Getreideernte
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Landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Getreide werden nicht nur direkt verkauft, sondern auch über Warenterminbörsen gehandelt.

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Warenterminbörsen: Die Handelsplattformen der Landwirtschaft

An Warenterminbörsen werden Güter gehandelt, die erst später geliefert werden. In der Börsensprache heißen diese Geschäfte Futures, Optionen oder allgemein gesprochen: Terminkontrakte. Auch viele landwirtschaftliche Erzeugnisse werden so gehandelt.

Auf Termin gehandelt werden fast alle landwirtschaftlichen Produkte wie Mais, Raps, Weizen, Eier, Butter, Zucker, Wolle, aber auch Rinder, Schweine und vieles andere mehr.

Die wichtigsten Warenterminbörsen

Die älteste Terminbörse der Welt, die CBoT (Chicago Board of Trade), wurde 1848 in Chicago gegründet, dem Zentrum der amerikanischen Fleischindustrie mit seinen industriellen Schlachthöfen. Der "Handel mit Schweinehälften" wurde zum geflügelten Wort für die Branche.

Der wichtigste europäische Handelsplatz für Getreide ist die Pariser MATIF (Marché à Terme International de France). An den in Paris festgestellten Preisen für Weizen, Raps oder Mais orientieren sich auch die bayerischen Bauern und Händler, wenn sie ihre Ernten verkaufen.

Die EEX in Leipzig kennen die meisten als die wichtigste deutsche Strombörse. Weniger bekannt ist, dass über sie auch Terminkontrakte auf Kartoffeln und verschiedene Milchprodukte gehandelt werden.

Die wichtigsten Akteure

Große Getreidemühlen, nationale wie internationale Agrarhändler, aber auch größere landwirtschaftliche Betriebe nutzen die Möglichkeiten, um sich über Terminkontrakte künftige Preise zu sichern. Die Digitalisierung ermöglicht mittlerweile auch kleineren Bauern den Zugang zu Terminbörsen. Es ist aber fraglich, ob bei geringeren Mengen der mit dem Börsenhandel verbundene Aufwand sinnvoll und nötig ist.

Streifrage: Spekulation mit Lebensmitteln

An den Terminbörsen sind nicht nur Akteure unterwegs, die sich die Preise für einen späteren Verkauf oder Lieferung sichern wollen, also für ein reales Geschäft. Andere Marktteilnehmer – wie etwa große Finanzinvestoren – haben gar kein Interesse an der Ware, sondern nur an Terminkontrakten mit hohen Preisen.

Internationale Hilfsorganisationen wie Oxfam machen Hedgefonds, Banken und Finanzinvestoren daher für den Hunger in der Welt mitverantwortlich. Sie würden die Preise aus purer Geldgier nach oben treiben, so der Vorwurf.

Befürworter entgegnen: Diese Akteure sorgen dafür, dass Landwirte und Händler schon heute mit Preisen kalkulieren können, die erst in ein oder zwei Jahren gezahlt werden.

Fakt ist: Wer sich als privater Anleger einen Lebensmittel- oder Rohstofffonds kauft, ist ein Spekulant. Er hat nur Interesse an hohen Preisen und nicht an einer tatsächlichen Lieferung der Ware.

Das Thema ist noch lange nicht zu Ende diskutiert.

Die MATIF-Preise als Orientierungspreise

Die bayerischen Landwirte orientieren sich an den Preisen der Terminbörsen, wenn sie ihre Ernten vermarkten. Welche Strategie jeder einzelne Landwirt verfolgt, ist seine eigene Sache. Ob er an nahegelegene Mühlen verkauft, an die BayWa AG oder an genossenschaftliche Händler und zu welchem Preis entscheidet er alleine. Meist sind über die Jahrzehnte feste Geschäftsverbindungen gewachsen.

Die Höhe der Preise hängt entscheidend von den Mengen und natürlich von der Qualität der Ernten ab. Das macht die Vermarktung zu einem schwierigen Geschäft.

Die Drittel-Verkaufsstrategie

Eine weit verbreitete Strategie beim Verkauf bestimmter landwirtschaftlicher Produkte wie etwa Getreide besteht darin, die Verkäufe zu dritteln.

Das erste Drittel wird im Frühjahr veräußert, also weit vor der Ernte. Die Bauern verpflichten sich, nach der Ernte eine bestimmte Menge und Qualität zum vereinbarten Preis zu liefern. Fällt die Ernte schlecht aus, kann das ein Problem werden. Vorteil: Die Erzeuger können frühzeitig ihre Produktionskosten absichern, die zum Beispiel gerade jetzt wegen der Dünger- und Dieselpreise kräftig steigen.

Das zweite Drittel folgt dann mit oder kurz nach der Ernte. Das letzte Drittel verkaufen die Landwirte schrittweise über den Winter, wenn sie die Möglichkeit haben, die Ernte bei sich einzulagern.

Orientierung bieten jeweils die Futures an der Pariser MATIF, die in aller Regel zum Quartalsende auslaufen. Ziel ist es, einen Durchschnittspreis zu erzielen, bei dem die Landwirte gut und zuverlässig verdienen.

Dazu jedoch, so heißt es beim Bayerischen Bauernverband, brauchen sie nicht nur Geschick und Erfahrung, sondern auch das Glück, dass die Ernte ausfällt wie erhofft.

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