Das jedoch stünde im Gegensatz zu den Vorgaben des Grundgesetzes.

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