Ende August meldete das Robotik-Start-up aus München Insolvenz an.
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Firmenschild von Franka Emika

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Übernahme von Robotik-Start-up – Ein Fall für die US-Regierung?

Der Verkauf des insolventen Robotik-Start-ups Franka Emika aus München an einen deutsch-chinesischen Konkurrenten sorgt weiter für Unruhe. Nach BR-Informationen hat sich ein unterlegener Mit-Bieter über Anwälte auch an die US-Regierung gewandt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

"Die Robotik-Technologie von Franka hat militärisches Potenzial, das auf dem Schlachtfeld entscheidend sein kann." Das am 3. November von der US-Anwaltskanzlei Orrick verfasste und unter anderem an die Führungsebene des US-Verteidigungsministeriums gerichtete Schreiben spart nicht mit Drohszenarien. Die von dem Münchener Start-up hergestellten Roboter-Arme könnten danach als Start-Vorrichtung für Militär-Drohnen oder für den Umgang mit explosiven, radioaktiven und hochgiftigen Materialien eingesetzt werden.

US-Militärbehörde als Kunde von Franka Emika

"Uns hat es überrascht, dass der Verkauf von Franka Emika in der Öffentlichkeit keine breiteren Reaktionen hervorgerufen hat", sagt Orrick-Anwalt Harry Clark dem BR. Die Kanzlei hat ihren Sitz in der US-Hauptstadt Washington. Nach seiner Darstellung hat Franka Emika seine Produkte unter anderem an die "Defense Advanced Research Projects Agency“ (DARPA) verkauft, eine Behörde, die im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums forscht. Das Pentagon reagierte auf eine BR-Anfrage bis Redaktionsschluss nicht.

Franka-Emika-Insider, die nicht genannt werden wollen, halten die Warnungen vor einer militärischen Nutzung der Produkte für übertrieben. Nach BR-Recherchen haben unter anderem Studenten der Universität von North Carolina in Charlotte mit Robotern verschiedener Hersteller geforscht, darunter der Roboterarm "Panda" von Franka Emika. Finanzielle Unterstützung kam dabei von der US-Armee – ein gerade in den USA nicht ungewöhnliches Vorgehen.

Den Auftrag für das Schreiben an die US-Regierung hat Orrick von der Schoeller Invest GmbH erhalten. Das Unternehmen mit Sitz in Pullach im Süden Münchens hatte sich kürzlich darum beworben, die Ende August insolvent gegangene Franka Emika zu übernehmen. Schoeller kam allerdings nicht zum Zuge, den Zuschlag erhielt der Franka-Konkurrent Agile Robots AG, ebenfalls mit Sitz in München. Über die Kaufsumme haben alle Beteiligten Stillschweigen vereinbart, unbestätigten Medienberichten zufolge soll sie bei etwa 30 Millionen Euro liegen.

Neuer Besitzer mit Nähe zu China?

Schoeller sieht den Kauf unter anderem deswegen kritisch, weil es Agile eine große Nähe zu China unterstellt. So produziere das Unternehmen in Peking und Shenzen, außerdem sei der Mit-Firmengründer chinesischer Staatsbürger. Auf der Internetseite von Agile ist zwar zu lesen, dass das Unternehmen "die rasante chinesische Dynamik mit deutscher Präzision" verbindet. Das Unternehmen betont auch, dass hinter ihm "weltweit führende Technologie- und Wachstumsinvestoren" stehen. Schoeller wollte sich auf BR-Anfrage nicht zu dem Schritt, sich an die US-Behörden gewandt zu haben, äußern. Orrick-Anwalt Harry Clark teilte dem BR mit, dass es inzwischen einen Austausch mit den US-Behörden gegeben habe. Über weitere Schritte der Regierung in Washington sei ihm nichts bekannt.

Unterlegener Mit-Bieter wandte sich vorher auch an Habeck

Unklar ist noch, ob das Bundeswirtschaftsministerium mit Blick auf den Verkauf von Franka Emika im Rahmen einer Investitionsprüfung interveniert. Schoeller hatte sich im Oktober und November mehrfach über Unternehmensberater von PWC schriftlich an Ressort-Chef Habeck und an das für Investitionsprüfungen zuständige Referat gewandt, um über mögliche Risiken des Franka-Verkaufs an Agile zu informieren ("Eilt sehr! Geplante Veräußerung der Franka Emika GmbH i.I. in die Volksrepublik China"). Nach Angaben eines Ministeriumssprechers sind "über mögliche und laufende Investitionsprüfverfahren keine Auskünfte möglich".

Solche Prüfverfahren können den geltenden Regeln zufolge bei Investitionen stattfinden, "die für die Sicherheit unseres Landes schädlich wären". Kritiker des Verkaufs haben vor diesem Hintergrund in den vergangenen Wochen wiederholt an den Verkauf des Augsburger Roboter-Herstellers Kuka an die chinesische Investorengruppe Midea erinnert. Franka-Insolvenzverwalter Matthias Hoffmann hatte bei der Bekanntgabe der Franka-Übernahme durch Agile mitgeteilt, Fragen des Außenwirtschaftsrechts seien "im Austausch mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz" geklärt worden.

Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Anfangsverdachts des Subventionsbetrugs

Franka Emika war bereits Anfang Oktober in die Schlagzeilen geraten. Kurz nach Bekanntwerden der Insolvenz zeigten Recherchen des BR, dass die Staatsanwaltschaft München I seit 2021 wegen des Anfangsverdachts des Subventionsbetrugs gegen ehemalige Geschäftsführer des Unternehmens ermittelt. Trotz im Zuge der Corona-Pandemie angemeldeter Kurzarbeit sollen Mitarbeiter des Start-ups deutlich länger gearbeitet haben als erlaubt. Franka Emika hatte zudem eine Millionenförderung aus dem BayernFonds erhalten, um finanzielle Engpässe im Zuge der Corona-Pandemie zu überbrücken.

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