Svetlana, ambulante Pflegefachkraft, zieht einer Bewohnerin des Betreuten Wohnens Kompressionsstrümpfe an.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Daniel Karmann

Zum Monatsbeginn hat sich in der Pflegeversicherung einiges geändert. Auch die Beiträge sind gestiegen.

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Reform der Pflegeversicherung: Das sollten Sie jetzt wissen

Seit 1. Juli gilt die Pflegereform. Die Beiträge für die Pflegeversicherung wurden erhöht. Dafür sollen die Leistungen verbessert werden. Kritiker sprechen von "Stückwerk". Ein Überblick zu den wichtigsten Fragen und Antworten.

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Bayern trifft es mit am stärksten: Die Zahl der Pflegebedürftigen wird im Freistaat von jetzt 586.000 bis zum Jahr 2040 auf 748.000 Personen steigen. Ein Plus von über 27 Prozent. Bundesweit werde die Steigerung dagegen rund 20 Prozent ausmachen. Das sagen die neuesten Zahlen der "Initiative für eine nachhaltige und generationengerechte Pflegereform".

Dort sind vertreten: der Arbeitgeberverband Pflege, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Beamtenbund, der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e.V. (VDAB), die Denkschmiede Gesundheit und der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV). Sie alle haben Leitplanken für die kommende Pflegereform erarbeitet.

Wie stark steigt der Beitrag zur Pflegeversicherung?

Durch den demografischen Wandel zahlen immer weniger junge Menschen in die Pflegekasse ein. Daher müssen die Beiträge steigen. Seit diesem Monat steigt der Satz um 0,35 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent des Bruttoeinkommens. Kinderlose zahlen vier Prozent. Eltern mit zwei bis fünf Kindern zahlen weniger. Sie erhalten eine Ermäßigung um 0,25 Prozentpunkte je Kind bis zum 25. Lebensjahr. Das Geld wird automatisch bei der Steuerberechnung abgezogen.

Was bringt die Pflegereform?

In der Folge erzielen die Pflegekassen Mehreinnahmen von 6,6 Milliarden Euro. Davon fließen vier Milliarden Euro in die Verbesserung von Leistungen für Pflegebedürftige und deren Angehörige. Der Rest soll die in die Krise geratene Pflegeversicherung stabilisieren.

Was ändert sich für pflegende Angehörige?

Vier Millionen der fünf Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland werden von ihren Angehörigen versorgt. Das Pflegegeld erhöht sich ab 2024 um fünf Prozent. Das bedeutet bei Pflegegrad 2 eine Erhöhung von 316 auf 332 Euro pro Monat. Beim höchsten Pflegegrad 5 gibt es statt bislang 901 dann 946 Euro pro Monat.

Ab 2025 kommt dann noch einmal eine Dynamisierung, das heißt, eine weitere Erhöhung um 4,5 Prozent. Außerdem soll ein flexibles Budget die Angehörigen entlasten, wenn sie verhindert sind oder Kurzzeitpflege beantragen wollen. Dafür erhalten sie ab Juli 2025 pro Jahr bis zu 3.539 Euro.

Bisher konnten sich pflegende Angehörige vom Arbeitgeber einmalig für zehn Tage für die Pflege freistellen lassen. In Zukunft soll es für zehn Tage pro Jahr Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatz geben.

Eigenanteil für Pflege im Heim sinkt

Die Entlastungszuschläge für Menschen, die im Heim gepflegt werden, werden steigen. Nach der Pflegereform soll der Eigenanteil im ersten Jahr um 15 Prozent gesenkt werden. Schrittweise geht das weiter bis zu 75 Prozent weniger an Eigenkosten ab dem vierten Jahr im Heim. Damit sinken die Kosten für die Unterbringung im Pflegeheim.

Kritik an der Pflegereform

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, kritisiert die Pflegereform. Pflegende Angehörige bräuchten viel schneller Hilfe. Der Deutsche Pflegerat sieht in dem Gesetz das System der Pflege nur notdürftig gerettet. Bei der Debatte im Bundestag hieß es aus den Reihen der Opposition: Es fehle an Strukturen für die Kurzzeitpflege. Die Kommunen sollten mehr unterstützt werden. Und die Erhöhungen würden die Inflation nicht ausgleichen. Dagegen verteidigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Reform. Er bezeichnete die Pflegeversicherung als "Perle des Sozialstaats".

Weitere Beitragserhöhungen in Sicht

Doch im Zuge der Haushaltssanierung soll für 2024 der Bundeszuschuss zur Pflegeversicherung gestrichen werden. Damit falle das Geld für sein Ressort weg, twitterte Lauterbach. Experten aus demselben Ministerium warnen daher jetzt schon: Das werde zu weiteren Beitragserhöhungen in der Pflegeversicherung führen.

Mehr Pflegekräfte dringend nötig

Allein in Bayern werden nach Angaben der Initiative für eine nachhaltige Pflegereform bis 2040 über 33.500 Vollzeitpflegekräfte zusätzlich benötigt. 37 Prozent mehr als bisher. Auch hier liegt der Freistaat weit über dem Bundesdurchschnitt. Bundesweit liegt der Bedarf bei 29 Prozent mehr Pflegerinnen und Pflegern.

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